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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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dachte Kendra streng. Ich schäme mich meiner selbst. Die Hälfte aller Frauen würde mich beneiden. Und die andere Hälfte? Ach, Schluß damit! Mrs. Chase sagt, jede Frau, die ein Baby erwartet, kriegt zuweilen sonderliche Launen. Am besten wird man diese Grillen los, wenn man sich mit etwas beschäftigt. Es stürmt wieder. Ich werde nachschauen, ob Serena auch alle Fenster geschlossen hat.
    Auch jetzt noch schlossen sie – trotz des Bürgersteigs und des Sprengwagens – das Haus nachmittags vor dem Staub ab. Serena hatte die Fenster zugemacht, aber das eine im Salon war schwer zu handhaben, und Serena war es nicht gelungen, es ganz zu schließen. Kendra sah einen Lichtstreifen in den Raum sickern. Während sie den Rahmen fest schlossen, fühlte sie ihre Nerven prickeln. Warum mußte sie beim Anblick dieses Streifens an Licht denken, das durch die Gitterstäbe eines Käfigs drang?

43
    Der neue Calico-Palast wurde am 1. September 1849, einem Samstag, eröffnet. Der Abend verlief grandios, geräuschvoll und nahm ein verheerendes Ende. Hunderte von Männern drängten sich durch die Räume. Alle waren sie in freudiger, allerdings nicht sanftmütiger Stimmung. Sie zerschlugen die Spiegel, sie schnitzelten an den Kartentischen herum, sie zerschmetterten die Hälfte aller Gläser an der Bar. Die Spuren ihres Wirkens blieben jedoch in Form einer Schicht Goldstaub zurück, die so dick war, daß Marny sie mit der Staubschicht im Freien verglich.
    Am Morgen, als sie sich die Verwüstungen ansahen, waren Marny und Norman nicht allzu verärgert. Am schlimmsten sah es in dem großen Ausschank im Parterre aus. Diesen Raum hatten sie vorsorglich mit Möbeln eingerichtet, um die es nicht schade war. Besseres Mobiliar stand bereits in Reserve. Am Abend hingen neue Spiegel an den Wänden, die zerschrammten Tische waren durch andere ersetzt, an der Bar gab es neue Gläser und Becher – und die Getränke kosteten nun doppelt soviel.
    Kein Mensch machte sich etwas daraus. Wie üblich kamen die Männer mit ihrem Goldstaub an. Gab es denn einen angenehmeren Ort zum Verpulvern? Der Calico-Palast war das prächtigste Gebäude in San Francisco. Besonders gut gebaut war es zwar nicht, denn Carson verfügte weder über genug Arbeiter noch über genug Zeit, doch hier war es hell, warm und fröhlich, und etwas anderes verlangten die Männer gar nicht.
    Der Calico-Palast war dreistöckig: Die Spielräume befanden sich in den unteren Etagen, die Wohnungen im Dachgeschoß. Alle lebten zusammen: Marny, Norman, Rosabel, Duke und Lulu, Troy und Lolo und ihr Baby Zack. Keiner hatte viel Platz oder große Bequemlichkeit; immerhin jedoch waren sie besser dran als die meisten andern Leute, und darüber freuten sie sich.
    Der Ausschank zur Straße hin enthielt Tische, an denen Monte, Faro und Vingt-et-un gespielt wurde, sowie Roulette. An der einen Wand war eine Estrade, auf der eine Kapelle Töne von sich gab, die man rund um die Plaza für Musik hielt. Im Hintergrund präsidierte Chad nebst einigen Helfern über der Bar. Zehn Leuchter baumelten an den Deckenbalken, Wandspiegel gaben das Licht in einem endlosen Funkeln wider. Zwischen diesen Spiegeln hingen Bilder schöner Frauen in verschiedenen Stadien der Entblößung. Keine von ihnen war völlig nackt. Marny und Norman waren übereingekommen, wenigstens ein bißchen Stoff werde die Kunden stärker reizen. Marny meinte: »Dann haben die Leute den Eindruck, beim nächsten Schritt sei noch etwas zu erwarten.«
    Außerdem gab es zwei Landschaftsbilder, beide von der Hand des Mr. Bruno Gregg. Das eine zeigte die Sägemühle, auf dem zweiten waren Männer beim Goldauswaschen an einem Gebirgsfluß zu sehen. Wie Kendra prophezeit hatte, fanden diese Gemälde viel Interesse. Wer noch nicht im Goldland war, wurde beim Betrachten dieser Bilder neugierig. Die Männer aber, die schon droben gewesen waren, demonstrierten nun mit Vergnügen ihre überlegenen Kenntnisse, indem sie Einzelheiten erklärten.
    Jedermann konnte den Ausschank betreten und sich darin aufhalten, solange er kein Ärgernis erregte. Er konnte spielen, wie es ihm gefiel. An der Bar konnte er einen Drink zu sich nehmen oder Zigarren kaufen. Dieser Raum wirkte geradezu verlockend. Er war die Zuflucht aller, die Nebeln und Stürmen entkommen wollten, aber auch das Ziel der Männer, die einmal aus ihren Zelten und Pennen auszubrechen wünschten. Abend für Abend war der Ausschank überfüllt.
    Mehr als diesen Saal bekamen die meisten Besucher

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