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Alles nicht so einfach

Alles nicht so einfach

Titel: Alles nicht so einfach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cora Carmack
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wappnen für das, was jetzt kommen würde.
    Ich räusperte mich, aber dadurch fiel es mir auch nicht leichter zu sprechen. »Also, du …?«
    Er spannte die Hände an, bis seine Knöchel weiß wurden. Dann ließ er plötzlich los und erwiderte: »Ja. Ich … schon eine ganze Weile.«
    Ich blickte auf, aber seine Miene war undurchschaubar.
    »Warum hast du nie etwas gesagt?«
    »Weil … ich Angst hatte. Du bist meine beste Freundin. Und du hast fast nie ein Date. Ich habe einfach nicht erwartet, dass du Interesse an mir haben könntest.«
    Hatte
ich Interesse? Ich spürte unsinnige Tränen in mir aufsteigen und blinzelte sie schnell weg. Cade war ein großartiger Typ. Und ich verbrachte gern Zeit mit ihm. Und der Kuss war definitiv toll gewesen. Es machte Sinn, ihn zu mögen. Ich wollte ihn mögen, aber … Garrick war das
Aber.
Ob ich wohl aufhören konnte, an Garrick zu denken? Ob ich wohl aufhören konnte, ihn zu begehren?
    Ich hörte, wie Cade seufzte. »Du hast kein Interesse, oder?«
    Gott, mussten diese Augen so gefühlvoll sein? Ich konnte jede Enttäuschung, jede Unsicherheit in ihnen erkennen. Ich mochte ihn, soviel stand mal fest. Und ich glaube, dass ich mich eines Tages auch in ihn würde verlieben können, aber zuerst musste ich meine Gefühle für Garrick loswerden. Wenn das letztes Semester passiert wäre, hätte es dann überhaupt diesen Zwiespalt gegeben? »Ehrlich gesagt, Cade: Ich weiß es nicht. Ist ›vielleicht‹ eine schreckliche Antwort?«
    Er dachte einen Augenblick darüber nach, und ich konnte die Stille nicht ertragen. »Es ist nicht so, als ob ich dich nicht mögen würde. Eigentlich finde ich dich sogar ziemlich perfekt. Es ist nur … du bist auch
mein
bester Freund, und ich bin mir nicht
sicher.
Ich brauche aber Sicherheit.«
    »Ich will auch, dass du sicher bist.« Er holte tief Luft und lächelte. Es war ein gutes Lächeln, aber es war nicht so strahlend, wie ich es von ihm gewohnt war. »Mit einem ›vielleicht‹ kann ich leben.«
    Als ich am Montagmorgen ins Theater kam, hing die Liste für die zweite Casting-Runde schon aus.
    Die Listen für die Rollenbesetzungen und die zweite Casting-Runde sind schlicht und einfach Zettel an einer Wand, doch sie sind von Leuten umringt, die dein Schicksal schon kennen, und wenn man sich ihnen nähert, fühlt man sich wie auf dem Weg zum Schafott. Alle Augen richteten sich auf mich. Ich versuchte, ihre Reaktionen abzuschätzen. Lag Mitleid in ihren Blicken? Versteckten sie nur ihre Aufregung? Ich war nur noch einen halben Meter von ihnen entfernt, und trotzdem lebte ich in einer vollkommen anderen Welt als sie, als alle, die diese Zettel bereits gelesen hatten.
    Und wenn ich bei ihnen wäre, würde dieser Druck nicht nachlassen. Vor der Liste konnte man keine Gefühle zeigen. Man konnte nicht heulen, weil man eine Rolle nicht bekommen hatte, oder sich über denjenigen auslassen, dem die Rolle stattdessen zugeteilt worden war. Man durfte nicht aufschreien – weder vor Aufregung noch vor Wut. Man musste es einfach lesen und durfte keinerlei Gefühle zeigen. Was sich nicht so schwer anhört – aber wir waren Schauspieler. Gefühle zeigen war unser Job.
    Ein paar Schritte entfernt traf ich auf Cade. »Hast du schon nachgeschaut?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein, ich habe auf dich gewartet.«
    Es herrschte noch immer Verlegenheit zwischen uns, seit wir am Tag zuvor miteinander gesprochen hatten. Wir hatten noch nicht herausgefunden, was dieses alles entscheidende »Vielleicht« für uns bedeutete. Aber in diesem Augenblick spielte es keine Rolle. Wir waren zwei Schauspieler, die gleich auf Ablehnung oder eine weitere Herausforderung stoßen würden.
    Wir hatten die Hosen gestrichen voll, auch wenn wir versuchten, es nicht zu zeigen, daher gab es keinen Platz für die vielen anderen Gefühle, die momentan zwischen uns standen.
    Er nahm meine Hand, und ich verdrängte alle Gedanken darüber, was das bedeuten könnte. Ich brauchte diesen Trost. Er brachte mich damit ins Gleichgewicht. Und ich war mir ziemlich sicher, dass er dasselbe brauchte.
    Rasch machten wir die letzten paar Schritte auf die Liste zu, und die Menge dort teilte sich, um uns durchzulassen.
    Hippolyt, der Stiefsohn, stand als Erstes auf der Liste. Sieben Jungs waren in die nächste Runde gekommen, darunter auch Cade und Jeremy.
    Ich blickte zu ihm auf, und er war vollkommen ruhig. Aus seinem Gesicht war rein gar nichts abzulesen. Keine Aufregung, keine Nervosität. Sieben

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