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Alles muss versteckt sein (German Edition)

Alles muss versteckt sein (German Edition)

Titel: Alles muss versteckt sein (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiebke Lorenz
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»genau genommen war Saskia eine ziemlich verlogene Schlampe.«
    »Eine Schlampe?«
    »Schlampe, Luder, such’s dir aus«, sprach Vera weiter. »Jedenfalls hat Patrick mit der Zeit gemerkt, dass sie ihn ständig angelogen hat. Keine großen Sachen, dafür aber immer wieder. Sie schwindelte eigentlich permanent, das war schon fast pathologisch. Ob es um ihren Job ging, bei dem sie sich zwei Positionen wichtiger gemogelt hatte, als sie war; oder wenn sie mal zu spät kam – was oft passierte –, dann waren grundsätzlich immer der Bus oder die Bahn schuld, selbst wenn Patrick gesehen hatte, wie sie vor seinem Haus aus einem Taxi gestiegen war.«
    »Ist doch aber nicht so schlimm«, meinte ich.
    »Nein, ist es auch nicht, das habe ich ja gesagt. Aber wenn du merkst, dass jemand selbst bei kleinen Dingen ständig lügt, dann fragst du dich irgendwann, wie es mit den großen, den wirklich wichtigen Sachen ist. Als es dann darum ging, sich beim Standesamt einen Termin für die Hochzeit zu holen, rückte Saskia schließlich damit heraus, dass sie drei Jahre älter war, als sie behauptet hatte.«
    »Oh.«
    »Ja.« Vera nickte. »Auch das wäre kein Drama gewesen. Aber ich glaube, das war damals der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Patrick wurde klar, dass er auf Dauer nicht mit einer Frau zusammenleben kann, die nicht ehrlich zu ihm ist. Die nicht das ist, was sie vorgibt zu sein. Ich weiß, dass ihm die Entscheidung, sich von ihr zu trennen, sehr schwergefallen ist und dass er darunter auch sehr gelitten hat.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Während Vera munter über Saskia plauderte, zog sich mir der Hals mehr und mehr zu. Nicht ehrlich … Nicht das, was man vorgibt zu sein … Ich war auch nicht ehrlich zu Patrick. Ich log ihn zwar nicht an – aber ich verschwieg ihm etwas. Nichts Kleines oder Unwichtiges, sondern etwas Großes, Riesengroßes, etwas Existenzielles. Wie würde er wohl reagieren, wenn er DAS herausfand?
    »Tja, so ging die Geschichte halt zu Ende«, sprach Vera weiter. »Und nach ein paar Wochen hatte Patrick sich auch wieder gefangen. Er hatte ja noch Felix und mich, wir drei hielten schon immer zusammen. Jedenfalls in den wichtigen Dingen.«
    »Und was ist mit dir?«, fragte ich unvermittelt, um das Thema zu wechseln.
    »Mit mir? Was soll mit mir sein?«
    »Hast du einen Freund?«
    »Nein.« Ihre Antwort fiel erstaunlich knapp aus, fast schon unfreundlich.
    »Ich wollte dir nicht zu nahe treten«, entschuldigte ich mich, weil ich irgendwie das Gefühl hatte, es mit meiner Frage getan zu haben.
    »Bist du nicht.« Sie lächelte mich an. »Da ist nur keiner.«
    »Aber dir müssten sie doch auch die Bude einrennen!«
    »Mag sein«, Vera zuckte mit den Schultern, dann breitete sie mit gespielter Theatralik die Arme aus. »Ich lebe allein für die Kunst.«
    »Allein für die Kunst? So, so.« Felix erschien in der Küche und unterbrach unser Gespräch. Er wirkte gereizt und übellaunig.
    »Genau, Bruderherz.« Vera trat auf ihn zu und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Felix verzog das Gesicht und schob sie weg.
    »Kommt ihr bald mal wieder?«, blaffte er sie an. »Ich langweile mich mit den beiden da drinnen zu Tode.« Er wischte sich mit der Hand ihren Kuss von der Wange. »Du hättest mich ja auch warnen können, dass Patrick heute Abend mit diesem Verlegerarsch auftaucht, dann hätte ich das Weite gesucht!«
    Ich sah ihn überrascht an, und auch Vera blickte einigermaßen verständnislos drein.
    »Das hab ich doch!«
    »Was hast du?«
    »Na, dir gesagt, dass ich heute Abend kochen will, weil Patrick mit seinem Verleger kommt.«
    »Vom Verleger hast du kein einziges Wort gesagt, nur dass wir mit Patrick und Marie essen.«
    »Natürlich hab ich Meissner erwähnt!« Vera runzelte die Stirn und stemmte eine Hand in die Hüfte. »Ich weiß ja, dass er für dich ein rotes Tuch ist!«
    »Scheinbar nicht.« Er musterte seine Schwester mit feindseliger Miene, von »immer Zusammenhalten« war in diesem Moment nicht das Geringste zu spüren, und ich hätte mich am liebsten unauffällig an den beiden vorbeigedrückt, um sie allein ihr Scharmützel ausfechten zu lassen. Aber ich stand wie eine bewegungslose Idiotin eingeklemmt in der Ecke zwischen Kühlschrank und Herd.
    »Ganz ehrlich, Felix, das ist total ungerecht von dir.« Mittlerweile war auch Vera lauter geworden. »Ich habe es dir gestern Abend in aller Deutlichkeit gesagt und mich selbst gewundert, dass du trotzdem dabei sein

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