Alles für ihn - Band 4
Ich habe schon mehrere Begegnungen mit Paul allein überstanden!“
„Ich weiß: Du bist viel stärker, als ich wahrhaben will. Aber ich sollte dich beschützen, nicht du dich selbst.“
„Sag dir doch einfach, dass ich uns beschütze …“
Adam wirft mir einen gefühlvollen, intensiven Blick zu.
„Ich mag es, wenn du ‚uns‘ sagst. Seit du in meinem Leben bist, fühle ich mich nicht mehr so oft allein.“
Vielleicht ist dies der Augenblick …
„Fühlst du dich allein seit … seit dem Tod deiner Mutter?“
Ängstlich halte ich den Atem an. Ich hoffe, er weicht der Frage nicht noch einmal aus …
„Nach meiner Mutter hat sich meine Tante um mich gekümmert. Aber du kennst sie ja, sie strahlt nicht gerade viel menschliche Wärme aus. Die Veränderung war damals brutal für mich, ich war ja noch ein kleiner Junge.“
„Wie war sie?“
„Meine Mutter? Ich erinnere mich nicht sehr gut. Meine Erinnerungen an früher, mein früheres Leben, habe ich vergessen. Ab und zu erscheinen mir plötzlich Bilder von einer freundlichen, sanften Frau, doch Lorraine hat während meiner ganzen Kindheit schlecht über sie geredet, deshalb weiß ich nicht wirklich, was ich glauben soll.“
„Was hat Lorraine dir erzählt?“
„Dass meine Mutter mich gekidnappt hat, mich von der Familie ferngehalten hat, dass mein Vater unglücklich war, sich in den Alkohol geflüchtet hat und starb, als er mich suchte. Dass sie das bekommen hat, was sie verdiente, mit dem Unfall, und dass meine Rückkehr in die Familie das Beste gewesen ist, was mir hätte passieren können.“
„Hast du ihr geglaubt?“
„Ja, ich denke schon. Nach dem Unfall war ich lange Zeit im Krankenhaus. Ich erinnere mich nicht mehr, ob ich traurig war, weil meine Mutter gestorben war. Ich kam zu meinem Onkel und Lorraine und dann ging das Leben mit ihnen weiter.“
„Und dein Vater?“
„Das Gleiche, ich erinnere mich nicht an ihn. Auch die Fotos helfen da nicht …“
„Du bist also mit Paul aufgewachsen? Du hättest wie er werden können?“
„Sicher. Paul ist schnell auf ein Internat gegangen, Lorraine war daran gelgen, seine jugendlichen Eskapaden zu verbergen. Und mein Onkel war dann recht nett. Ich glaube, dass Pauls Vater mir mehr Aufmerksamkeit als seinem leiblichen Sohn geschenkt hat. Schnell entwickelten wir uns in sehr verschiedene Richtungen. Er ein Draufgänger, ich immer hinter ihm, eher ein Beobachter.“
„Und Lorraine, war sie schon immer so … gefühlskalt?“
„Oh ja! Beim Tod ihres Mannes hat sie keine Träne vergossen. Im Gegenteil. Mein Onkel hat ihr alles hinterlassen. Sie hat sich weiter um mich gekümmert, hat mich in die Geschäftswelt eingeführt. Sie wusste, dass ich dafür besser geeignet war als ihr Sohn.“
„Fühlst du dich deswegen ihr gegenüber verpflichtet?“
„Verpflichtet, ja und nein. Trotz allem hat sie sich um mich gekümmert, sie war meine einzige Familie, denn die meiner Mutter hat gar nicht erst versucht, mich zu bekommen. Sie hat mir viel beigebracht, mir einige wichtige Leute vorgestellt. Meinen Erfolg verdanke ich hingegen nur meiner Arbeit und meinen eigenen Entscheidungen. Trotzdem sind wir miteinander verbunden.“
„Aber dennoch sind diese Lücken in deiner Vergangenheit seltsam … Kannte niemand deine Eltern? Hat niemals jemand mit dir darüber gesprochen?“
„Nein.“
„Wolltest du nie wissen, was genau passiert ist, deine Erinnerung zurückerlangen? Lorraine ist so ehrgeizig, wenn sie etwas haben will … Hast du dir nie Fragen gestellt?“
„Nein, ich habe ihr Wort niemals infrage gestellt … Ich sehe sie in einem anderen Licht, seit ich dich kenne … Oder vielleicht sehe ich sie auch nur endlich so, wie sie wirklich ist, und akzeptiere sie so … Heute habe ich so viel zu erledigen, so viel, worüber ich nachdenken muss, dass meine Kindheitserinnerungen nicht allzu wichtig erscheinen!“
„Da irrst du dich! Du bist nicht wie sie, du bist gütig, eine Seite, die deine Familie nicht hat … Wahrscheinlich hast du das von deiner Mutter? Vielleicht bist du dank ihr so, wie du heute bist. Es ist wichtig zu wissen, woher man kommt!“
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Lorraines Verhalten empört mich noch mehr. Da gibt es sicher etwas, das sie vor Adam geheim gehalten hat, damit sie ihn nach ihren Vorstellungen formen konnte. Ihr eigener Sohn hat sie enttäuscht, er entsprach nicht ihren Anforderungen … Adam war ihre zweite Chance …
Wie grausam …
„Du wirkst so
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