Alles Gold Der Erde
nicht ratsam, so meinte sie, nur in einem Geschäft zu kaufen.) Kendra ließ sie in der Obhut von Mr. Chase zurück und nahm die beiden Offiziere mit. Sie wollte nicht gern mit nur einem Begleiter gesehen werden. (Das sei, so meinte sie, bei einem jungen Mädchen ganz in Ordnung, bei einer verheirateten Frau könne es jedoch Anlaß zu bösem Gerede geben.) Wenn Eva keine anderweitigen Besorgungen zu machen hatte, wartete sie im Laden, bis Kendra fertig war. Umringt von Händlern und Offizieren, saß sie auf einer Kiste und lachte und plauderte. Dabei verstand sie es vortrefflich, eine Haltung einzunehmen, die genau ausgewogen war zwischen ungekünstelter Wärme und jener Zurückhaltung, die der Gattin eines Obersten wohl anstand.
Die Tür zum Lagerraum war immer offen, und die Herren Chase und Fenway sowie die Packjungen kamen und gingen. Dennoch fanden Ted und Kendra oft Gelegenheit, sich zu unterhalten. Ted war interessant, aber er sprach nie wieder von dieser Frau, die er ›mal gekannt‹ hatte. Als die Cynthia wieder in See stach, um nach Honolulu zu segeln, vermißte Kendra ihre Reisebegleiter nicht mehr.
Die Cynthia lief früher aus, als Captain Pollock beabsichtigt hatte. Ein Teil der Fracht bestand aus Gütern, die von Händlern in Honolulu bestellt worden waren. Pollock hatte eigentlich einen längeren Aufenthalt vorgehabt, um sich und seiner Mannschaft ein wenig Erholung zu gönnen. Jetzt aber mußte er aufbrechen, denn die Garnison von Monterey hatte dringend um Hilfe ersucht.
Pollock berichtete dies Kendra und Eva, als er zum Abschiedsbesuch kam. Er war guter Dinge und lachte, während er seinen Auftrag beschrieb. Er müsse nach Honolulu segeln, um Salzfleisch und getrocknete Erbsen für die Matrosen der Kriegsschiffe in Monterey zu beschaffen. »Deren Vorrat ist bald erschöpft, und die Jungs murren schon. Sie verabscheuen nämlich das frische Fleisch der Rancher.«
Kendra und Eva waren erstaunt. Pollock indessen gar nicht. Die Seeleute wollten nun einmal das Essen haben, an das sie gewöhnt waren. Dann erzählte er:
»Man hat mich gebeten, so schnell wie möglich zurückzukehren. Die Fahrt nach Honolulu nimmt gewöhnlich drei Wochen in Anspruch, doch wird die Cynthia es sicher in kürzerer Frist schaffen.«
Kendra fragte sich boshaft, ob er vielleicht in so guter Stimmung war, weil er nun Aussicht hatte, diese Empfangsdame im Spielsalon wiederzusehen, von der ihr Loren berichtet hatte. Aber schon wieder hatten sich die Leutnants eingefunden, um sie und ihre Mutter zum Laden zu begleiten, und dort war Ted. Also machte sie sich keine Gedanken mehr um Captain Pollock.
Ted gefiel ihr immer besser. Daheim hatte Kendra mit jungen Mädchen geflirtet, die ihr eingeredet hatten, sie sei hübsch. Sie war jedoch nicht daran gewöhnt, jemanden um sich zu haben – ob Mann oder Frau –, der sich wirklich für sie interessierte, und zwar so, als sei sie etwas ganz anderes als alle andern. Und eben dies tat Ted. Sie entdeckte, daß sie noch nie so gern mit einem Mann gesprochen hatte.
Er redete lieber über sie als über sich selbst, doch als sie ihn befragte, erzählte er ihr, daß er aus New York stamme, wo er für eine Anwaltsfirma gearbeitet hatte. »Alle haben mir dort versichert, ich hätte eine gute Chance, meinen Weg zu machen, ich müsse nur Sorgfalt, Pünktlichkeit, Ausdauer und noch verschiedene andere Tugenden aufbringen. Die gehen mir aber leider ab. Ich habe mich schrecklich gelangweilt. Deshalb stieg ich eines Tages in ein Schiff, das nach Honolulu fuhr.« Sie hielt sich wieder einmal im Lagerraum auf. Kendra trug ihren Korb, während Ted einen Sack neuer Kartoffeln schleppte, die aus Sutters Fort stammten. Das Boot war vor einigen Tagen den Fluß herabgekommen, und Ted hatte diese Kartoffeln sogleich für Kendra beiseite gelegt.
»Jetzt wissen Sie, wer ich bin, Kendra. Hitzig, impulsiv, leichtsinnig und ohne jeden Ehrgeiz, eines Tages Präsident der Vereinigten Staaten zu werden. Ich lebe halt so in den Tag hinein, wie es gerade kommt.«
Sie lachten beide. Ted erinnerte sich daran, daß morgen abend der Ball veranstaltet werde.
»Ich muß Packarbeiten erledigen. Sutters Agent hat eine Bestellung auf Werkzeuge mitgebracht. Ich werde vor dem Dunkelwerden fertig sein, wenn nicht, haue ich einfach ab.«
Es gab eine Pause. Dann fragte Kendra:
»Ted, wenn Sie tun könnten, was Ihnen Spaß macht, was würden Sie dann unternehmen?«
»Reisen«, antwortete er, »nicht zu den Orten, wo alle
Weitere Kostenlose Bücher