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Alles Land - Roman

Alles Land - Roman

Titel: Alles Land - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Lendle
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Wegener mit leichtem Spott, und Georgi schüttelte stumm den Kopf. Sorge, der dem Gespräch am Rande gefolgt war, schüttelte ebenfalls den Kopf, aber wohl eher aus Erstaunen.
    Neben der Kirche öffnete sich die Decke zu einem Lüftungsrohr, das hinauf ins Freie reichte. »Vielleicht haben Sie«, sagte Georgi, »die Wolke aus feinem Dampf gesehen, der sich als kilometerlange Nebelfahne übers Eis zieht.« Es war keinem von ihnen aufgefallen. Georgi berichtete, wie eines Morgens ein Polarfuchs draußen vor der Öffnung gesessen habe, der Wärme oder des nahrhaften Geruchs wegen. »Tagelang ist er nicht fortzubewegen gewesen. Als es ihm am Ende offenbar doch zu eintönig wurde, hat er noch das Abspannseil des Anemometermastes verspeist und sich dann getrollt.«
    In einer Ecke der Höhle lagerten ein Grammophon, ein Lichtbildgerät, ein Radio. Wegener blieb davor stehen und wollte schon etwas sagen, aber Georgi winkte ihn hinüber zum Ausgang. Wegener folgte ohne ein Wort. Auf dem Treppenabsatz bereitete Georgi bereits den Abstieg vor, indem er ein langes Tau fest in einer Halterung der Treppe verknotete. Den Abort gegenüber müsse er ihnen wohl nicht vorführen.
    Dann ließ er sich langsam hinab in ihre Firngruft, wie er die Grabung nannte. Während er in der Dunkelheit verschwand,
rief er ihnen noch zu, ursprünglich habe ihre Wohnung nur zwei Meter unter der Oberfläche gelegen. Durch den unablässigen Schneeauftrag seien sie jedoch allmählich tiefer geraten und rechneten damit, bei der Abreise sicher doppelt so weit von der Außenwelt zu hausen wie jetzt. »Es ist«, rief seine Stimme von unten, »Sorges großer Ehrgeiz, hier immer weiter in die Tiefe zu gelangen. Er verbringt jede freie Minute mit dem Graben, das eigentlich ein Ausstechen ist. Als Block lässt sich der Firn erheblich leichter hinaufbefördern.«
    Dann ein Aufprall, gefolgt von dem dumpfen Ruf, er sei nun gelandet, Wegener könne folgen.
    Vorsichtig ließ Wegener sich hinunter. Das erste Stück führte über steile Stufen, die letzten vier Meter ging es senkrecht in die Tiefe. Georgi dirigierte von unten, inzwischen hatte er eine Lampe entzündet.
    Wegener landete auf Knien und Händen, klopfte sich ab und schaute dann, wo er gelandet war. Was für ein Unterfangen. Im Meterabstand waren Löcher in den Firn gebohrt, der sich hier schon fast zu reinem Eis verdichtete. In der untersten Öffnung steckte das Quecksilberthermometer. Mit Ehrfurcht führte Georgi das Instrument vor, es war das empfindlichste Gerät, das sie nach Eismitte gebracht hatten. Wegener verstand ihn vollkommen und teilte seinen Stolz sogar, obwohl er Zweifel daran hatte, ob sie beide von einer höheren Warte aus mit ihrer Einschätzung richtiglagen. Wenn Wegener bedachte, wie geräumig gepolstert die Transportkiste des Thermometers gewesen war – was hätte man stattdessen an Petroleum befördern können.
    Die elektrische Ausrüstung der Station hielt Georgi in der Hand: eine Taschenlampe zum Ablesen des Thermometers.
Weil bei diesen Temperaturen die Trockenbatterie den Betrieb eingestellt habe, sei Sorge auf die List verfallen, sie dick mit Strümpfen zu umwickeln, um ihr ein milderes Klima vorzutäuschen.
    So standen sie nebeneinander, verlegen wie in einem zu engen Paternoster. Der Leiter der Station Eismitte und der Leiter der ganzen Expedition. Wie sollte es weitergehen mit ihnen? Georgi nahm die Taschenlampe zwischen die Zähne, um die aktuelle Temperatur in seinem Heft einzutragen. Wegener räusperte sich.
    »Loewe ist wohl zu geschwächt für die Rückreise.«
    Georgi nickte. Die Taschenlampe nickte mit.
    »Wir werden kaum alle hierbleiben können.«
    Georgi nahm die Lampe aus dem Mund und sagte, sie müssten eine Bestandsaufnahme machen, Proviant, Brennstoff, dann würden sie weitersehen.
    Er gab noch einen raschen Überblick über die Ergebnisse ihrer Messungen im Firn, der Wegener nur halbherzig folgte, immerzu schob sich die Frage in den Vordergrund, was er täte, wenn er allein hier unten säße und das Seil sich aus der Verankerung löste.
     
    Die Rechnung ergab, dass die Vorräte höchstens für drei Personen reichten, die im Notfall sechs Monate davon leben könnten, also bis Ende April. Zu diesem Zeitpunkt allerdings wäre es wohl gerade erst möglich, die erste Schlittenfahrt im neuen Jahr anzutreten.
    Loewe hatte inzwischen zu fiebern begonnen, für ihn kam eine baldige Rückreise nicht in Betracht. Er kauerte auf seinem Lager, die Knie an die Brust gezogen,

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