Alles paletti
überraschte sich selbst damit, dass er so viele Stunden lang wach blieb, dass er immer weiterfuhr, dass seine Energien zurückgekehrt waren. Er kaufte sich schwarze Knabberkerne. Ein Truckfahrer an einer der Tankstellen unterwegs hatte ihm erzählt, das sei die beste Methode gegen Einschlafen. Er fuhr und fuhr, fühlte sich gut, fröhlich, wippte im Einklang mit dem Radio - er war auf einen guten Sender aus Saint Louis gestoßen, auf 106.7. Zu Anfang des Abends gab es ein Programm mit Discomusik, und nach Mitternacht spielten sie Jazz, wonach Monty nicht gerade verrückt war, was in diesem Augenblick jedoch genau das Richtige war. Er wackelte mit den Schultern, trommelte aufs Lenkrad, bewegte rhythmisch den Kopf und zerbiss Kerne.
Er überraschte sich selbst damit, dass er um drei Uhr nachts, mit hohlem Kopf vor Koffein und Müdigkeit, Jane Aki im Sugar-Bush-Lac-Reservat anrief. Er überraschte sich damit, dass er ein nonchalantes »Hi, Jane« zurückgab, als sie sich, hellwach, nach zwei Klingelzeichen meldete. Er berichtete ihr, was ihm alles widerfahren war, wie er schon Colorado erreicht hatte und nun auf dem Weg zurück nach Missouri war. Sie erzählte ihm, dass Jake sie angerufen habe, nachdem ihn die Israelis mitten in Kansas hinausgeworfen hatten, dass er ihr leidgetan und sie ein bisschen mit ihm geredet habe, was sie nachher sofort bereute, denn der kleine Scheißkerl kam einfach ins Reservat und nahm sich Wendy, ohne sie zu fragen. Nicht dass Wendy irgendetwas wert gewesen wäre, aber was für eine Unverschämtheit, oder?
Monty hörte sich das alles an und hatte das Gefühl, dass ihre Stimme sein Ohr streichelte.
Sie fragte, wie es den Israelis ginge, ob man ihnen etwas getan
habe. Er antwortete, noch nicht, und er hoffe, man würde ihnen auch nichts tun.
Das Gespräch floss angenehm leicht dahin, als sei es das Natürlichste auf der Welt - er in einer Telefonzelle in einem Truckstop in Missouri, sie in ihrem Haus im Reservat in Minnesota, bei Hundekälte, drei Uhr morgens. Am Schluss fragte er sie: »Besteht die Aussicht, dass du einmal nach New York kommst?« Und sie meinte: »Ich war nicht mehr dort, seit ich zehn war. Vielleicht sollte ich wirklich mal zu Besuch kommen?« Worauf er sagte: »Du musst. Komm mich besuchen.« Sie erwiderte: »Gut. Wir machen es. Ich muss nur sehen, wann es am besten passt wegen meines Studiums. Gib mir deine Nummer zu Hause. Ich hoffe, dass ich es bis nächste Woche schon weiß.«
Dieser Satz »Wir machen es« blieb in seinem Kopf haften. Er wusste, dass sie keinerlei besondere Absichten damit verfolgt hatte, als sie ihn sagte, doch er blieb stecken. »Wir machen es.« Er betrat ein Motel, bestellte den Weckdienst und fiel mit einem Lächeln auf den Lippen ins Bett.
Dieses Lächeln behielt er auch am Morgen bei, denn als ihm Psych sagte, er solle zusehen, dass er so schnell wie möglich eine Kleinstadt namens New Madrid erreiche, stellte sich heraus, dass er sich bereits ziemlich in der Nähe davon befand.
Er duschte sich unter volltönendem Gesang. Zuerst sang er das »Ma nischtana« aus der Pessach-Haggada, denn er war sich ziemlich sicher, dass er am Sederabend, falls er es schaffen sollte, der Jüngste von allen sein würde und diese Aufgabe übernehmen müsste. Anschließend sang er das Lied, das ihm tags zuvor im Radio so gefallen hatte - »The Way« -, hauptsächlich mit »la, la, la«.
Als er den Wagen anließ, spielten sie wieder dieses Lied im Radio.
In New Madrid sagte Harry zu ihm: »Völlig weiß, außer dem Dach, das ist blau geblieben, weil ich nicht genug Farbe hatte, und so ein kleines Viereck im linken vorderen Bereich des Laderaums.« Dann fügte er noch hinzu: »Sie haben zwischen Florida und Nevada geschwankt. Ich habe ihnen gesagt, dass in Florida ein Twister im Anzug ist, also könnte ich mir vorstellen, dass sie nach Nevada fahren.«
Monty meldete Psych, dass er nach Nevada weiterfahre. Psych erwiderte: »Geht in Ordnung. Aber pass bloß in Texas auf. Das ist kein Kinderspiel.«
Monty gab heiter zurück: »Keine Bange, Psycho.«
Ho, Texas! Oder vielleicht genauer gesagt, Texas - Gott bewahre?!
Wenn du nach Texas hineinfährst, fühlst du dich sofort anders. Als kämst du in ein neues Land.
Allein schon die Größe. In jedem Staat bezeichnet das erste Schild die Länge. Meistens sind es hundert, hundertfünfzig, manchmal dreihundert Meilen. In Texas - da sind es achthundertdreiundsiebzig Meilen.
Und es gibt die Schilder mit den
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