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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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einmal in gesegneten Umständen befand.«
    Marny machte eine Pause. Kendra und Ted lachten. Pocket erklärte:
    »Und das waren Sie.«
    »Jawohl, das war ich, Pocket. Ich habe schon Schwierigkeiten gemacht, bevor ich überhaupt da war.«
    Nachdem sie einen Schluck Brandy getrunken hatte, berichtete Marny weiter:
    »Meine Mutter war hoch in den Vierzigern. Sie war nicht nur entsetzt, sie war auch auf das peinlichste berührt. So war diese Familie nun mal. Keine ehrbare Frau kriegt in diesem Alter noch ein Kind. Aber ich kam zur Welt, und sie gaben sich Mühe, das beste aus mir zu machen. Freilich mußten sie schon bald erkennen, daß ich wie eine Biene in ihrem geordneten Dasein herumschwirrte.«
    Marny seufzte.
    »Ich war nicht kränklich, ich war nicht dumm, ich war nicht übellaunig. Aber ich war anders als sie. Nicht nur, daß sonst keiner in der Familie rotes Haar und grüne Augen hatte; niemand legte ein so leichtfertiges Verhalten an den Tag wie ich. In einem fort rumorte ich durchs Haus, in einem fort hatte ich etwas zum Kichern. Sie konnten das einfach nicht fassen. Soll ich weiter erzählen?«
    »Ja, ich bin aufs höchste interessiert«, sagte Ted. Kendra und Pocket waren ebenfalls aufs höchste interessiert. Marny lachte in der Erinnerung auf. Was für ein schönes Lachen! dachte Kendra. Man konnte eine Blume sehen, und man konnte an ihr riechen; wenn man eine Blume auch noch hören könnte, dann würde sie ungefähr so klingen wie Marnys Lachen, sagte sich Kendra.
    »Eines Tages, als ich noch ganz klein war, rannte ich mit schmutzigen Händen ins Haus und beschmierte ein Buch mit Anstandsregeln, das auf einem Tisch lag. Es gehörte meiner großen Schwester, die heiraten wollte, und zwar streng nach der Etikette mit allem Drum und Dran. Ich wußte natürlich nicht, was für eine Bewandtnis es mit diesem Buch hatte, aber sie sagten mir, ich hätte geradezu einen Instinkt dafür, über solche Sachen herzufallen. Anscheinend war ich von einem schlimmen Dämon besessen.
    Ein andermal fand ich ein Tablett mit gefüllten Rotweingläsern. Der Wein sah so schön aus und roch so gut, daß ich ihn unbedingt kosten mußte. Er schmeckte mir. Er schmeckte mir besser als Marmelade. Dieser Meinung bin ich übrigens heute noch. Als mein erwachsener Bruder Ovid hereinkam, um das Tablett für die Gäste zu holen, entdeckte er, daß die Hälfte der Gläser leer war und ich im Zimmer herumhopste und sang und so blau war wie ein Veilchen. Damals war ich vier. Ich hielt das für einen herrlichen Jux, aber mein Bruder war anderer Ansicht.«
    Marny seufzte abermals.
    »Nicht lange danach fiel mir ein Paket Spielkarten in die Hand. Die Karten begeisterten mich. Es machte mir Spaß, sie auseinanderzubreiten. Natürlich wußte ich damals noch gar nicht, was sie bedeuteten. Doch nach einer Weile schloß ich Freundschaft mit einem Jungen, dessen Vater Hausmeister der Universität war. Meine Schwester Doris überraschte uns, als wir auf der Hintertreppe um Pennies spielten. Der Familienrat beschloß, von nun an müsse eine Gouvernante über mich wachen.
    Ich hatte verschiedene Gouvernanten. Eine gab der nächsten die Klinke in die Hand. Die armen Dinger hielten es nicht bei mir aus. Sie versuchten mich zu ändern, aber ich war nicht zu ändern. Dann schickte die Familie mich in ein Internat. Meine Aufgaben machte ich gut, ich bin nicht auf den Kopf gefallen, und das Lernen fand ich sogar spaßig. Doch, das ist wahr. Aber eines Abends erwischte man mich auf einem Balkon, wo mich der Gärtnerssohn küßte. Da haben sie mich wieder heimgeschickt.
    Neue Schulen, neue Blamagen. Ich konnte die Finger weder von den Karten noch von den hübschen Männern lassen. Meine Eltern kamen bei einem Schiffsunglück um, aber meine Brüder und Schwestern und Tanten und Onkel und Kusinen plagten sich allesamt mit der Aufgabe ab, mich auf die rechte Bahn zu führen. Ich wollte nicht auf die rechte Bahn geführt werden, aber ich wollte die braven Leutchen auch nicht länger ärgern. Mein Vater hatte mir etwas vererbt, und mit diesem Geld verließ ich Philadelphia.«
    »Und gingen nach Honolulu?« wollte Ted wissen.
    »Nicht sofort. Ich ging nach New York. Ich hatte keine Mühe, Arbeit zu finden. Ich habe ein Talent fürs Kartenspiel. Ich hielt in Norman Lamonts Spielsalon die Bank. Aber New York lag zu nahe bei Philadelphia. Es bestand die Gefahr, daß Männer, die meine Familie kannten, mich bloßstellen würden und damit zugleich auch meine Verwandtschaft.

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