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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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arbeitenden Männer hatte Hochschulbildung.
    Unter den Leuten, die sich bei Marny bewarben, waren auch zwei oder drei Gentlemen aus Philadelphia gewesen, die sie sogleich als die mißratene Tochter des Professors erkannt hatten. Kendra gab zu bedenken:
    »Vermutlich werden sie erzählen, woher du stammst. Macht dir das denn nichts aus?«
    Mit einem breiten Lächeln blickte Marny sie an. »Meinst du, ich sollte mir deswegen Sorgen machen?«
    »Nein«, erwiderte Kendra. »Du hast das Recht, dein Leben so zu gestalten, wie es dir paßt, genau wie andere Leute.«
    »Danke schön«, entgegnete Marny. »Ich habe nichts anderes von dir erwartet.« Sie hob die Schultern. »Ich glaube auch nicht, daß sich jemand deswegen graue Haare wachsen läßt.«
    Loren bestätigte dies. »Männer, die von Marnys Herkunft erfahren«, meinte er, »interessieren sich vielleicht zehn Minuten dafür. Marny ist eine geschickte und ehrliche Kartenspielerin, ein sehr amüsanter Rotschopf: Das allein interessiert sie wirklich.«
    Marny war also zufrieden, Rosabel war es weniger. Marny berichtete Kendra: »Rosabel ist in Norman verliebt und möchte ihn heiraten. Norman aber, der Rosabel ganz gern hat, denkt nicht daran, sich an sie oder sonst jemanden zu binden. Ich habe ihr das wieder und wieder auseinandergesetzt, aber sie hofft noch immer.« Marny selber bekam nach wie vor Heiratsanträge, die sie allesamt abwies. Nie hatte Kendra aus ihrem Munde gehört, daß sie überhaupt an einer Ehe interessiert sei.
    Interessiert war Marny allein an den Geschehnissen rund um die Plaza. Diese Plaza war schmutzig, dort wurde gelärmt, es roch nach allen möglichen unangenehmen Dingen. Dennoch war diese Plaza einer der aufregendsten Orte der Welt, und Marny war froh, da zu sein.
    Die besten Unterhaltungsstätten waren die in der Kearny Street. Dort stand der Calico-Palast, und nebenan hatte ein anderes Kasino seine Pforten geöffnet, das Denison's Exchange. Außerdem gab es das Parker House, das ungeachtet seiner Tuchwände und seines nächtlichen Spektakels dreißigtausend Kilogramm Goldstaub im Monat erwirtschaftete. Dann folgte das El Dorado, das zwar nur über Talmiglanz verfügte und gleichfalls sehr laut war, im ganzen aber ordentlich geführt wurde. In der Kearny Street waren auch die besten Restaurants der Stadt zu finden.
    Wo die Kearny Street auf die Washington Street stieß, erhob sich ein Spielkasino namens Verandah. Nicht weit davon entfernt blühte Blossoms Damenflor. Dann gab es Spielhäuser, die weniger respektabel waren als die in der Kearny Street: das Aguila del Oro, das St. Charles und das Bella Union, das rüpelhafteste von allen. Wenn ein Mann einen flotten Abend (vielleicht gar eine Orgie) erleben wollte, brauchte er sich bloß ein Billet zu einem ›großen Maskenball‹ im Bella Union zu kaufen. Dabei konnte er die verrücktesten Drinks schlürfen und die verrücktesten Mädchen sehen, die aus New York oder New Orleans gekommen waren. Am nächsten Morgen hatte der Zecher freilich einen derartigen Brummschädel, daß er kaum noch beschreiben konnte, was eigentlich passiert war; doch wer einmal an solchen ›Festen‹ teilgenommen hatte, pflegte dieses Treiben als ›außergewöhnlich‹ zu bezeichnen.
    Ging man indessen am Bella Union vorbei, dann stellte man bald fest, daß die Washington Street ruhiger und gesitteter wurde. Diese Verwandlung begann etwa bei einem Gebäude, das den Namen Washington Hall trug. Es hatte im Parterre zwar auch einen Saloon. In der ersten Etage jedoch war von nüchternen Bürgern ein Raum zu nüchternen Zwecken gepachtet worden: Dort wurden Hilfsfonds für Kranke geschaffen; dort wurde über die geplante Verfassung debattiert, die Kalifornien hoffentlich zu einem Staat der Union machen würde.
    Alsdann kam man zum Bürohaus der Alta California, einem der massivsten Bauten in San Francisco. Daneben reihten sich Läden an, in denen man Stoffe, Bücher und Musikinstrumente kaufen konnte. Ging man nun hügelan in Richtung Stockton Street, so gelangte man zu den kleinen weißen Häusern, wo Kendra und ihr Mann, das Ehepaar Chase und andere Leute wohnten, die sich kaum um die Exzesse an der Plaza scherten.
    Die Plaza allein war schon ein wüstes Durcheinander. Überall lagen Backsteine, Nutzholz und Güter sowie Wände von Fertighäusern, die nur darauf warteten, daß Arbeiter sie zusammenfügten. Auf der Plaza wurde in einem fort geschrien. An Wochentagen boten Versteigerer ihre Waren an, an Sonntagen bestieg

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