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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Tisch sitzen, und also wird niemand die Schlammspritzer überhaupt bemerken. Von der Taille an aufwärts sind Sie so adrett wie stets und erfreulich anzuschauen.«
    Ihr Auftritt erregte trotzdem Unruhe. Die zwanzig oder dreißig Männer hießen sie lautstark willkommen. Da aber Dwight mit einer Miene stolzer Herausforderung neben Marny saß, wagte keiner, sie auch nur anzustoßen. Nach dem Essen begleitete er sie zum Laden. Als sie dort ankamen, zweifelten beide nicht mehr daran, daß Marny bald den Luxus der beiden Zimmer im Gresham Hotel teilen würde.
    Sie öffnete die Tür zum Lagerraum mit dem Schlüssel, den ihr Mr. Fenway gegeben hatte, und Carson ging wieder zur Baustelle. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, zog Marny ihre Stiefel aus, damit sie keine Schmutzspuren auf dem Boden hinterließ. Beim Aufstehen hörte sie, wie eine andere Tür ins Schloß fiel. Mr. Chase kam aus dem Zimmer, das die Safes enthielt.
    »Ich habe die Papiere von Loren geholt«, murmelte er. »Ich brauche die Adresse seines Bruders in den Staaten. Jemand muß ja seine Familie benachrichtigen.«
    Mr. Chase sprach in verdrießlichem Ton. Loren war ihm ein Freund gewesen, und ein Brief dieser Art bedeutete ihm alles andere als ein Vergnügen. Es überraschte Marny, daß er sich die Mühe machte, ihr zu erklären, weshalb er hier war. Bislang hatte er nur dann mit ihr gesprochen, wenn es hatte sein müssen.
    Zu ihrer weiteren Überraschung trat er auf sie zu. Linkisch blieb er vor ihr stehen und räusperte sich, als wolle er etwas sagen, wisse aber nicht, wie er es anstellen solle. Dann fiel sein Blick auf ihre Stiefel. Sie gaben ihm ein Stichwort.
    »Sie sind aber sehr reinlich. Sie haben ja sofort die Stiefel ausgezogen, als Sie 'reinkamen. Immer wieder haben Fenway und ich Ärger mit den Leuten. Der ganze Laden wäre voll Schlamm, wenn wir nicht aufpassen.«
    Marny lächelte ihn an. »Ich kann einen schmutzigen Fußboden ebensowenig leiden wie Sie, Mr. Chase.«
    Wieder räusperte er sich. »Sie haben auch Ihre guten Seiten, Marny«, platzte er heraus. Er schien über seine eigene Bemerkung verblüfft zu sein. »Sie haben Ihre Fehler, das muß ich schon sagen, aber Sie haben auch Ihre guten Seiten.«
    Marny war so bestürzt, daß sie sich kaum rühren konnte. In seiner Vorstellungswelt – das wußte sie – gab es zwei Arten von Frauen: die Keuschen und die Unkeuschen. Die Unkeuschen waren schlechte Frauen, und etwas Schlimmeres war gar nicht auszudenken. Marny war eine berufsmäßige Kartenspielerin, die aus ihren Liebesaffären kein Geheimnis machte. Daß er nun mit einemmal bereit war, ihr auch gute Seiten zuzugestehen – dergleichen hätte sie niemals für möglich gehalten.
    »Ich danke Ihnen, Mr. Chase«, war alles, was sie herausbrachte.
    Wie er so dastand, stämmig und schüchtern, erinnerte er sie an einen kleinen Buben, der gerade eine Missetat beichtet. Mr. Chase fuhr fort: »Meine Frau hat mir erzählt, wie Sie Kendra beigestanden haben. Nun, das war sehr freundlich von Ihnen.«
    Meine Güte! dachte Marny. Das muß ihn aber wirklich Überwindung kosten.
    Es war ein solches Entgegenkommen, daß sie sich ihrerseits zu revanchieren wünschte. Plötzlich hatte sie eine Idee. Sie streckte die Hand aus.
    »Mr. Chase, ich hatte noch keine Gelegenheit, mich Ihnen erkenntlich zu zeigen. Sie und Ihre Frau waren so nett zu mir. Vielleicht kann ich Ihnen jetzt einmal behilflich sein. Würden Sie mir die Adresse von Lorens Bruder geben? Ich könnte ihm ja diesen Brief schreiben.«
    Dankbar fing Mr. Chase zu schnaufen an. Nicht nur dieser Brief war eine schwierige Angelegenheit, das Briefeschreiben überhaupt ging ihm nie gut von der Hand.
    »Wollen Sie das wirklich tun, Marny? Sie schreiben ihm alles über den Unfall? Vergessen Sie nicht, wie sehr jedermann hier Loren geachtet hat und wie sehr wir betroffen sind.«
    »Ich werde mein Bestes tun, Mr. Chase.«
    Mit der einen Hand strich Mr. Chase über sein Kinn, mit der andern gab er ihr die Papiere. »Marny, ich muß das noch einmal sagen: Sie haben Ihre Fehler, aber Sie haben ein Herz aus Gold.«
    Und damit drehte er sich um und ging davon. An der Tür sagte er noch über die Schulter:
    »Na also, auf Wiedersehen, Marny. Ich werde Sie später aufsuchen. Und ich wiederhole: Sie haben ein Herz aus Gold.«
    Die Ecke, in der Marny stand, war düster. Sie hoffte, daß Mr. Chase ihren Mund nicht gesehen hatte. Ihre Lippen zitterten nämlich, denn sie kämpfte mit einem

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