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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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kann.«
    Also fuhren wir fort, sie zu verfolgen. Wir verfolgten sie durch viele Felder und viele Wälder, die für den Wagen schwierig waren. Wir verfolgten sie über Straßen aus Steinen und auch über Erde und über Gras. Ich konnte hören, dass die Insekten anfingen anzukündigen, und dadurch wusste ich, dass ich Trachimbrod nicht im Hellen sehen würde. Wir verfolgten sie an drei Treppen vorbei, die sehr zerbrochen waren und früher einmal anscheinend in Häuser eingeführt hatten. Sie legte vor jeder Treppe die Hand auf das Gras. Es wurde mehr dunkel -dunkler? -, als wir sie auf Wegen verfolgten und auch da, wo keine Wege waren. »Es ist fast unmöglich, sie zu sehen«, sagte Großvater, und obwohl er blind ist, muss ich gestehen, dass es fast unmöglich war, sie zu sehen. Es war so dunkel, dass ich manchmal meine Augen kneifen musste, um das Weiß ihres Kleides zu sehen. Es war, als ob sie ein Gespenst wäre, das in und aus unseren Augen ging. »Wohin ist sie gegangen?«, fragte der Held. »Sie ist noch immer da«, sagte ich. »Siehst du?« Wir kamen an einem winzigen Ozean - einem See? -vorbei und auf ein kleines Feld, das gegen drei Seiten Bäume hatte und sich an der vierten Seite in die Ferne erstreckte, aus der ich Wasser hörte. Es war jetzt zu dunkel, um fast irgendetwas zu sehen.
    Wir verfolgten Augustine zu einer Stelle in der Nähe von der Mitte des Feldes, und sie blieb stehen. »Steig aus«, sagte Großvater. »Noch eine Unterbrechung.« Ich bewegte mich zum hinteren Sitz, damit Augustine sich auf den Schleudersitz setzen konnte. »Was ist los?«, fragte der Held. »Sie macht eine Unterbrechung.« »Noch eine?« »Sie ist eine sehr alte Frau.« »Sind Sie müde?«, fragte Großvater sie. »Nein«, sagte sie, »wir sind da.« »Sie sagt, wir sind da«, sagte ich zu dem Helden. »Was?« »Ich habe euch informiert, dass nichts da sein würde«, sagte sie. »Es ist alles zerstört worden.« »Was soll das heißen: Wir sind da?«, fragte der Held. »Sag ihm, das liegt daran, dass es so dunkel ist«, sagte Großvater, »und dass wir mehr sehen könnten, wenn es nicht so dunkel wäre.« »Es ist so dunkel«, sagte ich zu dem Helden. »Nein«, sagte sie, »das ist alles, was ihr sehen könnt. Es ist immer so wie jetzt, immer dunkel.«
    Ich beschwöre mich, Trachimbrod zu malen, damit Sie verstehen, warum wir so überwältigt waren. Da war nichts. Wenn ich sage »nichts«, dann meine ich nicht, dass da nichts war außer zwei Häusern, ein paar Bretter auf dem Boden, Glasstücke, Kinderspielzeug und Fotos. Wenn ich sage »nichts«, dann meine ich, dass da nichts von all diesen Dingen war und auch nichts anderes. »Wie?«, fragte der Held. »Wie?«, fragte ich Augustine. »Wie kann es hier jemals etwas gegeben haben?« »Es ging sehr schnell«, sagte sie, und für mich wäre das genug gewesen. Ich hätte keine andere Frage gemacht oder irgendetwas anderes gesagt, und ich glaube nicht, dass der Held es anders gemacht hätte. Aber Großvater sagte: »Erzählen Sie es ihm.« Augustine schob die Hände so weit in die Taschen ihres Kleides, dass es aussah, als ob sie unter ihren Ellbogen nichts hätte. »Erzählen Sie ihm, was passiert ist«, sagte er. »Ich weiß nicht alles.« »Dann erzählen Sie ihm, was Sie wissen.« Erst da verstand ich, dass »ihm« ich war. »Nein«, sagte sie. »Bitte«, sagte er. »Nein«, sagte sie. »Bitte.« »Es ging sehr schnell, musst du wissen. Man rannte und konnte nicht das bekümmern, was hinter einem war, sonst hätte man aufgehört zu rennen.« »Panzer?« »An einem Tag.« »An einem Tag?« »Manche flohen vorher.« »Bevor sie kamen?« »Ja.« »Aber Sie nicht.« »Nein.« »Sie hatten Glück, dass Sie überlebt haben.« Stille. »Nein.« Stille. »Ja.« Stille. Wir hätten dort aufhören können. Wir hätten Trachimbrod sehen und zum Wagen zurückkehren und Augustine nach Hause verfolgen können. Der Held hätte sagen können, dass er in Trachimbrod gewesen war, er hätte sogar sagen könne, dass er Augustine gefunden hatte, und Großvater und ich hätten sagen können, dass wir unsere Aufgabe vollfüllt hatten. Aber Großvater war damit nicht zufrieden. »Erzählen Sie es ihm«, sagte er. »Erzählen Sie ihm, was passiert ist.« Ich war nicht schamvoll, und ich war nicht geängstigt. Ich war gar nichts. Ich wollte bloß wissen, was als Nächstes passieren würde. (Damit meine ich nicht, was in Augustines Geschichte passieren würde, sondern zwischen Großvater und ihr.)

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