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Alles Gold Der Erde

Titel: Alles Gold Der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gwen Bristow
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aber jetzt war sie hungrig. Sie stand auf und verließ das Gehölz. In der Schlucht arbeiteten noch ein paar Männer, die meisten saßen jedoch an ihren Feuern. Als sie näher kam, hoben einige grüßend die Hand. Kendra winkte zurück. Es tat wohl, zu wissen, daß man Freunde hatte, mochten es auch nur Zufallsfreunde sein.
    An ihrer Kochstelle machte sich Hiram zu schaffen. Er hatte Rindfleischstücke auf einen Spieß gesteckt und ihn über das Feuer gelegt. Ab und zu drehte er den Spieß, damit das Fleisch auf allen Seiten schmoren konnte. Daneben dampfte der Kaffeekessel. Als er sie sah, lief Hiram ihr entgegen.
    »Wie geht's?« erkundigte er sich herzlich. »Haben Sie etwas gegessen?«
    Gott sei Dank, dachte sie, er fängt nicht gleich über Ted zu reden an.
    »Nein, ich bin am Verhungern.«
    »Das Fleisch ist noch nicht gar, aber der Kaffee ist schon soweit. Kommen Sie, und trinken Sie eine Tasse.«
    Kendra setzte sich auf die Erde, und er goß ihr ein. Langsam regten sich ihre Lebensgeister, als sie den Kaffee schlürfte. Nachdem er das Fleisch wieder einmal gewendet hatte, kauerte sich Hiram neben sie. Er strotzte vor Lebenskraft mit seinen Muskeln, seinem dichten Haar und seinem rostfarbenen Bart. Kendra hatte ihn noch nie in einer Wohnung gesehen. Er paßte anscheinend gar nicht in Häuser. Mit seiner Größe und Energie würde er vermutlich jeden Raum geradezu schrumpfen lassen, sobald er ihn betrat.
    Am Rand der Schlucht sah sie Ning am Schwingtor. Pocket schüttete Wasser hinein. Es war schwer für sie, nur zu zweit am Schüttler zu arbeiten. Hiram drehte sich um und schrie ihnen zu, sie sollten nach diesem Ausspülen kommen, denn das Fleisch sei gleich gar. Kendra fragte sich, wo Ted sein mochte. Sie mußte das erfahren. Am besten sofort.
    Sie stellte ihre leere Tasse ab, sog die Luft tief ein und begann:
    »Hiram, ich muß das irgendwie hinter mich bringen. Wo ist denn Ted?«
    Hiram blickte sie scharf an. In seinem Gesicht malte sich Erstaunen, als er antwortete:
    »Aber Kendra, Ted ist doch fort.«
    »Fort?« wiederholte sie tonlos. Sie hatte nicht geglaubt, daß er sich heimlich in die Büsche schlagen und sie allein in diesem Lager voll fremder Männer ohne jede Vorkehrung für ihre Sicherheit zurücklassen würde. Sie starrte Hiram an. Er hatte seine dichten Brauen verblüfft zusammengezogen. Nach einer Weile fragte er fassungslos:
    »Kendra, wollen Sie damit sagen, daß Sie das nicht gewußt haben?«
    »Ich habe es nicht gewußt.«
    »Wir waren erstaunt, Ning, Pocket und ich«, erklärte Hiram. »Wir haben uns gefragt, welche Pläne ihr beiden wohl habt, aber er wollte nicht darüber sprechen, deshalb sind wir nicht weiter in ihn gedrungen.«
    »Wann ist er gegangen?«
    »Heute früh. Er will sich ein anderes Lager suchen, hat aber nicht gesagt, welches. Er hat sein Reitpferd und zwei Packpferde samt Vorräten mitgenommen. Ein Glück, daß wir genug von allem aus dem Fort haben. Er hat einen Beutel Gold für Sie dagelassen. Ning soll ihn für Sie aufbewahren.« Hiram schien entsetzt zu sein. »Kendra, wie konnten wir ahnen, daß Sie das nicht wußten!«
    Kendra sagte nochmals:
    »Ich habe es nicht gewußt.«
    Ihre Stimme klang hart und spröde. Sie spürte, daß ihre Lippen sich zu einem dünnen Lächeln verzogen. Sicher war es kein schönes Lächeln.
    »Sie haben keine Pläne gemacht?« fragte Hiram noch immer ungläubig.
    Kendra verneinte. Als müsse er jetzt unbedingt etwas tun, stand Hiram auf und drehte am Fleischspieß.
    Weshalb, um alles in der Welt, war sie auch nur eine Minute lang überrascht gewesen? Sie hatten in der Tat keinen Plan gemacht. Aber nun wurde sie wiederum daran gemahnt, daß Ted niemals etwas plante. Er hatte nicht überlegt, was aus Della wurde, wenn er sie verließ. Ebensowenig hatte er überlegt, was aus ihr selber wurde. Wie sie in einem Goldgräberlager ohne Beschützer leben, wie sie zurück nach Sutters Fort und von dort nach San Francisco kommen sollte – er hatte an gar nichts gedacht.
    Ted hatte sich nicht im geringsten geändert. Er war wieder einmal davongelaufen.

23
    Am Nachmittag mußte Kendra die Erfahrung machen, daß ihr Privatleben nicht ihr allein gehörte. Nachdem sie mit den Männern gegessen hatte, war ihr ein wenig heiterer zumute geworden, und sie hatte gesagt, nun werde sie das Geschirr spülen. Als sie damit fertig war und sich im Schatten ein wenig ausruhte, sah sie Lolo, die ihr schwarzes Haar mit einer Schleife zusammengebunden hatte und

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