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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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– zeig dich endlich«, sagte Windle. In seiner Stimme vibrierte hysterische Fröhlichkeit. »Keine Sorge. Um ganz ehrlich zu sein: Eigentlich freue ich mich darauf.«
    Er klatschte in die substanzlosen Hände und rieb sie mit geheucheltem Enthusiasmus.
    »Na los«, drängte er. »Laß dir nicht zuviel Zeit. Einige von uns müssen bald mit einem neuen Leben beginnen.«
    Die Finsternis blieb still, und nichts rührte sich in ihr. Poons hielt vergeblich nach irgendeiner Gestalt Ausschau, und er vernahm auch keine Geräusche. Er sah nur formlose, stille Leere.
    Der Geist des gestorbenen Zauberers schwebte in Schwärze.
    Schließlich schüttelte Windle den Kopf. »Verdammter Mist«, brummte er. »Hier geht irgend etwas nicht mit rechten Dingen zu.«
    Er wartete eine Zeitlang und fragte sich, was er unternehmen sollte. Dann traf er eine Entscheidung und beschloß, zu dem einzigen ihm vertrauten Zuhause zurückzukehren.
    Hundertdreißig Jahre lang hatte es ihm als Domizil gedient. Es rechnete nicht mit seiner Rückkehr und leistete daher erheblichen Widerstand. Man brauchte entweder eine Menge Entschlossenheit oder viel Willenskraft, um mit einem derartigen Problem fertig zu werden, aber Windle Poons war nicht von ungefähr mehr als ein Jahrhundert lang Zauberer gewesen. Außerdem ähnelte sein Bemühen dem Unterfangen, ins eigene Haus einzubrechen: Man kannte es in- und auswendig und wußte, welches Fenster, metaphorisch gesprochen, nicht richtig schloß.
    Mit anderen Worten: Windle Poons wurde wieder zu Windle Poons.
     
    Die meisten Leute halten es nicht für notwendig, religiösen Glauben mit Tischen in Verbindung zu bringen, und die Zauberer empfinden ebenso, auch und insbesondere in Hinsicht auf die Götter. Von Tischen weiß man, daß sie existieren und einem bestimmten Zweck dienen, daß ihnen in einem gut organisierten Universum ein fester Platz gebührt. Dennoch sieht man kaum eine Notwendigkeit darin, an sie zu glauben und Bemerkungen wie »O großer Tisch, ohne den wir nichts sind« an ihn zu richten. Nun, entweder gibt es Götter, egal, ob man an sie glaubt oder nicht. Oder ihre Existenz beschränkt sich auf jene Realität, die allein für Gläubige eine Rolle spielt. In beiden Fällen kann man die Sache getrost vergessen und zur Tagesordnung übergehen. Trotzdem gehört auch eine kleine Kapelle zur Unsichtbaren Universität, und zwar aus gutem Grund: Zwar vertreten Zauberer den oben geschilderten Standpunkt, aber man wird kein Zauberer, indem man die Götter verärgert, selbst wenn sie nur ätherischer und imaginärer Natur sind. Anders ausgedrückt: Zauberer glauben zwar nicht an Götter, aber sie wissen ganz genau, daß Götter an Götter glauben.
    In dieser Kapelle jedenfalls ruhte Windle Poons Leichnam. Verstorbene Zauberer wurden erst nach vierundzwanzig Stunden begraben – auf diese Weise sollten peinliche Zwischenfälle wie vor dreißig Jahren mit Prissal »Schelm« Teatar vermieden werden.
    Windle Poons Leiche öffnete die Augen. Zwei Münzen fielen mit lautem Klirren zu Boden.
    Die auf der Brust gefalteten Hände streckten sich.
    Windle hob den Kopf. Irgendein Narr hatte ihm eine Lilie auf den Bauch gelegt.
    Er blickte zur Seite.
    Rechts und links brannten Kerzen.
    Er hob den Kopf noch etwas mehr.
    Auch neben den Füßen flackerten kleine Kerzenflammen.
    Gelobt sei der alte Teatar, dachte Windle. Ohne ihn sähe ich nun die untere Seite eines Sargdeckels aus billigem Kiefernholz.
    Und. dann: Komisch. Ich denke. Und zwar völlig klar.
    Donnerwetter.
    Windle ließ den Kopf wieder sinken und spürte, wie der Geist den Körper füllte, flüssigem Metall gleich, das in eine Gußform floß. Weißglühende Gedanken brannten durch die Dunkelheit des Gehirns und veranlaßten träge Neuronen zu neuer Aktivität.
    So hat es sich zu meinen Lebzeiten nie angefühlt.
    Aber tot bin ich nicht.
    Ich bin weder tot noch lebendig.
    Es ist eine Art Nicht-Leben.
    Oder Un-Tod.
    Ach du lieber Himmel …
    Er setzte sich auf. Muskeln, die seit siebzig oder achtzig Jahren nicht mehr richtig gearbeitet hatten, entfalteten plötzlich hektische Aktivität. Zum erstenmal in seinem Leben – beziehungsweise zum erstenmal in seiner »Existenzperiode« – unterlag Windle Poons Körper ganz und gar Windle Poons Kontrolle. Und Windle Poons Geist wollte nicht zulassen, daß sich ein paar Muskeln irgendwelche Frechheiten erlaubten.
    Der Körper erhob sich nun. Die Kniegelenke widersetzten sich einige Sekunden lang, aber sie konnten der

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