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Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene

Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene

Titel: Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alva Gehrmann
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fragt einer der Vorarbeiter.
     »Nein.« Damit ist die Sache erledigt, wir dürfen auch fotografieren. Das meiste passiert ohnehin im Freien und ist von Weitem
     einsehbar.
    »Ihr seid ein bisschen zu spät«, sagt der Vorarbeiter und führt uns herum. Drei Wale haben sie heute verarbeitet, insgesamt
     dürfen die Isländer in der Saison 150   Finnwale fangen, sie gelten als gefährdete Art. Vor uns türmen sich riesige Fleischberge auf, mindestens vierzig Tonnen wiegt
     so ein Säugetier. Die muskulösen Männer in ihren orange leuchtenden Hosen sehen daneben aus wie Kleinkinder. Durch das viele
     Öl ist der Boden so glitschig, dass wir mehrmals fast ausrutschen, die Arbeiter haben Spikes unter ihren Gummistiefeln. Es
     riecht streng, ich versuche, meine Nase auszustellen.
    Seit 2006 ist in Island der kommerzielle Walfang wieder erlaubt, er bleibt ein ewiges Streitthema mit den anderen Nationen.
     Für die Insulaner ist es Teil ihrer Kultur, deshalb wollen sie nicht darauf verzichten. Angeblich sollen die Kühlhäuser noch
     mit dem Fleisch des Vorjahres gefüllt sein, weil es nicht mehr gefragt ist und außer nach Japan in kaum ein Land verkauft
     werden darf. Trotz des Handelsverbots machen die Isländer weiter: aus Sturheit und manche sagen, auch aus Kalkül, denn sollte
     es bei den E U-Verhandlungen Streit wegen der Fischereirechte geben – Island wünscht sich da einen Sonderweg   –, könnten sie im Austausch für diese Genehmigung großzügig auf den Walfang verzichten. Sigrúns Kinder kümmern sich an diesem
     Abend nichtum die Beitrittsverhandlungen, sie sind fasziniert von der Station, gehen neugierig herum. Eine riesige, mit Dampf betriebene
     Säge zerteilt gerade den circa drei Meter langen Unterkiefer eines Wales.
    Diese Maschinen gab es schon, als Ólafur Davíðsson, der ehemalige isländische Botschafter in Berlin, als junger Mann dort
     zwei Sommer lang arbeitete. »Es war ein gut bezahlter Job«, erinnert sich der heute 6 8-Jährige , »und nach einer Woche nimmt man den strengen Geruch auch nicht mehr wahr.« Trotzdem verbat ihm seine Mutter, am Ende des
     Sommers die Kleidung mit nach Hause zu bringen. Er musste die Sachen verbrennen. Fast vier Monate jobbte Ólafur mit 19 und
     20   Jahren bei der Walfangstation in Achtstundenschichten. Acht Stunden arbeiten, acht Stunden Pause, und dann wieder von vorne.
     Damals zerteilten sie bis zu 400   Wale in einer Saison. Die Fabrik war wie ein Dorf, hundert Personen gehörten dazu, die Truppe schlief in alten Baracken.
    Noch heute erinnern Ausdrücke wie »hvalreki« daran, was die Kolosse für die Menschen einst bedeuteten: »Hval« heißt Wal,und »reki« ist das Strandgut. Es meint »Glück haben« im Sinn von: etwas Überraschendes bekommen. Früher wurden die großen
     Säugetiere manchmal an den Küsten angeschwemmt, dann hatten die Isländer für eine Weile genügend zu essen.
    Walfangstation
    Ende des 20.   Jahrhunderts war Walfleisch auch bei den Isländern nicht mehr sonderlich populär, doch mittlerweile wird es wieder gerne in
     Gourmet-Restaurants ebenso wie in kleinen Hafenrestaurants als Delikatesse serviert. Kjartan, Inhaber des anfangs erwähnten
     Sægreifinn (Seebaron), macht sich sogar einen Spaß aus dem Wal-Disput. Sein Werbeslogan lautet: »Moby Dick on a Stick«. Dazu
     sieht man ein Foto vom alten Fischer, wie er freudestrahlend zwei Spieße mit Walfleisch in die Höhe hält. Kjartan verkauft
     es in seinem rustikalen Laden, an dessen Wänden neben Fischernetzen und vergilbten Bildern aus der Seefahrt auch eine ausgestopfte
     Robbe hängt. Das dunkelrote Walfleisch schmeckt übrigens ein bisschen wie Wild, kräftig, aber auch nicht umwerfend.

Öliges Wundermittel
    Was den Walfang angeht, sind sogar die Isländer selbst geteilter Meinung. Es gibt allerdings eine andere Tradition, an der
     fast alle Inselbewohner festhalten: die täglich Portion Lebertran. Von klein auf nehmen die Isländer ihn zu sich. Die Älteren
     bekamen das ölige Wundermittel in der Schule noch mit einer Kanne in den Mund geschüttet, später verteilten die Lehrer ihn
     dann löffelweise, heute konsumieren ihn Jung und Alt zu Hause. Auch Borghildur, meine Vermieterin in Reykjavík, schwört auf
     die Kraft des Lýsi, wie er genannt wird. Angeblich haben siees dem Lebertran zu verdanken, dass sie so stark und gesund sind. Schließlich enthält er die wertvollen Omega- 3-Fettsäuren und hat einen hohen Vitamin-A- und - D-Gehalt . Lýsi gilt

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