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Alles für die Katz

Alles für die Katz

Titel: Alles für die Katz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Venn
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Treppe führte nach unten und dann wieder nach oben. Langsam schlich ich einen Gang entlang und kam an eine große schwere Glastür, die ich selbst unmöglich hätte aufmachen können. Es hieß also warten, warten, um mit einem Menschen durchzuhuschen. Dieser kam schnell, es war eine alte Frau, die sich nichts dabei dachte, dass eine Katze aus dem Bahnhof läuft.
    Dann war ich endlich draußen. Wohin nun?

AUF DER WALZ’
    »Wen haben wir denn da?«, hörte ich plötzlich eine Stimme sagen.
    Neben der schweren Tür saß ein alter Mann in einem Mantel, hatte einen Hut vor sich liegen und ein Schild, auf dem Sachen standen, die ihr lesen könnt. Ja, ja, jetzt fangt bloß nicht wieder an und werft mir vor, dass ich nicht lesen kann. Ich kann euch aber sinngemäß sagen, was auf dem Schild stand. Eine alte Frau hat es nämlich laut gelesen, und ich habe mir den Text gemerkt. Also: Auf dem Schild stand, dass der alte Mann seine Arbeit verloren hatte, kein Geld, keine Wohnung und auch nichts zu essen besaß.
    Aha, da hatten wir also etwas gemein!
    Dann stand da noch, dass der alte Mann gerne etwas von dem Geld der anderen Leute hätte. Dass es niemanden gab, der ihn lieb hatte, stand nicht auf dem Schild. Das erfuhr ich aber erst später.
    Und stellt euch vor: Dieser alte Mann, der nichts zu essen hatte, streichelte mir ganz lieb über den Kopf und griff dann in die Tüte, die neben ihm lag. Er holte, zwar leicht angekaut, aber damit haben wir Katzen keine Probleme, ein Butterbrot heraus, öffnete dieses und gab mir ein herrliches Stück Wurst. Er aß das Brot ohne Wurst.
    »Na, mein Kleiner«, über diese Aussage wollte ich nicht mit ihm streiten, »du hast bestimmt auch niemanden. Sollen wir uns nicht zusammentun?«
    Ich ahnte Schlimmes!
    »Vielleicht will er mich«, dachte ich, »auch in einen alten Mantel stecken, mir ein Schild malen und mich dann auf die andere Seite der Tür setzen, damit ich dort Geld sammle«.
    Dazu hatte ich überhaupt keine Lust, denn erstens finde ich Sitzen langweilig und zweitens kann man Geld nicht essen. Aber da verstehe ich wohl wieder einige Zusammenhänge nicht. Das ist es doch, was ihr mir sagen wollt.
    Doch ich hatte mich geirrt – der alte Mann wollte mich überhaupt nicht zum Geldsammeln zwingen. Er saß noch einige Zeit vor dem Bahnhof, einige Leute warfen etwas von ihrem geliebten Geld in den Hut – ganz so böse, wie ich immer dachte, sind also doch nicht alle von euch.
    Ich war gerade etwas eingeschlafen, als ich plötzlich laute Stimmen hörte. Ich schaute hoch und sah Halbschuhe, graue Beine und die sogar doppelt. Zwei gleichgekleidete Männer packten den alten Mann an den Schultern, zogen ihn hoch und schimpften: »Wie oft haben wir dir gesagt, dass du hier nicht sitzen darfst. Noch einmal – und wir erstatten Anzeige.«
    Sie sagten dann noch, warum sie Anzeige erstatten wollten, aber den Sinn des Wortes habe ich irgendwie vergessen: Es ging um Haus, um Frieden und um etwas, was gebrochen sein soll.
    Der alte Mann steckte mich in eine riesige Tasche, die er unter seinem Mantel trug, dann ging er mit ganz langsamen Schritten davon.
    »Ich hoffe, wir haben uns verstanden«, rief ihm noch ein Haus-, Friedens- und Bruch-Verhinderer hinterher.
    »Ja, ja«, murmelte der alte Mann, aber ich glaube, das konnte der Rufer überhaupt nicht hören.
    Die Tasche war so groß, dass ich mich gemütlich darin drehen konnte. Da der alte Mann sehr, sehr langsam ging, schlief ich in Ruhe ein. Ich wurde erst wach, als ich plötzlich eine Stimme hörte.
    »Na, Willi«, sagte die Stimme, »ich hoffe, du machst mir keinen Ärger und bringst keinen mit.«
    »Ich habe eine Katze dabei«, sagte der alte Mann: »Ein ganz liebes Tier.«
    »Mir egal. Hauptsache, sie scheißt mir nicht den Keller voll. Ein Fenster können wir offen lassen, da kann die in den Hof. Katzen sind ja sauber. Aber bring mir hier bloß keinen Hund mit.«
    Der alte Mann holte mich raus, und so konnte ich die Stimme sehen. Sie hatte einen grauen Kittel an, Werkzeug in der Hand und sogar etwas zu Essen in einer Tüte: »Hier, von meiner Frau, ist übrig geblieben.«
    Später erfuhr ich, dass der Graue ein Meister war. Zwar kein Weltmeister, aber der Meister eines Hauses. Das Haus war so ein Gebäude, in das die Kinder morgens hinmüssen, um lesen zu lernen. Nachmittags stehen solche Häuser dann leer, und der Meister des Hauses hatte im Keller, dort, wo er das ganze Haus warm machte, eine kleine Ecke für Willi hergerichtet, in der

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