Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
verbindet, fertigten sie einen 11,5 Kilometer langen Schal. Er soll die warme und menschlicheVerbindung der Orte symbolisieren und stärken, sagt die Initiatorin. Über eintausend Freiwillige, darunter auch einige Stricker
aus dem Ausland, halfen dabei, die Idee umzusetzen. Die bunten Einzelteile des Mega-Schals wurden nachher wieder auseinandergenommen
und für einen guten Zweck versteigert.
Kvöldvaka in den Westfjorden
An einem Abend im August ist der Speiseraum des Hotel Djúpavík in schummriges Licht gehüllt. Lediglich ein paar Kerzen auf
den Holztischen lassen erahnen, dass sich rund achtzig Gäste versammelt haben. Jung und Alt sitzen beisammen, eine blonde
Frau strickt Socken, andere wippen verträumt zu den melancholischen Liedern der Band Hraun. Die isländischen Musiker haben
sich vor dem rustikalen Holzschrank postiert, der mit Büchern und Gesellschaftsspielen gefüllt ist; an der Wand hängen historische
Werkzeuge und eine Nationalflagge. TroubadourSvavar Knútur singt neben leisen Folksongs auch fröhliche Lieder, die ihn und seine Band zeitweise zu zwanzigminütigen Jamsessions
animieren.
Charmant-marode Kulisse: Schiffswrack in Djúpavík
Kvöldvaka, Abenderwachen, nannten die Isländer schon früher die späten Stunden, zu denen sich die Familie und Freunde nach
getaner Arbeit trafen und einander Bücher vorlasen, Geschichten erzählten und gemeinsam Lieder sangen. Bis heute halten die
Isländer an dieser Tradition fest. Meist gibt es dazu Kaffee, damit auch wirklich alle wach bleiben. Auf diesem Kvöldvaka
werden ebenfalls Bier und Wein serviert.
In den Pausen gehen die meisten Besucher ins Freie, um zu rauchen, miteinander zu plaudern oder einfach den Ausblick auf den
weiten Fjord in den abgeschiedenen Westfjorden zu genießen. Die Wolken schweben langsam über die Tafelberge und über den Nordatlantik
hinweg. Djúpavík ist ein alter Fischerort, dessen Panorama dominiert wird von der maroden Heringsfabrik, die seit Jahrzehnten
brachliegt.
Das macht Djúpavík zu einer Art Museum. Selbst außerhalb der Fabrik stehen Boote, bei denen der Lack abblättert, und ein weiß-schwarz
karierter ausrangierter Wohnwagen. Direkt daneben campen an diesem Wochenende einige Isländer, die extra zu den »Djúpavík-Tagen«
angereist sind. Einmal im Jahr nur werden sie begangen, und so sind das Dreißig-Betten-Hotel sowie das kleine Nebenhaus Álfasteinn
komplett ausgebucht. Im Winter haben Hoteleigner Eva und Ásbjörn das Dorf meist für sich alleine, die wenigen umliegenden
Häuser sind heute nur noch Sommerquartiere.
Nach dem Konzert nutzen die Gäste und Anwohner das milde Wetter, um am Rande des Ortes bei einem Lagerfeuer den Abend ausklingen
zu lassen. Der Wind lässt die Funken in alleRichtungen tanzen, immer wieder peitschen sie Svavar Knútur direkt ins Gesicht.
Doch der unerschrockene Isländer spielt weiter auf seiner Gitarre, nach dem Konzert wollen die Zuschauer noch mehr hören.
So singt der kräftig gebaute Musiker unter anderem seinen Song »Yfir Hóla og Yfir Hæðir«, der von den Höhen und Tiefen des
Lebens erzählt und einige zu Tränen rührt. Svavars erstes Soloalbum heißt ›Kvöldvaka‹, getreu diesem Motto hat er es auch
abends, gemeinsam mit einer Gruppe von Freunden, aufgenommen.
Seit Jahren schon tritt der Isländer als einer von mehreren Musikern bei den Djúpavík-Tagen auf, seine Freundin arbeitet den
Sommer über im Hotel, Chefin Eva kennt er natürlich ebenfalls sehr gut. Die meisten Gäste wohnen entweder in einem der Nachbarfjorde,
haben hier ein Sommerhaus, waren früher schon zu Besuch oder gehören zur direkten Familie. Evas dreiKinder und ihre Enkel sind an diesem Wochenende ebenfalls angereist; da alle Räume belegt sind, übernachten sie zeitweise
zu fünft im elterlichen Schlafzimmer.
Hotel Djúpavík;
Eine Familie rückt zusammen. Die sechzigjährige Eva Sigurbjörnsdóttir nimmt immer wieder neue Gäste in ihre »Familie« auf.
Denn das Hotel, in dem sie seit 1985 mit ihrem Mann lebt und die Kinder großzog, ist gleichzeitig ihr Zuhause. In einem Teil
des Speiseraums liegt das halboffene Wohnzimmer, in das sich auch Gäste setzen können, wenn sie wollen. Familienoberhaupt
Ásbjörn hat sich den Tisch neben dem großen Holzschrank erobert, dort sitzt er abends meist bei einem Bier und stöbert in
den Zeitungen.
Während sich Eva gemeinsam mit ein paar Angestellten um die Küche und das Hotel
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