Alles kam ganz anders
meine Schritte beflügeln kann, dann ist es ein Versprechen auf Eisbecher mit Früchten! Also trennten wir uns. Ich merkte mir genau die Uhrzeit und wanderte zu meinem Elektrogeschäft. Ich hatte noch etwas zu erledigen: Ich wollte Mama ein ganz modernes Dampfbügeleisen zum Geburtstag schenken! Ich hatte monatelang etwas von meinem Taschengeld gespart und hoffte, daß es reichen würde.
Ich habe es gerade noch geschafft. Als ich das Bügeleisen bezahlt hatte, betrug mein Vermögen noch genau fünfunddreißig Pfennige!
Aber man braucht Zeit, um das richtige Bügeleisen zu finden. Jetzt mußte ich die Beine in die Hand nehmen, damit Grand-mère nicht auf mich warten mußte!
Ich rannte los mit den beiden schweren Einkaufstaschen und dem Paket vom Elektrogeschäft und war eine Minute vor der verabredeten Zeit an der Konditorei.
Weit und breit keine Grand-mère zu sehen. Ich stellte die Taschen neben mich an die Hauswand und wartete. Die Minuten vergingen, mein Eisbecherappetit wuchs.
Bald wuchs aber auch etwas anderes in meinem Inneren. Nämlich Angst. Es war Grand-mère gar nicht ähnlich, unpünktlich zu sein. Und sie hatte doch gesagt, daß das geheimnisvolle Geschäft, zu dem sie wollte, ganz in der Nähe war. Wir wären da vorbeigegangen.
Um Gottes willen – der Großstadtverkehr war ihr fremd, kannte sie sich aus mit den Verkehrsampeln? War sie bei „Rot“ über die Straße gegangen? Oder hatte sie sich ganz verlaufen?
Nach einer Viertelstunde war ich direkt verzweifelt. Oh, ich Schaf, warum hatte ich sie allein gehen lassen? Eine Einundachtzigjährige aus den Augen verlieren, in einer Stadt, die sie nicht kannte, in einem Land, dessen Sprache sie nicht beherrschte!
Nach zwanzig Minuten war ich kurz vor dem Heulen.
Aber… da! Da, um die nächste Ecke, erschien eine wohlbekannte Gestalt, sie winkte und lächelte, dann entdeckte ich, daß sie nicht allein war. Sie wurde von einer jungen Frau begleitet, die eine Sportkarre mit einem kleinen Kind (und einem Einkaufsbeutel mit dem Aufdruck „Ostasiatische Spezialitäten“) schob.
„Denk dir, ma petite!“ berichtete Grand-mère mit strahlenden Augen. „Ich habe mich doch verlaufen! Dann fragte ich einen Herrn nach dieser Konditorei, er sah wirklich so aus, daß man erwarten müßte, er verstünde Französisch – und er verstand kein Wort! Dann kam diese reizende junge Dame und fragte im allerschönsten Französisch, ob sie mir behilflich sein könnte – und sie hat mir meine Tasche getragen, ich meine gefahren… Mademoiselle, dies ist meine Enkelin, ich meine Urenkelin Elaine, das arme Kind hat so lange auf mich gewartet…“
Ich kam gar nicht dazu zu fragen, wie man aussieht, wenn man Französisch spricht. Meine Augen waren auf die junge Frau gerichtet und auf das entzückende Kind in der Sportkarre.
Jetzt reichte sie mir Grand-mères Beutel.
„So, Madame, jetzt brauchen Sie mich nicht mehr. Es war sehr nett, mit Ihnen zu plaudern, ich habe so selten Gelegenheit dazu, Französisch zu sprechen.“
„Aber laufen Sie doch nicht gleich weg!“ unterbrach sie Grand-mère. „Kommen Sie doch mit uns, ich lade Sie zu einem Eisbecher ein, und für die süße Kleine werden wir auch etwas finden.“
„Madame, es ist viel zu liebenswürdig.“
„Ich frage bloß, wer von uns ist liebenswürdig gewesen? Kommen Sie. ich möchte doch weiter mit Ihnen plaudern, und Elaine tut es auch gut. sich weiter im Französischen zu üben!“
Die junge Frau nahm das Kind aus der Sportkarre und faltete die Karre mit einem Griff zusammen. Kurz danach saßen wir an einem gemütlichen Ecktisch, und ich übersetzte mit Wonne die Bestellung!
„Ich bin alt und neugierig“, sagte Grand-mère und sah das junge Mädchen lächelnd an. „Ich höre, daß Sie gebürtige Französin sind – wie in aller Welt sind Sie hier gelandet? Sind Sie ein Au-pair-Mäd-chen? Haben Sie einen Job als Kindermädchen in Deutschland, um die Sprache zu lernen?“
„Nein“, antwortete die junge Frau. „Ich wohne in Deutschland. Meine Mutter ist Deutsche, mein Vater Franzose. Und ich bin auch kein Kindermädchen. Die Kleine ist meine Tochter.“
„Ach, da haben Sie aber früh geheiratet – genau wie ich!“ sagte Grand-mère. „Ich war achtzehn, als mein Erster geboren wurde. Aber Sie sehen noch jünger aus, Madame – ach, ich weiß ja gar nicht Ihren Namen! Ich heiße Bonassi, und dies ist… ach ja, das sagte ich, Elaine, mit Familiennamen Grather.“
„Sie können ruhig bei
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