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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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Ich wollte jedoch nicht, daß sie ständig meinetwegen in Verlegenheit gerieten. Also beschloß ich, weiterzuziehen. Norman wollte mich mit nach New Orleans nehmen, aber ich dachte mir: Besser gehst du noch weiter fort. Ich hatte wirklich nichts gegen meine Familie. Sie taten mir leid, weil sie ihre Köpfe zwischen Mottenkugeln vergruben. Ich glaubte, der größte Gefallen, den ich ihnen erweisen könne, sei der, das Land überhaupt zu verlassen und aus ihrem Leben ein für allemal zu verschwinden. Und jetzt bin ich hier.«
    Marny blickte sich in der Runde um.
    »Meine Freunde, ich bin oberflächlich und leichtsinnig, und mein Charakter ist wahrscheinlich keinen Cent wert, aber ich freue mich meines Lebens, und ich habe euch alle gern. Ich habe euch viel lieber als diese Leute, die ich in den Hörsälen kennengelernt habe. Und ich hoffe, ihr habt mich auch ein bißchen gern.«
    »Jawohl«, beteuerte Pocket mit Nachdruck, »ich habe Sie gern.«
    »Ich habe Sie auch gern«, erklärte Ted.
    Kendra sagte eine Zeitlang nichts, dann sagte sie nachdenklich:
    »Marny, ich habe Sie viel lieber, als wenn Sie das schlecht behandelte Mädchen wären, für das ich Sie gehalten habe. Sie wußten, was Sie wollten, und Sie haben Ihren Kopf durchgesetzt. Ich kann Halbheiten nicht leiden. Ich schätze Menschen, die Courage haben.«
    »Vielen Dank, meine Liebe«, entgegnete Marny. »Wenn Sie ›Mumm‹ meinen, warum sagen Sie's dann nicht?«
    »Also Mumm«, sagte Kendra.

14
    Am 2. Mai, eine Woche nach dem Verlassen von San Francisco, sahen sie zwischen Bäumen und Weinreben den Sacramento River aufblitzen. Die Moskitos schwärmten so wütend durch die Luft, daß sie wünschten, niemals etwas von Gold gehört zu haben. Auch aus diesem Grunde hatte Ning nicht per Schiff reisen wollen: Er wußte, daß die Moskitos im Frühling am Sacramento eine schlimmere Plage waren als alle Abs und desertierten Matrosen zusammen.
    Hier, am Flußufer, erlebte Ning die erste Überraschung. Mr. Sutter besaß ein Kanu, mit dem Besucher übersetzen konnten, aber Ning hatte seinen Leuten gesagt, sie würden Bäume fällen und ein Floß bauen müssen, um die Wagen aufs andere Ufer zu bringen. Kaum hatten sie jedoch mit dem Abladen ihrer Werkzeuge begonnen, als sie Rufe vom Wasser vernahmen und ein Floß auf sich zutreiben sahen, das mit Schiffsstangen entlang einer Trosse bewegt wurde. Auf dem Floß saßen zwei robuste bärtige Männer, die flußaufwärts deuteten. Ning fand alsbald die Stelle, wo sie die Trosse befestigt hatten.
    Die beiden sprangen an Land. Während sie die Moskitoschwärme abwehrten, nannten sie ihre Namen: Bates und Cunningham, Mormonen aus New York. Auch sie wollten Gold suchen. Da ihnen jedoch das Geld fehlte, um Vorräte zu kaufen, hatten sie beschlossen, es sich dadurch zu verdienen, daß sie andere Goldsucher über den Fluß brachten.
    »Eine gute Idee«, meinte Ning. »Wir werden die Wagen wohl entladen müssen?«
    »Ja«, stimmte Bates zu, »sie sind zu schwer.«
    Die Männer machten sich an die Arbeit, und Ning wandte sich Kendra zu:
    »Ich werde Sie und Marny als erste fahren lassen, zusammen mit einem der Schwarzbärte, der Wache hält. Sie können dann schon zu kochen anfangen. Aber lassen Sie sich nur ja keine Bohne stibitzen.«
    Plötzlich kam ein scharfer Wind aus Norden und trieb die Moskitos den Fluß hinab. Mit der einen Hand raffte Kendra vorsichtig ihr Kleid, mit der andern stützte sie sich auf Cunninghams Ellbogen, und so stieg sie auf das Floß. Die Überfahrt ging zwar ziemlich schwankend vor sich, aber sie dauerte nicht lange. Als sie drüben wieder Land betrat, fühlte sie ihr Herz aufgeregt pochen. Etwa drei Meilen entfernt sah sie das berühmteste Gebäude von ganz Kalifornien, Sutters Fort. Und zu ihrer Begrüßung nahten einige Reiter, die angeführt wurden von dem großen Johann August Sutter in Person: der phantastischsten Erscheinung, die jemals über die Rocky Mountains gekommen ist.
    Sutter war fünfundvierzig Jahre alt und ein Mann von geradezu stürmischem Charme. Er hatte einen schönen lockigen Bart und dichtes dunkles Haar über der kahl werdenden Stirn. Seine Kleidung war imponierend: Er trug einen schwarzen Anzug und ein weißes Leinenhemd mit einer kunstvoll geschlungenen blauen Seidenkrawatte, sowie glänzende Stiefel und eine schwere Goldkette vor dem Leib. Ein kraftvoller Mensch, herzlich gegenüber Männern, höflich gegenüber Frauen, roch Sutter meist nach Brandy, und er hörte sich gerne

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