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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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dieser schlafen konnte. Willi hatte dem Grauen aber versprechen müssen, dass er nie einen anderen Menschen mitbringt, weil ein anderer Mann, der noch mehr als ein Meister des Hauses war, wahrscheinlich der Oberhausmeister, sich dann riesig aufregen würde: »Der Direx macht mir sonst einen Höllentanz!«
    Aber der alte Mann hatte überhaupt keine Freunde, die er hätte mitbringen können.
    Ich glaube, dass der Graue und ich die einzigen Menschen waren, mit denen er überhaupt sprach.
    Na, ist es euch aufgefallen?
    Ich habe ›«Mensch« zu mir gesagt. Soweit bin ich also schon. Ich wollte natürlich sagen, dass der Graue der einzige Mensch und ich das einzige Tier waren, mit denen der alte Mann überhaupt sprach. Abgesehen natürlich von dem Wort »Danke«, das der alte Mann zu jedem sagte, der ihm etwas Geld in seinen Hut schmiss.
    Die Ecke des alten Mannes befand sich in einem grauen Raum, in dem überall dicke Rohre an der Decke hingen. Es war herrlich warm. Willi hatte kein eigenes Bett, er besaß nur das Weiche daraus und eine Decke, in die er sich abends einschlug. Neben dem Weichen hatte er ein paar Dinge hingelegt, die ihm wohl viel bedeuteten: das Bild einer Frau in einem Rahmen. Die Frau hatte lange Haare, auf ihrem Schoß saß ein Kind.
    Abends schaute sich Willi das Bild immer sehr lange an.
    Ich ahnte Fürchterliches, als mir der alte Mann über den Kopf streichelte und mich mit diesem seltsamen Blick anschaute. Genau diesen Blick kannte ich von dem Braunen.
    Er streichelte mich nur, streichelte mich immer wieder und sagte nichts. Dann wickelte er sich ein und schlief.
    Ich fragte mich, warum ihr Menschen euch immer mit diesen kleinen Bildern quält. Werft sie doch einfach weg. Dann schlief ich auch ein.
    Ich wachte mitten in der Nacht auf.
    Durch das kleine Fenster konnte ich nach draußen gehen und mir das seltsame Haus ansehen, in dem Arme in grauen Räumen schlafen dürfen. Draußen hatten irgendwelche Menschen alles Gras mit dieser schwarzen, ekelhaften Schicht überzogen, die im Sommer heiß wird und uns Katzen die Füße verbrennt. Auf dem schwarzen Zeug waren weiße Striche gezogen, deren geheimnisvolle Bedeutung ich mir nicht erklären konnte. Die schwarze Fläche war riesig groß und ich musste sehr lange laufen, ehe ich Sand fand, wo ich … na ja, eben etwas rumscharrte. Dann ging ich wieder zurück in den grauen Raum und schlief sehr schnell wieder ein.
    Mich weckte ein furchtbarer Lärm – Menschenlärm. Ich dachte schon, dass die Menschen mitten in unserem Raum seien, doch sie waren alle draußen auf der schwarzen Fläche. Ganz vorsichtig, man weiß ja nie, was passiert, wenn ihr Lärm macht, schlich ich mich an das Fenster, um nach draußen zu sehen. Unmengen von Kindern waren da, sie rannten, schrieen, schlugen sich.
    Ich fragte mich, warum sich Menschenkinder in aller Frühe auf schwarzen Flächen versammeln und Krach machen – plötzlich machte es »Rrrrrrrrrr« und die Menschenkinder liefen alle in das Haus rein.
    Es wurde herrlich ruhig, die schwarze Fläche war wieder leer. Nur der Graue ging rum, hob Sachen auf, die die Kinder wohl verloren hatten und steckte sie in einen blauen Sack – die Sachen, nicht die Kinder. Ist doch logisch! Also: was soll die dumme Frage? Ich drücke mich für einen Kater doch wohl sehr gewählt aus.
    Oder nicht?
    Erst da bemerkte ich, dass Willi nicht mehr da war. Seine Decke lag ordentlich auf dem Weichen aus dem Bett. Das Bild mit der Frau und dem Kind hatte er in einer Tüte verpackt. Er muss wohl schon sehr früh gegangen sein – wahrscheinlich hatte er Angst vor dem Oberhausmeister. Da er mich nicht geweckt hatte, war ich sicher, dass er mich nicht mit einem Hut vor den Bahnhof stellen wollte. Nun ja, ich kann ja auch nicht »Danke« sagen – wenigstens nicht in eurer Sprache. Da also keine Aufgaben für mich anstanden, legte ich mich auf das Weiche und schlief wieder ein.
    Halt! Ich wollte einschlafen, denn kaum hatte ich etwas geträumt, da erklang dieses furchtbare »Rrrrrrrrr«-Geräusch und im Haus wurde es sofort wieder laut. Bei jedem zweiten »Rrrrrrrrr« stürmten die Kinder auf die schwarze Fläche und machten Menschenlärm.
    Gegen Mittag dauerte das furchtbare Geräusch besonders lange, aber diesmal liefen die Kinder nicht auf die schwarze Fläche, sondern verließen jubelnd das Gelände. Ich glaube, dass die Kinder nicht besonders gerne in das Gebäude kommen, denn morgens, so hatte ich beobachtet, schlichen sie immer ganz langsam

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