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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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ein Prediger ein Faß und gemahnte seine Zuhörer laut an ihre Sünden.
    Anfang Oktober erzählte Loren seiner Frau, daß der Stadtrat die Brigg Euphemia als Gefängnis gekauft habe, da Pollock sich noch immer weigere, die Cynthia herzugeben. Kendra entsann sich der Brigg noch gut. Sie war eines der beiden Schiffe gewesen, die sie am Tag ihrer Ankunft in der Bucht erblickt hatte. Noch keine zwei Jahre waren seitdem vergangen, doch ihr schien, es sei eine lange, lange Zeit verstrichen. In San Francisco ging alles so rasch, daß die Zeit gar nicht als Zeit wahrgenommen wurde – ebensowenig wie man den Goldstaub für Geld hielt.
    Und die Cynthia lag immer noch sinnlos vor Anker. Pollock marschierte immer noch am Kai auf und ab und beobachtete sie. Das Schiff ging zugrunde, und er war krank vor Kummer, aber er vermochte sie nicht auf dem einzigen Weg zu retten, auf dem er sie gerettet haben wollte.
    In den letzten Tagen hatte sich Kendra ein wenig schlapp gefühlt. Zunächst war sie der Meinung gewesen, dies hänge damit zusammen, daß das Baby schwerer wurde. Dann aber bemerkte sie, daß auch andere Leute sich schlapp fühlten. Sie gaben dem Wetter die Schuld. Noch nie sei das Wetter im Oktober so gewesen wie in diesem Jahr.
    Nachmittags stürmte es nicht mehr. Schon seit Tagen lag dicker Nebel über der Stadt. Selbst im Freien war die Luft stickig wie die in einem seit langem verschlossenen Zimmer. Am Morgen nach dem Tag, an dem Loren ihr von der Euphemia berichtet hatte, waberte der Nebel so niedrig ums Haus, daß Kendra beim Erwachen meinte, sie komme sich wie in einer Schale voller Milch vor.
    Loren rief Serena und bat sie, eine Tasse Kaffee heraufzubringen, damit sich Kendra vor dem Aufstehen ein wenig erwärmen könne. Als er und Ralph zur Arbeit gingen, hatte Kendra es sich auf dem Sofa im Salon bequem gemacht. Neben ihr lagen ein paar Bücher. Serena kam herein und erklärte: »Ich wollte heute früh eigentlich waschen, aber hat das einen Sinn? Bei diesem Wetter werden die Kleider doch gar nicht trocken.« Während sie noch sprach, hörten beide ein Plätschern.
    »Regnet es etwa, Serena?«
    Es regnete tatsächlich. Und zwar kam kein Guß herab, sondern ein Gewittersturm, der wütend um die Häuser tobte. Kendra war erstaunt. Ein Sturm um diese Jahreszeit war für San Francisco ungewöhnlich. Als sie zu den Fenstern eilte, um sie zu schließen, sah sie, daß der Staub bereits zu einem dicken Brei geworden war.
    Drei Stunden lang prasselte der Regen nieder. Bei Lorens und Ralphs Heimkehr hatte er gerade aufgehört, doch ballten sich schon wieder Wolken zusammen. Die beiden Männer trugen hohe Gummistiefel. »Der Morast in der Montgomery Street ist bereits knöcheltief«, sagte Loren, »und die Plaza gleicht einem dunklen Tümpel. Tonnen von Lebensmittel, die vor den Häusern abgestellt sind, weil kein Mensch mit einem so frühen Regen gerechnet hatte, sind ungenießbar geworden. Die Geschäftsleute sind nicht nur verblüfft, sie sind wütend und finden, daß die Natur ihnen einen bösen Streich gespielt hat. Regen in der ersten Oktoberhälfte, das gehört sich einfach nicht.«
    Ob es sich nun gehört oder nicht: Am nächsten Morgen begann es von neuem zu regnen, und diesmal regnete es den ganzen Tag. Die Leute, die in Zelten kampierten, waren übel dran. Manch einem, der ein Dach über dem Kopf hatte, ging es nicht viel besser, denn das Wasser drang durch alle Ritzen.
    Der Regen hatte Kendra den Blick auf die Bucht versperrt, doch Loren sagte, am Vormittag sei der Dampfer California aus Panama eingelaufen. Er hatte dreihundertneununddreißig Passagiere an Bord. »Die meisten sahen sich kurz um und wünschten, sie wären wieder daheim.«
    Tagelang unterhielten sich die Leute über diesen unvernünftigen Regen. Mr. Chase und Frau, die seit fünf Jahren in San Francisco lebten, erklärten, daß sie so etwas noch nie erlebt hätten. Mr. Fenway, der schon seit acht Jahren hier ansässig war und zu den ältesten Yankees zählte, behauptete, ein solcher Regen sei ungesund, und er prophezeite düster einen fürchterlichen Winter, der nicht wenigen die Schwindsucht an den Hals bringen werde. Die eingeborenen Kalifornier schließlich bestanden darauf, daß allein die Yankees an diesem miserablen Klima Schuld trügen; sie hätten es aus ihrer Heimat eingeschleppt.
    An allen Bars rund um die Plaza verkündeten Männer, zuerst seien sie vom Staub beinahe erwürgt worden; dann seien sie im Kot steckengeblieben; jetzt aber

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