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Alles nicht so einfach

Alles nicht so einfach

Titel: Alles nicht so einfach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Carmack
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Freunden dort war.
    Er war bei den Castings anwesend, aber das waren alle anderen Mitglieder der Theaterfakultät auch. Und nicht einmal seine Anwesenheit konnte meine Begeisterung für dieses Stück dämpfen. Als Schauspielerin hatte ich mich immer eher zu klassischen Rollen hingezogen gefühlt, weniger zu modernen (deshalb auch die Shakespeare-Besessenheit), und endlich sollte mal ein griechisches Stück aufgeführt werden (na ja, jedenfalls die Übersetzung eines griechischen Stückes).
Phädra
wäre in Anbetracht der Tatsache, dass sich darin alles um verbotene Liebe drehte, nicht meine erste Wahl gewesen – das konnte ich momentan wirklich nicht brauchen. Aber wenigstens konnte ich mich dadurch beim Vorsprechen umso besser in meine Rolle hineinversetzen. Klar, Phädra begehrte ihren Stiefsohn und nicht ihren Dozenten, aber die Gefühle waren die gleichen.
    Schon lange nicht mehr war ich so erpicht auf eine Rolle gewesen.
    Als ich an der Reihe war, zum Vorsprechen auf die Bühne zu treten, fühlte ich mich gut. Zuversichtlich. Ich konnte meinen Text auswendig. Ich kannte meine Rolle. Ich wusste, wie es sich anfühlte, wenn man jemanden begehrte, den man nicht haben konnte. Und mehr als alles andere wusste ich, was es bedeutete, wenn man etwas wollte und gleichzeitig nicht wollte. Ich legte jedes Quäntchen an Begehren, Angst, Zweifel und Scham in diese Anderthalb-Minuten-Aufführung.
    Ich öffnete mich auf eine Art und Weise, wie ich es im richtigen Leben nie tat, denn hier konnte ich Dampf ablassen und damit umgehen; und so tun, als ginge es gar nicht um mich, sondern um Phädra. In der Hitze des Rampenlichts war ich ehrlicher als ich es je bei Tageslicht war.
    Bald war es vorbei und ich war wieder im Aufenthaltsraum, wo ich mich fragte, ob das alles genügt hatte.
    Als die Castings vorbei waren, gingen wir feiern. Am Morgen würden wir benachrichtigt, und dann gäbe es ganz andere Dinge, über die man sich Sorgen machen musste, aber jetzt lag es nicht mehr in unserer Hand.
    Es waren hauptsächlich Leute aus dem Abschlussjahr, aber auch jüngere da, und zusammen belagerten wir einen ganzen Bereich des Stumble Inns. Wir saßen zwar an getrennten Tischen, unterhielten uns aber hartnäckig quer über den Raum hinweg und scherten uns einen Dreck darum, wie viele Leute wir dadurch verärgerten.
    Wir läuteten den Abend mit Tequila-Shots ein, was meiner Nacht mit Garrick gespenstisch nahe kam, aber ich schüttelte den Gedanken daran ab. Ich war mit Freunden da. Es würde guttun, sich locker zu machen und Spaß zu haben.
    Natürlich saß ich mit Cade und Kelsey an einem Tisch. Lindsay war auch da, zusammen mit Jeremy, einem süßen Studenten aus dem zweiten Jahr, mit dem ich letztes Jahr betrunken herumgemacht hatte. Danach war er mir eine Weile nachgelaufen, aber ich war mir ziemlich sicher, er wusste, dass zwischen uns nichts laufen würde. Zurzeit hatte er nur Augen für unsere sexbesessene Schönheit Kelsey. Dann war da noch Victoria, die gut und gern als Kelseys und Lindsays uneheliches Kind durchgegangen wäre. Sie hatte Kelseys Titten (und ihre Nuttigkeit), aber gleichzeitig auch Lindsays Einstellung, alles und jeden zu hassen. Der Letzte in der Runde war Rusty, ein ziemlicher Spaßvogel.
    Jeremy war der Einzige, der zu jung war, um zu trinken, aber der Kellner machte sich nicht die Mühe, sich von jedem am Tisch den Ausweis zeigen zu lassen. Er überprüfte Cades Ausweis, die anderen am Tisch schaute er nur prüfend an. Wir bestellten Getränke und etwas zu essen, danach noch mehr Getränke.
    Ich fühlte mich ziemlich gut, als wir auf die Castings zu sprechen kamen.
    Es war Rusty, der das Eis brach. »Also, was ist jetzt mit diesem Inzest-Stück?«
    Ich verdrehte die Augen. »Es ist kein Inzest, Rusty. Sie sind nicht blutsverwandt.«
    »Das spielt keine Rolle«, sagte er achselzuckend. »Ich habe selbst eine Stiefmutter, und wenn die sich an mich heranmachen würde, hätte ich die Hosen voll.«
    Kelsey lachte. »Das hat vermutlich eher etwas damit zu tun, dass du schwul bist.«
    »Ich kenne deine Stiefmutter. An mich kann sie sich jederzeit heranmachen«, witzelte Cade.
    Wenn die beiden nicht so locker wären, hätte Rusty vielleicht sauer reagiert und Cade auf den Arm geschlagen oder ins Gesicht. Stattdessen klatschten sie sich ab.
    »Jetzt mal im Ernst, wie ist es euch allen ergangen?«, fragte Rusty. »Ich war beschissen. Ich kann von Glück sagen, wenn ich die Rolle des Soldaten oder des Dieners

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