Alles Gold Der Erde
Baumwolldecken voneinander getrennt waren, loderte der Laden wie Brennholz auf. Nach einer Minute brannten auch die Nebenhäuser.«
Marny ging zum Fenster, um auf die Ruinen herabzusehen.
»Wenn ich wüßte, wer das angestellt hat, ich würde ihn umbringen.« Kendra zuckte die Achseln.
»Was hättest du davon?«
»Wenigstens könnte er den Calico-Palast dann nicht wieder in Brand setzen.«
»In diesem Fall würde sich ein anderer finden«, sagte Kendra mit einem Zynismus, den sie noch nie an sich erlebt hatte. »Wenn einer zu solchen Schandtaten bereit ist, warum sollten dann nicht auch andere dazu fähig sein?«
»Na ja, aber ein schöner Schuß würde meine Stimmung heben«, versetzte Marny. »Und das allein wäre doch schon Grund genug.«
Während der nächsten Wochen wohnten sie im Gresham Hotel. Marny hatte sich in Dwights Zimmer eingerichtet, in dem andern schliefen Rosabel auf der Couch und Kendra auf einer Matratze. Am Tage nach dem Brand kamen Hiram und Pocket. Hiram beriet mit Dwight über den Bau einer neuen Bank. Er sowohl als auch Pocket boten den Frauen ihre Dienste an. Hiram, der in einem Zimmer über den Bankräumen gewohnt hatte, hauste nun bei Pocket in dessen Buchhandlung. Wenngleich er sein Bankhaus verloren hatte, war Hiram guter Dinge. Er und sein Partner Eustis hatten die Safes in Sicherheit bringen können. Jetzt brauchten sie bloß eins: ein Dach über dem Kopf für ihre Geschäfte. »Ist es zuviel verlangt, wenn wir uns ein feuersicheres Haus wünschen?«, fragte Hiram.
»Nein«, entgegnete Dwight entschlossen. »Es gibt feuersichere Häuser, und ich werde welche bauen. Allerdings nicht in elf Tagen.«
Hiram grinste. »Das verlangt ja auch keiner von Ihnen.«
Pocket und Hiram ließen sich Listen geben, auf denen alles Notwendige vermerkt war, was die Frauen brauchten, und gingen zu Chase & Fenway. Bald kamen sie beladen zurück. Später fand sich auch Mr. Fenway ein. Er erzählte Rosabel:
»Wir haben gerade drei schöne neue Klaviere erhalten. Falls Sie einmal zu uns kommen wollen, um sie auszuprobieren, werde ich mich glücklich schätzen.«
Rosabel antwortete: »Ich werde gern kommen, muß aber zunächst einmal das Kleid fertignähen, damit ich ausgehen kann. Sorgen Sie doch bitte dafür, daß die Klaviere mittlerweile nicht von andern Leuten verstimmt werden.« Mr. Fenway gab ihr sein feierliches Versprechen.
Kendra bat ihn, eine Nachricht für Serena Watson mitzunehmen. Sie wollte wissen, ob Serena bereit sei, ein paar Kleider zu machen. Am andern Morgen erschien Serena und fing vergnügt mit ihrer Arbeit an. Ein bißchen Geld nebenher konnte man immer brauchen: Serena war ja nun glücklich schwanger.
Fast schüchtern erkundigte sich Dwight bei Kendra: »Wären Sie bereit, für uns alle vier zu kochen? Ihre Mahlzeiten haben mir nämlich den Appetit an den Gerichten verdorben, die man in den Restaurants vorgesetzt bekommt. Gern werde ich zahlen, was Sie fordern.«
»Seien Sie doch nicht albern«, rief Kendra. »Natürlich werde ich kochen, wenn Sie eine Kücheneinrichtung beschaffen. Und was den Lohn angeht – gewähren Sie mir denn nicht schon Obdach?«
Marny nahm sie hinterher zur Seite. »Laß dir doch ein bißchen Goldstaub geben, Kendra. Sonst fühlt er sich nicht wohl in seiner Haut. Dwight ist einer von den Stolzen. Und gerade jetzt schämt er sich.«
»Weswegen denn?«
»Weil seine Bauten niedergebrannt sind. Nun will er einige feuersichere Gebäude errichten, selbst wenn ihn das kaputtmacht. Sobald sie stehen, steckt er vielleicht selber die Stadt in Brand, nur um festzustellen, daß sie tatsächlich feuerfest sind.«
Also nahm Kendra fünfzehn Gramm Goldstaub pro Tag entgegen, das war der normale Lohn einer Kellnerin. Dwight wollte ihr mehr geben, weil das Kochen mehr Geschick erfordere als das Einschenken von Getränken. Er steuerte jedoch die Lebensmittel bei, und Kendra erklärte:
»Einen höheren Lohn werde ich nicht annehmen, ich habe ja bei Ihnen Kost und Logis.«
Dwight lachte und bot Rosabel eine Art Löhnung, falls sie als Kendras Helferin fungieren wolle. Rosabel verstand vom Kochen nicht viel, war aber bereit, einiges zu erlernen. Beide kamen gut zurecht.
Als Küche errichtete Dwight hinter dem Hotel einen kleinen Bau aus einem eisernen Gerüst. Solche Gerüste, die man zu einem Haus zusammenfügen konnte, wurden aus den Vereinigten Staaten geliefert. Die Enden waren genutet, so daß die Einzelteile leicht miteinander verbunden werden konnten.
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