Alles Gold Der Erde
muß doch ein Safe haben oder irgendeinen Tresor.«
Sie trat einen Schritt näher und blickte ihm in die Augen.
»Ted, warum bist du nach San Francisco gekommen?«
Er schaute sie eine Weile schweigend an. Wie beim erstenmal nahm er ihr Bild in sich auf: die dunkelblauen Augen, den pfeilförmigen Haaransatz, ihren schlanken festen Körper, der begierig und fordernd vor ihm stand. Mit einemmal drehte er sich auf dem Absatz um und schlug so heftig auf den Tisch, daß der ganze Raum zu beben schien.
»Also gut«, brach es aus ihm hervor. »Ich bin deinetwegen gekommen. Ich habe versucht, von dir loszukommen. Gott weiß, daß ich es versucht habe. Ich ging zu Sutters Fort, aber das war nicht weit genug. Ich habe das Fort hinter mir gelassen und bin bis zum Sägewerk in den Bergen gegangen. Aber auch das war nicht weit genug. Ich habe das Sägewerk hinter mir gelassen und bin nach Shiny Gulch gegangen. Ich habe von früh bis spät Gold gesiebt und versucht, so müde zu werden, daß ich umfalle und einschlafe, ohne an dich denken zu müssen. Es hat alles nichts geholfen. Ich habe mich zu sehr nach dir gesehnt. Aber ich habe wirklich alles versucht, Kendra!«
Jetzt lachte sie. »Ach, Ted, warum bist du denn so ernst? Ich liebe dich, und du liebst mich, und alles andere ist doch ganz egal. Warum denkst du nicht auch so?«
Ted wandte sich nicht um. Langsam zupfte er die Blätter von einer Mohnblume auf dem Tisch. »Kendra, ich kenne die Sorte Burschen, zu denen ich gehöre. Ich würde dir dein Leben ruinieren.«
»Es ist mein Leben«, entgegnete sie starrsinnig.
»Kendra, du kannst doch nicht nach Shiny Gulch gehen! Das ist die Wildnis. Die Männer schlafen im Freien auf der Erde. Sie braten Speck über Lagerfeuern.«
»Das würde ich auch gern machen.«
»Aber das ist doch so unbequem! Ameisen und Heuschrecken! Die Kleider müssen im Fluß gewaschen werden …«
»Ich will mit dir gehen«, sagte Kendra. Sie sagte es mit entschlossener Stimme, denn es war ihr Ernst. Jedes seiner Worte hatte sie nur noch begieriger gemacht. Ted konnte ihr nicht widerstehen.
Jäh drehte er sich um, und seine Hände griffen nach ihren Schultern, daß es ihr weh tat.
»Ist es denn meine Schuld, wenn ich nicht zurückgehen kann ohne dich?« rief er aus. Als er sie an sich preßte, hörte sie ihn noch flüstern: »Mein Gott, ich habe alles versucht.«
Und so kam es, daß an einem hellen Nachmittag im April der amerikanische Alcalde von San Francisco die Trauungsformel verlas. Er las sie im Salon des kleinen Hauses in der Stockton Street in Gegenwart von Alex und Eva, einigen Offizieren und anderen Freunden, die sie mittlerweile in der Stadt gefunden hatten. Mr. und Mrs. Chase waren gleichfalls anwesend, auch Mr. Fenway, der mit mürrischer Miene dasaß, als könne er es nicht billigen, daß die Leute heiraten. Nach der Zeremonie trank man noch ein Stunde lang Wein, aß Kekse und wünschte viel Glück. Dann brachen Alex und Eva auf, um ein paar Tage bei der Familie Chase zu verbringen. Ted und Kendra blieben allein zurück.
Denn Eva hatte entschieden:
»Du wirst das alles richtig machen. Ich will nicht, daß ihr euch aus dem Büro des Alcalden davonstehlt.«
Dieser Meinung hatte sich Alex angeschlossen. Er hätte es als Schmach empfunden, wenn eine Heirat in seinem Haus nicht ordnungsgemäß verlaufen wäre. Da er ein aufrechter Angehöriger der Episkopalkirche war, hätte er zwar einen Geistlichen vorgezogen, doch war in San Francisco keiner aufzutreiben, und der nächste Militärkaplan saß in Monterey. Alex stimmte also zu, daß der Alcalde die Trauung vornahm.
Was nun die Trauung selber anlangte, so wäre es ihm und seiner Frau lieber gewesen, wenn Kendra einen der jungen Offiziere geheiratet hätte. Wenn sie aber durchaus diesen Ted Parks heiraten wollte – warum schließlich nicht? Er war immerhin ein gebildeter Mensch und wußte sich zu benehmen. Auch vertrödelte er seine Abende nicht an den Spieltischen im City Hotel. Und Shiny Gulch – wo immer das liegen mochte – konnte nicht viel schlimmer sein als manche Grenzposten, wo Alex und Eva gelebt hatten. Wenn es Ted und Kendra gar zu wüst wurde, konnten sie ja immer noch woanders hingehen. Bevor die Cynthia New York verließ, hatte der Kongreß einen Vertrag über regelmäßige Dampferlinien an der atlantischen und pazifischen Küste gebilligt; eine Eisenbahn sollte den Isthmus von Panama überqueren. Bald würde es ein leichtes sein, nach Hause zu fahren.
Tatsache
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