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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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»Sie ließen uns in Reihen aufstellen«, sagte sie. »Sie hatten Listen. Sie waren logisch.« Während Augustine redete, übersetzte ich für den Helden. »Sie verbrannten die Synagoge.« »Sie verbrannten die Synagoge.« »Das war das Erste, was sie taten.« »Das war das Erste.« »Dann ließen sie alle Männer in Reihen aufstellen.« Sie können sich nicht vorstellen, wie es war, diese Dinge zu hören und sie dann zu wiederholen, denn wenn ich sie wiederholte, fühlte ich mich, als ob ich sie erneuern würde. »Und dann?«, fragte Großvater. »Es war in der Mitte der Stadt. Da«, sagte sie und zeigte mit dem Finger in die Dunkelheit. »Sie entrollten die Thora vor ihnen. Eine schreckliche Sache. Mein Vater befahl uns, jedes Buch zu küssen, das den Boden berührt hatte. Kochbücher. Kinderbücher. Kriminalbücher. Theaterspiele. Unterhaltungsbücher. Sogar leere Tagebücher. Der General ging zu den Männern und sagte jedem, dass er auf die Thora spucken soll, oder er würde ihre Familien töten.« »Das ist nicht wahr«, sagte Großvater. »Es ist wahr«, sagte Augustine, und sie weinte nicht, was mich sehr erstaunte, aber jetzt verstehe ich, dass sie für ihre Melancholie Orte gefunden hatte, die hinter mehr Masken als nur ihren Augen lagen. »Der erste Mann war Josef, der Schuhmacher. Der Mann mit der Narbe im Gesicht sagte: Spuck! und hielt eine Pistole an Rebekkas Kopf. Sie war Josefs Tochter und eine gute Freundin von mir. Da drüben haben wir immer Karten gespielt«, sagte sie und zeigte in die Dunkelheit, »und wir haben uns Geheimnisse erzählt von Jungen, in die wir verliebt waren und die wir heiraten wollten.« »Hat er gespuckt?«, fragte Großvater. »Er hat gespuckt. Und dann sagte der General: Tritt drauf!« »Hat er das getan?« »Er hat es getan.« »Er ist draufgetreten«, sagte ich zu dem Helden. »Dann ging der General zum Nächsten. Das war Izzie. Er hat mir Malen beigebracht, in seinem Haus, da drüben«, sagte sie und zeigte mit dem Finger in die Dunkelheit. »Wir blieben lange auf und malten und lachten. An manchen Abenden tanzten wir zu Vaters Platten. Er war ein Freund, und als seine Frau ein Kind bekam, habe ich es bekümmert, als ob es mein eigenes wäre. Spuck!, sagte der Mann mit den blauen Augen und steckte die Pistole in den Mund von Izzies Frau, so«, sagte sie und steckte den Finger in den Mund. »Hat er gespuckt?«, fragte Großvater. »Er hat gespuckt.« »Er hat gespuckt«, sagte ich zu dem Helden. »Und dann sagte der General, er soll die Thora verfluchen, und diesmal steckte er die Pistole in den Mund von Izzies Sohn.« »Hat er sie verflucht?« »Er hat sie verflucht. Und dann sagte der General, er soll die Thora zerreißen.« »Hat er sie zerrissen?« »Er hat sie zerrissen. Und dann kam der General zu meinem Vater.« Es war nicht zu dunkel, dass ch nicht sehen konnte, wie Großvater die Augen schloss. »Spuck!«, sagte er. »Hat er gespuckt?« »Nein«, sagte sie, und sie sagte nein, als ob es ein Wort aus irgendeiner anderen Geschichte war und nicht so viel Gewicht hatte wie in dieser. »Spuck, sagte der General mit dem blonden Haar.« »Und er hat nicht gespuckt?« Sie sagte nicht nein, aber sie verdrehte den Kopf von hier nach dort. »Er steckte sie in den Mund meiner Mutter und sagte: Spuck, sonst...!« »Er hat sie in den Mund ihrer Mutter gesteckt.« »Nein«, sagte der Held ohne Lautstärke. »Ich töte sie hier auf der Stelle, wenn du nicht spuckst, sagte der General, aber er spuckte nicht.« »Und?«, fragte Großvater. »Und er hat sie getötet.« Ich sage Ihnen, diese Geschichte war darum so unheimlich, weil sie so schnell war. Ich meine nicht das, was in der Geschichte passiert, sondern wie sie erzählt wurde. Ich hatte das Gefühl, dass sie nicht mehr angehalten werden konnte. »Das ist nicht wahr«, sagte Großvater, aber nur zu sich selbst. »Dann steckte der General die Pistole in den Mund meiner Schwester, die vier Jahre alt war. Sie weinte sehr. Ich erinnere mich. Spuck, sagte er, spuck, sonst...!« »Und hat er gespuckt?«, fragte Großvater. »Nein«, sagte sie. »Er hat nicht gespuckt«, sagte ich zu dem Helden. »Warum hat er nicht gespuckt?« »Und der General erschoss meine Schwester. Ich konnte sie nicht ansehen, aber ich erinnere mich an das Geräusch, das sie machte, als sie auf den Boden fiel. Noch heute höre ich das Geräusch, wenn etwas auf den Boden fällt. Irgendetwas.« Wenn ich könnte, würde ich machen, dass nie mehr etwas auf den

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