Alles paletti
Shiny Happy Movers weiter. Und es gibt noch ein paar zwielichtige Umzugsmakler in der Branche, die Kunden vermitteln. Daher verkleiden sich die
Mover von Sababa im Allgemeinen als Arbeiter einer anderen Firma.
So also ist das mit Sababa Moving and Storag’e und mit Chaim - wie ein Geier, der sich von den Kadavern anderer Firmen ernährt. Kreist am Himmel, wartet und schaut, was die Löwen und Tiger des Umzugsgeschäfts übrig lassen.
Nur ganz selten passiert es, dass das Telefon im Büro der Firma klingelt und ein Kunde in der Leitung ist, der die Anzeige von Sababa Moving and Storag’e in den Gelben Seiten gelesen hat. In diesen raren Fällen werden die blauen Hemden von Sababa Moving and Storag’e aus dem Schrank geholt, um die stolzen Brüste der Arbeiter zu schmücken.
Ein Auszug aus Chaims Geschichtenrepertoire: ein Klavierflügel, den er allein umzog und der ihm auf den Fuß fiel; ein Schneesturm, der ihn vier Tage lang auf einer Landstraße in Colorado ohne Essen festnagelte; ein Umzug für Puff Daddy; ein Umzug für Kim Basinger (»Sie hatte einen Aufzug - das war kein Aufzug mehr, das war eine Hochzeitshalle«); ein Überschlag mit dem vollen Lastwagen, und so weiter und so fort. Die Story mit Puff Daddy übrigens war im letzten Jahr besonders stark in Umlauf. Izzi bekam von den Arbeitern dreier verschiedener Firmen zu hören, sie hätten den Umzug von Puff Daddy gemacht. Also entweder war Puff Daddy in einem Jahr dreimal, mit drei verschiedenen Umzugsfirmen, innerhalb von Manhattan umgezogen, oder jemand übertrieb da irgendwo.
Chaim wohnt zusammen mit Nurit, seiner Freundin, auf der Upper Westside, 90. und noch was Straße und Columbus Avenue. Nette Gegend. Manchmal kommt Nurit am Morgen mit ihm ins Büro. Kommt, schnüffelt herum, nervt. Ganz selten einmal kommt sie allein vorbei. Niemand hat sie je irgendwas
tun sehen, außer dass sie sich vom Firmenlastwagen zur Wäscherei an der 23. Straße fahren lässt. Man sagt, sie habe ein paar Wohnungen in Israel und lebe von den Mieteinnahmen. Man sagt, sie habe einen Sohn in der Armee, in Israel. Man erzählt sich viele Dinge über Nurit, über das Geld, das sie hat, über den Deutschen, dessen Geliebte sie war.
Heute kommt Nurit nicht. Nur Chaim ist im Büro, außer Chen, und das Telefon hört nicht auf zu klingeln, Uncle Sam macht einen schier wahnsinnig mit seinem dringenden Transport nach Minnesota, und die Arbeiter von Sababa - Jonsy, Izzi und Schlomi - jammern die ganze Zeit. Was immer man ihnen zu tun gibt, sie beklagen sich. Statt dass sie sich bedanken, dass man ihnen Arbeit gibt und sie anständig bezahlt, statt dass sie lieber den Mund halten. Bei welcher Firma würden sie so viel wie bei Sababa verdienen? Und was soll man machen, es gibt eben Dinge, die im letzten Moment daherkommen. Pläne ändern sich. Man könnte meinen, sie hätten das noch nie erlebt. Sie sind wie alte Waschweiber. Besonders Jonson. Und was die Klagen von heute anbelangt, so weiß Chaim, am Ende werden sie die Arbeit erledigen. Ein Lastwagen von Ryder wird nach Florida hinunterfahren, der Laster von Sababa wird hinauf nach Chicago, weiter nach Minnesota und danach hinunter nach Texas und schließlich Florida fahren, um den Job dort abzuschließen. Und Jonson kann gern bis morgen weiterlamentieren.
EIN UMZUG UND DIE EUROPÄISCHE KUNST ANFANG DES 20. JAHRHUNDERTS
Am Morgen sitzt Izzi in der U-Bahn in die Bronx, um sich mit Schlomi bei der Lkw-Vermietung von Ryder zu treffen. Das ist noch so ein Trick von Chaim: Wenn der Arbeitsanfall wächst, was normalerweise gegen Monatsende passiert, mietet er ein oder zwei Lastwagen von Ryder, der Lkw-Verleihfirma, die dann parallel zum blauen Sababa-Lastwagen eingesetzt werden. Wenn man einen Lastwagen von Ryder nimmt, wird sein Meilenstand im Moment der Vermietung festgehalten, und dann geht man damit auf Ferntrip. Wenn man zurückkommt, stellt man den Lastwagen auf einen Parkplatz in der Bronx, wo man die Abdeckung des Armaturenbretts oberhalb des Lenkrads öffnet. Man nimmt einen langen Schraubenzieher aus dem Werkzeugkasten und dreht die mechanischen Rädchen des Meilenzählers auf eine Zahl, die etwas über dem anfänglichen Stand liegt, und dann regelt man das Geschäft mit Ryder und gibt den Wagen ab. Nachdem der größte Posten beim Verleih von Ryder die Berechnung der Meilen und nicht der Tage ist, ergibt es sich, dass man fast nichts dafür bezahlt.
Der U-Bahnwagen taucht aus dem Untergrund auf und fährt kreischend
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