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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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er nahm jedoch an, die drei Personen reisten zusammen, da es für eine unverheiratete Frau kaum schicklich war, ohne Anstandsdame so weit zu fahren. Hier fiel ihm Kendra ins Wort: »Wenn Captain Pollock glaubte, er verhalte sich ›schicklich‹, hätte er auch nichts ›annehmen‹ dürfen.«
    »Ich vielleicht auch nicht«, versetzte Loren, »aber ich hatte so viel mit der Fracht zu tun, daß ich nicht genug Zeit für die Passagiere fand. Als Marny an Bord kam, prüfte ich ihr Ticket, führte sie in ihre Kabine und dachte nicht weiter an sie.«
    »Sie haben sie also nicht wiedererkannt?«
    »Wie denn das?! Ich hatte sie doch noch nie gesehen.«
    »Sie waren nie im Spielsalon gewesen?«
    »Nie. Ich will nicht behaupten, daß ich ein besonders rechtschaffener Mensch bin, aber ich verschwende mein Geld nicht gern auf diese Art. Als der Captain sie jedoch zu Gesicht bekam, wollte er mir einfach nicht glauben, daß ich nicht gewußt habe, wer sie ist.«
    »Wann hat er sie gesehen?« fragte Kendra.
    Erst am nächsten Tag, denn Marny war abends nicht bei Tisch erschienen. Das überraschte niemanden, denn viele Passagiere hatten bei der ersten und zweiten Mahlzeit keinen Appetit. Als Pollock sie schließlich sah – sie spazierte gerade auf dem Achterdeck herum –, befand sich das Schiff bereits auf hoher See. Pollock war in seine Kajüte gestürzt und hatte Loren zu sich beordert.
    »Er war außer sich. Ich konnte ihn nicht davon überzeugen, daß ich genauso erstaunt war wie er. Und wissen Sie was: Marny konnte einen tatsächlich verwirren. Man hatte mir erzählt, sie sei eine Sirene, bei deren Anblick die Männer den Kopf verlören. Aber diese Miß Randolph sah wie eine vollkommende Dame aus und sprach auch so. Nicht einmal bei einer Teegesellschaft in einem Gemeindehaus hätte sie Aufsehen erregt.«
    Kendra dachte an Marnys Meinung über Teegesellschaften in Gemeindehäusern und war verdattert.
    Loren erzählte, Pollock habe Marny kommen lassen, um sich zu erkundigen, wie sie es habe wagen können, sein Schiff zu betreten.
    »Was hat sie geantwortet?«
    »Sie hat wie ein Feldwebel zu ihm gesprochen, also durchaus nicht damenhaft. Marny hat – nun, Sie würden wohl sagen: zwei Gesichter.«
    »Was sollte Captain Pollock machen? Er konnte sie ja nicht gut wie Jonas über Bord werfen und hoffen, ein Wal schwimme zufällig vorbei.«
    »Nein, aber er hat gedroht, nach Honolulu zurückzusegeln und sie an Land zu setzen. Daraufhin hat sie ihm gesagt, wenn er das täte, würde sie ihn vors Gericht schleifen, und dann liege seine kostbare Cynthia ein halbes Jahr im Hafen fest. Schließlich habe sie ihre Fahrkarte bezahlt, und somit habe er einen Vertrag geschlossen, der ihn verpflichte, sie nach San Francisco zu bringen. Und damit hatte sie natürlich recht.«
    »Und was geschah dann?« wollte Kendra wissen.
    »Dann hatten wir zehn Tage lang bei schönstem Wetter eine prächtige Fahrt. Marny verbrachte den größten Teil ihrer Zeit auf dem Achterdeck. Bei den Mahlzeiten war sie freundlich. Alles ging gut, und dennoch herrschte eine gespannte Atmosphäre an Bord. Man könnte beinahe sagen, Captain Pollock habe gewußt, daß sich etwas ereignen würde. Und wenn der Kapitän unsicher ist, sind es alle andern auch.«
    Kendra nickte. Sie erinnerte sich, wie an Kap Horn das Selbstvertrauen des Kapitäns auch sie beruhigt hatte. Gewiß verhielt es sich im umgekehrten Falle genauso.
    »Und dann, elf Tage nach unserer Abfahrt in Honolulu, brach der Sturm los. Dieser Sturm war wirklich eine böse Überraschung. Wir schafften es, als aber der Sturm abflaute und wir wieder auf Kurs gehen konnten – Kendra, von da an glich Captain Pollock einem Mann, der von Dämonen besessen ist. An dem Sturm war Marny schuld, und ich war daran schuld, weil ich sie an Bord gelassen hatte, und Mr. Galloway war schuld, weil er das Ticket für sie gekauft hatte.«
    »Was hat denn Mr. Galloway dazu gesagt?«
    »Er war verdutzt. Er war Captain Pollock schon in Marnys Spielsalon begegnet und konnte absolut nicht einsehen, wieso Marnys Gegenwart etwas mit dem Sturm zu tun haben sollte. Doch am schlimmsten tobte Captain Pollock gegen Marny selbst.«
    »Wie hat sie das alles aufgenommen?«
    »Sie hat ihn ausgelacht.«
    »Ins Gesicht hinein?«
    Loren nickte. »Sie hat ihm gesagt, er sei der größte Narr, der ihr jemals über den Weg gelaufen sei.«
    Kendra dachte einen Augenblick nach. Sich über den Kapitän lustig machen, war wohl nicht sehr klug gewesen.

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