Alles Gold Der Erde
eine Last, Kendra«, entgegnete Marny ruhig. »Gut, das wäre also geregelt. Lulu und Lolo brauchen demnach nur noch für die Schwarzbärte zu kochen.«
Plötzlich fiel Kendra etwas ein. »Aber was ist denn mit Delbert?«
Marny verließ die Bar und setzte sich auf einen der ehemaligen Schweinefleischbottiche. »Kendra, Sie sind nicht die einzige, die vom Glück an der Nase herumgeführt wurde.«
»Was meinen Sie damit?«
»Mich hat man gleichfalls sitzenlassen, meine Liebe. Wie Strandgut liege ich da. Weggeworfen wie ein alter Schuh.«
Kendra schnappte nach Luft, als sie begriff:
Jener Abend, da sie mit Pocket ins Zelt gekommen war, da sie das Gerede dieses Ellet an der Bar gehört hatte. Die Miene Delberts, der lauschte. Dieser häßliche, gierige Zug im Gesicht, der jenen glich, die sie an ihrem ersten Tag von den Strolchen beim Anlandgehen in San Francisco hatte ertragen müssen. Sie fragte:
»Der große Klumpen?«
»Richtig«, antwortete Marny.
»Wann hat er es Ihnen gesagt?«
»Gestern abend.«
Marnys Haltung verblüffte Kendra. Sie schien dies hinzunehmen, wie sie einen Wetterwechsel hingenommen hätte. »Geht er allein fort?« fragte Kendra.
»Nein. Anscheinend hat er von diesem großen Klumpen geträumt, seit er zum erstenmal von ihm hörte, aber er war noch nicht überzeugt, daß es ihn tatsächlich geben werde. Dann hat er in Sutters Fort drei Männer getroffen, die sich für eine Erkundungsreise ausrüsteten. Gewiefte Burschen, meinte er. Sie sind sicher, daß es den großen Klumpen gibt und daß irgend jemand ihn finden wird. Warum sollten nicht sie die Glücklichen sein? Delbert hatte eine Menge Goldstaub bei sich, so daß er seinen Anteil kaufen konnte. Sie waren froh, daß er mit von der Partie ist.«
»Waren diese Männer bei denen, die gestern hier eingetroffen sind?«
»Ja. Und jetzt sind sie dabei, abzuhauen.«
»Aber was werden Sie denn mit alldem da machen?« Kendra hob einen Arm und schwenkte ihn herum.
»Wir werden teilen, und ich mache hier weiter.«
»Wollen die Schwarzbärte mit ihm gehen?«
»Nein. Gott sei Dank nicht. Das sind vorsichtige Yankees. Die glauben an keinen großen Klumpen.«
Kendra schlug ärgerlich mit der Faust an die Bar. »Wie können Sie bloß so ruhig bleiben! Nach all der Zeit, die Sie und Delbert zusammen waren – machen Sie sich denn gar keine Gedanken?«
»Natürlich mache ich mir Gedanken, Kendra. Wir haben in Honolulu zusammen gearbeitet, wir sind zusammen nach Kalifornien gekommen. Wir waren Partner. Ich habe ihn nie auch nur um einen Penny betrogen. Und jetzt läßt er mich in dieser Wildnis mit dem Betrieb allein – und das, ohne mir vorher Bescheid zu geben. Ich halte ihn für einen vollkommenen Schweinehund.«
»Würden sie ihm nicht gern das Genick brechen?«
»Aber ja, doch was soll ich mich weiter ärgern?« Marny saß noch immer auf einem Schweinefleischbottich. Jetzt stützte sie ihre Ellbogen auf die Knie und nahm ihr Kinn in ihre schmalen kräftigen Hände. »Ich vermute, er kann eben nicht aus seiner Haut heraus.«
In verwundertem Ton fragte Kendra:
»Marny, waren Sie eigentlich jemals verliebt?«
»O ja, oft«, antwortete Marny. »Aber nie wirklich.«
Kendra schwieg. Dazu hatte sie nichts zu sagen.
Delbert und seine neuen Partner ritten also los, um den großen Klumpen zu suchen. Kendra kochte wie bisher, und Marny nahm an ihren Mahlzeiten teil. Mrs. Posey klatschte.
Ted war seit einer Woche fort, als Hester Larch und Sue Gibson zu Kendra kamen, die gerade in Streifen geschnittenes Rindfleisch in Wasser einweichte, ehe sie sich ans Kochen machte. Hester und Sue trugen Körbe mit nassen Kleidern, die sie zum Trocknen aufhängen wollten. Als Kendra aufschaute, sprach Hester sie an:
»Wir wollen Sie nur wissen lassen, wie leid uns das tut.«
»Edith Posey hat es uns erzählt«, fügte Sue an. »Schätzchen, wenn wir Ihnen irgendwie behilflich sein können, sagen Sie's uns nur.«
Kendra bemühte sich, gelassen zu sprechen. »Ich danke Ihnen. Aber ich möchte lieber nicht darüber reden.«
»Natürlich nicht«, warf Hester ein. Sie lächelte und steckte ein paar Locken unter ihren Sonnenhut. »Und schenken Sie dem Geschwätz irgendwelcher Leute bloß keine Aufmerksamkeit«, fuhr sie freundlich fort. »Wir wissen, daß Sie nichts Falsches gemacht haben.«
Sie meinen es gut. Als Kendra ihnen jedoch beim Aufhängen ihrer Wäsche zusah, zitterte sie vor Wut auf Mrs. Posey.
Am nächsten Sonntag, als Hiram und Pocket ihre
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