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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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beobachtete mein rechtes Auge. »Es war nett von Vater, dass er mich geschlagen hat«, sagte ich. Ich nahm ihm die Taschen ab, und wir gingen zum Wagen.
    »Hat die Zugfahrt Sie erfreut?«, fragte ich ihn. »Mein Gott«, sagte er, »sechsundzwanzig Stunden - zum Mäusemelken!« Das müssen amerikanische Riesenmäuse sein, dachte ich. »Konnten Sie Schnarcher machen?«, fragte ich. »Was?« »Konnten Sie ein paar Schnarcher machen?« »Ich verstehe nicht.« »Ruhen.« »Was?« »Haben Sie geruht?« »Oh. Nein«, sagte er, »ich hab kein bisschen geruht.« »Was?« »Ich... hab... kein... bisschen... geruht.« »Und die Wächter an der Grenze?« »Da war nichts«, sagte er. »Ich war vor ihnen gewarnt worden, dass sie es mir schwer machen würden und so weiter. Aber sie kamen bloß rein, sahen sich meinen Pass an und ließen mich dann wieder in Ruhe.« »Was?« »Ich hatte gehört, dass es Probleme geben könnte, aber es gab keine Probleme.« »Sie hatten von ihnen gehört?« »Ja, ich hatte gehört, dass sie verdammte Arschlöcher sind.« Verdammte Arschlöcher. Ich schrieb das in meinen Kopf.
    In Wirklichkeit war ich gestört, dass der Held keine Streitigkeiten und Strapazen mit den Wächtern hatte. Sie haben die unappetitliche Angewohnheit, den Leuten im Zug Dinge abzunehmen, ohne sie zu fragen. Vater ist mal nach Prag gefahren - das war ein Teil von seinem Schuften bei Heritage Touring - , und während er ruhte, nahmen die Wächter viele erstklassige Dinge aus seiner Tasche, was schrecklich ist, denn er hat nicht viele erstklassige Dinge. (Es ist so seltsam, dass jemand Vater ein Unrecht tut. Meistens denke ich, dass die Rollen unbeweglich sind.) Ich habe auch Informationen über Geschichten von Leuten, die den Wächtern Geld schenken mussten, um ihre Dokumente zurückzubekommen. Für Amerikaner kann es entweder am besten oder am schlimmsten sein. Am besten ist es, wenn der Wächter Amerika liebt und bei dem Amerikaner Aufsehen erregen will, indem er ein erstklassiger Wächter ist. Er denkt, dass er den Amerikaner eines Tages in Amerika wieder trifft und dass der Amerikaner ihn dann zum Spiel der Chicago Bulls mitnimmt und ihm Blue Jeans und weißes Brot und Klopapier kauft. So ein Wächter träumt davon, dass er Englisch spricht, ohne einen Akzent zu haben, und dass er eine Frau mit einem unverbesserlichen Busen hat. Und er wird zugestehen, dass er es nicht liebt zu leben, wo er lebt.
    Die andere Art von Wächter liebt Amerika auch, aber er hasst den Amerikaner, weil er ein Amerikaner ist. Das ist am schlimmsten. Dieser Mann weiß, dass er nie nach Amerika geht, und er weiß, dass er den Amerikaner nie wieder trifft. Er stiehlt von dem Amerikaner und macht ihm Angst, nur um zu zeigen, dass er das kann. Es ist die einzige Gelegenheit in seinem Leben, wo die Ukraine mehr ist als Amerika und wo er selbst mehr ist als ein Amerikaner. Das hat Vater mir gesagt, und ich bin sicher, dass es vertrauenswürdig ist.
    Als wir am Wagen ankamen, saß Großvater geduldig darin herum, wie Vater es ihm befohlen hatte. Er war sehr geduldig. Er schnarchte. Er schnarchte so stark, dass der Held und ich ihn hören konnten, obwohl die Fenster erhoben waren. Es klang, als wäre der Wagen in Betrieb. »Das ist unser Fahrer«, sagte ich. »Er ist ein Spezialist im Fahren.« Ich beobachtete, dass das Lächeln des Helden erschüttert war. Es war das zweite Mal in vier Minuten. »Ist er irgendwie krank?«, fragte er. »Was?«, sagte ich. »Ich kann Sie nicht so gut verstehen. Sprechen Sie bitte mehr langsamer.« Es könnte sein, dass ich für den Helden ein bisschen unfähig war. »Ist... der... Fahrer... gesund?« »Mit Sicherheit«, sagte ich. »Ich kann Ihnen sagen, dass ich sehr vertraut mit diesem Fahrer bin. Er ist Großvater.« In diesem Moment machte sich Sammy Davis jr. jr. aufmerksam, denn sie sprang vom Rücksitz auf und bellte stark. »Gott im Himmel«, sagte der Held voll Schrecken und entfernte sich vom Wagen. »Seien Sie nicht beängstigt«, mahnte ich, während Sammy Davis jr. jr. ihren Kopf gegen das Fenster stieß. »Das ist nur die Blindenhündin des Fahrers.« Ich zeigte auf das Hemd, das sie trug, aber sie hatte die Mehrheit davon gekaut, sodass dort nur noch stand: amtliche Hündin . »Sie ist verrückt«, sagte ich, »aber so sehr verspielt.«
    »Großvater«, sagte ich und bewegte seinen Arm, um ihn wach zu machen. »Großvater, er ist hier.« Großvater drehte den Kopf hierhin und dorthin. »Er kann immer ruhen«,

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