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Alles Fleisch ist Gras

Alles Fleisch ist Gras

Titel: Alles Fleisch ist Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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hatte, und blickte sich um. Die anderen Gäste auf der Terrasse des Hotels Krone reagierten nicht, der Geräuschpegel war hoch. Weiß senkte die Stimme.
    »Wo soll sie denn hingehen, deiner Meinung nach? ZurPolizei?« Es war keine Spur von Ironie in seiner Stimme. »Das könnte ich abwürgen. Mit Mühe, aber es ginge. So dumm ist sie nicht, sich bei unserer Inspektion zu melden. Aber, das stimmt schon, ich bin nicht die ganze Polizei. Außerdem würde sie sich über die Medien absichern. Was soll ich deiner Meinung nach tun?«, fragte er. »Lass dich ruhig aus, das interessiert mich.«
    »Aufhören!«, sagte Galba. »Jetzt gleich.«
    »Prima. Und wie mach ich das?«
    »Wie wohl? Du machst einfach nicht weiter, du lässt diese Säuberungs…«
    »Läuterung. Ich bevorzuge den Begriff der Läuterung.«
    »Schon klar. Also diese Läuterungsaktionen lässt du einfach sein.«
    »Aha. Und sie, die Unbekannte? Was wird die machen? Ihr gleicht euch in eurer Argumentation, weißt du das?«
    »Wieso?«
    »Sie sagt auch, ich kann nicht so weitermachen wie bisher. Dass ich aufhören soll, sagt sie allerdings nicht … Das kann ich vergessen, das Aufhören einfach so. Und du vergisst es besser auch gleich. Das ist hier kein Casino, wo man vom Tisch aufsteht, wenn es momentan nicht so gut läuft. Wer aufsteht, der ist dran.«
    »Das heißt, du machst weiter wie bisher? Lässt einen nach dem anderen …?«
    »Scht! Reg dich nicht auf. Ja, ich mache weiter, aber nicht einfach und sicher nicht wie bisher. Ich muss wissen, wer diese Frau ist. Ich muss wissen, woher sie so viel über mich weiß.«
    Galba blickte auf. Das Schnitzel wurde gebracht.
    »Fang schon an«, sagte Nathanael Weiß. »Wird sonst kalt. Dass die auch nie gleichzeitig servieren können. Zwei Essen, ich bitte dich!«
    »Wäre schon wieder ein Kandidat für den Turm …« Galba konnte sich die Bemerkung nicht verkneifen.
    »Ja, mach dich nur lustig!« Weiß beugte sich vor. »Aber sag mir, was denkst du: Woher weiß sie von meinen Aktionen?«
    »Keine Ahnung.« Galba spürte großen Hunger, schnitt ein Stück ab und schob es in den Mund. »Es ist ein Rätsel, geb ich zu.«
    Weiß lehnte sich zurück. »Nein, du bist es nicht.«
    »Bin nicht was?«
    »Der Verräter. Obwohl es naheliegt. Du bist der einzige Mensch, der außer mir davon gewusst hat, von der Hopfner-Sache. Jeder andere an meiner Stelle würde dich verdächtigen.«
    »Und du tust es nicht?« Galba schaute voll Interesse von seinem Schnitzel auf.
    »Nein, tu ich nicht. Ich vertraue dir. Du bist nicht der Typ für Verrat. Ich habe einen Blick dafür.«
    »Danke.« Galba sagte nichts mehr und aß weiter. Dann kam auch das Beuschel. Es ist rührend irgendwie, dachte Galba, zwei alte Schulfreunde, die einander vertrauen, halt, das ist nicht ganz richtig, der eine vertraut dem anderen, der andere dem einen nicht. Aber man kann nicht alles haben.
    Der Mann war verrückt, ganz einfach. Daran krankte ja das Ganze, dass sein Schulkollege verrückt war. Vernünftigen Argumenten nicht zugänglich. Andererseits verdankte er die Tatsache, dass er an diesem schönen Spätsommertag auf der Krone -Terrasse saß und sein Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat aß statt im Untersuchungsgefängnis in Feldkirch vielleicht auch ein Schnitzel, aber von deutlich minderer Qualität – verdankte er ebendiesen bedeutenden Unterschied ebendem Nathanael Weiß, der vor ihm saß und vernünftigen Argumenten nicht zugänglich war.
    »Woher weiß sie es dann?«, fragte er.
    »Das wird sie mir selber sagen, bald schon. Ich treff’ mich mit ihr. Sobald sie anruft, schlage ich ihr eine Unterredung vor. Bis dann muss ich nur noch rauskriegen, was das Wort Feme bedeutet …«
    »Das hat sie erwähnt?«
    »Ja. Ich soll mich da schlaumachen, hat sie gesagt. Bin nur noch nicht dazu gekommen. Hoffentlich nix Esoterisches …«
    »Das Feme- oder Freigericht war ein besonderer Gerichtshof in Westfalen und anderen Gegenden Deutschlands im 15. Jahrhundert, glaub ich.«
    »Sieh einer an! Unser Hobbyhistoriker – und was war das Besondere an diesen Gerichten?«
    »Sie waren geheim, das hab ich gelesen. Und gegen ihre Entscheidungen gab es kein Rechtsmittel.«
    »Klingt interessant.« Danach verstummte Nathanael Weiß, machte während der restlichen Mahlzeit nur mehr einsilbige Bemerkungen, was aber auch auf das extreme Desinteresse zurückgeführt werden konnte, das er den Gegenständen entgegenbrachte, die Anton Galba nun ansprach, um die Debatte von

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