Alles bleibt anders (German Edition)
fertig geworden. W-wir kommen.«
Dann wandte er sich an Frank und Dieter: »Sie fahren gerade auf den P-parkplatz.«
Dass Tristan mit 'sie' Professor Gothaer und Karen meinte, wussten die beiden.
Der Professor hatte einen Lastwagen und einen Fahrer organisiert. Den Fahrer hatte er mit dem Namen 'Gregor' angekündigt. Einen Nachnamen hatte er nicht erwähnt, der tat auch nichts zur Sache. Der Professor meinte nur, er habe absolutes Vertrauen zu Gregor und die Sarkophage wären bei ihm in guten Händen. Das genügte den anderen.
»Na dann: Weiter geht's!«, sagte Frank, der eigentlich auf eine kleine Pause gehofft hatte.
Zu dritt hoben sie die erste der Platten an, trugen sie über die Kellertreppe nach oben und durch das Universitätsgebäude nach draußen. Da des Öfteren Dinge hier ein- oder ausgelagert wurden, blieb dies weitgehend unbeachtet. Auch an dem ausgemusterten Wehrmachtsfahrzeug, auf das die drei ihre Last hievten, störte sich niemand auf dem Campus. Die Klappe der Ladefläche stand bereits geöffnet, sodass die Platte direkt hinauf gewuchtet werden konnte. Danach stellte sich Gregor – ein stämmiger, rothaariger Mann mit dichtem, gepflegtem Vollbart – den dreien vor und alle sechs gingen nach unten, um die restliche Fracht zu holen.
Nach einer knappen halben Stunde waren sie fertig und besahen sich zufrieden, aber auch ein wenig melancholisch, die in Leinen gehüllten Platten, die Gregor nun mit mehreren Seilen festzurrte, damit sie nicht verrutschen konnten. Danach sprang er von der Ladefläche, schloss die Klappe und zog mittels eines herabhängenden Seils die Abdeckplane vom Dach des Lastwagens nach unten und fixierte sie an der Heckklappe.
Gregor verabschiedete sich per Handschlag von den anderen, stieg ein und fuhr los.
Von der Existenz der Platten, ihrer physikalischen Zusammensetzung oder gar den Experimenten wusste niemand aus dem Stab Hemmbachers. So war es notwendig, sie heimlich nach Germania zu transportieren.
Gemeinsam gingen sie noch einmal nach unten, um die Räume abzuschließen.
Beim Anblick der leeren Zellen beschlich Frank die Wehmut und er dachte, wie die anderen auch, an die Reisen, die sie von hier aus versuchsweise unternommen hatten – alle in Ebenen, die der eigenen äußerst ähnlich waren. Die nächste Reise, das wusste Frank, sollte weiter gehen, in eine Realität, die sich weitaus gravierender von der eigenen unterschied. Frank war sehr neugierig, wie sie aussehen würde, aber auch etwas ängstlich deswegen. Den anderen ging es ebenso.
Bis zu ihrem Flug nach Germania dauerte es noch vier Tage und wenn alles nach Plan verlief, waren die Sarkophag-Platten schon dort, wenn ihre Lufthansa-Maschine auf dem Hermann-Göring-Flughafen in Schönefeld landete. Die restliche Zeit der Woche gingen sie ihren Tagesgeschäften und ihren Studien nach. Über die vor ihnen liegende Zeit in der Hauptstadt sprachen sie kaum miteinander.
Am Freitag, den 20. Mai 2005, bestiegen sie schließlich am örtlichen Bahnhof den Schnellzug, der sie zum Flughafen nach London bringen sollte. Als sie bei strahlendem Sonnenschein aus Oxford hinaus fuhren und die Häuser und Straßen der Stadt ein letztes Mal an sich vorüber ziehen sahen, ahnte keiner von ihnen, dass dieser Abschied von Oxford für sie alle ein Abschied für immer war.
13
Nach einer Flugzeit von knapp zwei Stunden erreichten sie Germania.
Ob Frank es wollte oder nicht: die Reichshauptstadt beeindruckte ihn ein jedes Mal aufs Neue. Wie die anderen Fluggäste auch, versuchte er möglichst viele Eindrücke durch die kleinen Flugzeugfenster zu erhaschen. Zum Glück war auch hier heute ein sonniger und wolkenfreier Tag.
Germania, die größte der fünf Führerstädte!
Die anderen vier: Nürnberg, München, Hamburg und Linz.
Nürnberg – Stadt der Reichsparteitage, mit dem Reichsparteitagsgelände auf einer Fläche von sechzig Quadratkilometern, und dem Deutschen Stadion , bereits 1945 fertig gestellt, damals bereits mit Platz für mehr als 400.000 Zuschauern, die mit sage und schreibe 264 Fahrstühlen durch die Etagen befördert werden konnten; in den Jahren danach mehrfach erweitert und modernisiert. Die beiden Vorbilder der Antike hatte der damalige Generalbauinspektor Albert Speer damit übertreffen wollen. Über die 124.000 Quadratmeter des Palastbezirks der persischen Könige Darius I. und Xerxes vor zweieinhalbtausend Jahren in Persepolis und die 200.000 Personen, die seinerzeit im Circus Maximus in Rom Einlass fanden, hatte
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