Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
Abstimmungsberechtigten
im Traum die Elfenkönigin erschienensei, die ihn davor warnte, die Kirche auf ihrem Hügel zu errichten. Am nächsten Tag votierte er dagegen, und so hatte die
Mehrheit den Vorschlag abgelehnt. Die Kirche wurde an ihrer jetzigen Stelle gebaut. Im Inneren hängt ein Ölgemälde von Jóhannes
S. Kjarval, dem Nationalmaler Islands, dessen Werke sich auch beim Präsidenten finden. Kjarval wuchs in der Region auf und verbrachte
hier viel Zeit. 1914 malte er für die protestantische Kirche das Altbarbild. Es zeigt Jesus unter einem lilagelben Himmel,
umringt von seinen Anhängern auf dem Álfaborg stehend.
Durch Elfengeschichten, Torfhäuser und Schafabtriebe ist in beschaulichen Buchten wie Borgarfjörður eystri das historische
Island noch überall greifbar, aber auch durch die Lebensweise der Menschen. Die ganzjährig bewohnten Häuser werden nicht abgeschlossen,
die Kirche mit dem wertvollen Gemälde ist Tag und Nacht geöffnet. Man vertraut einander und den Besuchern. Am nächsten Tag
treffe ich Magga wieder, sie möchte mir ihren Bauernhof zeigen, der zwanzig Kilometer entfernt in der Bucht Njarðvík liegt.
Dort lebt sie mit ihrem Mann und dem jüngsten Sohn, die drei älteren Kinder sind schon aus dem Haus. Bevor wir zu ihr fahren,
muss sie einen ihrer anderen Jobs erledigen: Magga ist auch die Postfrau der Region. Mehrmals in der Woche fährt die Isländerin
nach Egilsstaðir, um dort die Briefe und Zeitungen für die Region abzuholen. »Nur noch drei Höfe, dann bin ich fertig«, sagt
sie und steuert mit ihrem großen Bus die Landstraße entlang. »Da ist eines von meinen Schafen«, ruft Magga und zeigt den Hang
hinauf auf ein weiß-braun geflecktes. Kurz darauf erreicht sie den letzten Hof. Wie bei allen anderen Häusern auch, öffnet
sie einfach die Tür und legt die Post im Vorraum ab. Plötzlich kommen ein paar Schafe auf Magga zu, sie krault die Tiere kurz.
»Sie merken, wenn sich jemand mitihnen auskennt.« Nun, da alle versorgt sind mit Streicheleinheiten oder Briefen, holt die Isländerin ihren Sohn ab, der nach
der Schule bei einem Freund gespielt hat. »Der Zusammenhalt in unserem Fjord ist besonders groß«, erzählt Magga.
Einmal im Jahr machen sie während des Þorrablót in der Dorfhalle einen satirischen Jahresrückblick. Dort wird dann alles parodiert,
was passiert ist. Jedes Jahr sitzen andere im Komitee, auch Magga hatte schon mal die Ehre. Die Feier nennt sich Áramótaskaup,
genau wie der satirische Rückblick, der seit 1966 immer an Silvester bei RÚV ausgestrahlt wird. Ganz Island sitzt dann vor
dem Fernseher. Komiker Jón Gnarr spielte darin viele Male mit, nahm die Reykjavíker Kommunalpolitik auf die Schippe. 2010
sollte er gerüchteweise einen Gastauftritt haben, wurde dann aber doch von einem Comedy-Kollegen parodiert. Immerhin im echten
Bürgermeisterbüro, das stellte Jón Gnarr als Drehort zur Verfügung.
Am Nachmittag erreichen wir die Bucht Njarðvík, in der außer Maggas Familie noch ein Bauer lebt. Ihr Sohn verzieht sich nach
einer Brotzeit in der Küche vor den Fernseher. Und Magga führt mich über ihren Hof mit der Scheune voller Strohballen, dem
Winterquartier der Schafe. Das Herzstück ihres Mannes ist ein kleines Räucherhaus, in dem er Hangikjöt, geräuchertes Lammfleisch,
»züchtet«. Unweit des Strandes steht ein Gästehaus, dort können Urlauber sich entspannen und, wenn sie wollen, den Landwirten
bei der Arbeit zusehen. Manche bleiben sogar länger und helfen beim Holen der Lämmer im Frühjahr oder beim Schafabtrieb mit.
Mystische Wollwesen
Auf die Insel kamen die Schafe einst vor über tausend Jahren mit den ersten Siedlern, seitdem passten sie sich perfekt an
das kühle Klima an. Durch die Isolation entwickelten die isländischen Schafe eine einzigartige Wolle. Das lange Außenhaar
ist widerstandsfähig und wasserabweisend, die innere Schicht besteht aus kürzerem, feinem Fell, das isoliert und vor der Kälte
schützt. Die Lopapeysas sind also wärmende Pullis und Regenjacken zugleich. »Ull er gull« – »Wolle ist Gold« sagen auch Brynhildur
und Guðfinna, die beiden Designerinnen, die Teil des Fooddesign-Projektes sind. »Wir haben keine großen Baumwälder, dafür
aber Wälder aus Wolle.«
Die beiden Isländerinnen nutzen gemeinsam mit drei Kollegen dieses lokale Gold, um daraus fantasievolle Decken, Umhänge und
Mützen zu entwickeln. Inspiriert sind die
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