Alles Sense
die heutigen Damen eine einzige Orchidee selbst einem Strauß Rosen vorziehen…«
JEDE MENGE DAVON.
»Orchideen oder Rosen?«
SOWOHL ALS AUCH.
Drutos Finger verhakten sich, wirkten wie Aale in Sülze.
»Wenn ich dir außerdem diese wundervollen Beispiele von Nervousa Gloriosa zeigen darf…«
HAUFENWEISE.
»Und wenn es dein Budget zuläßt, Herr, so schlage ich ein Exemplar der extrem seltenen…«
JA.
»Und vielleicht auch noch…«
JA. ALLES. MIT EINER SCHLEIFE DRUM.
Die Ladenklingel läutete erneut und verkündete, daß der Kunde nach draußen gegangen war. Druto blickte auf die Münzen in seiner Hand. Einige von ihnen waren korrodiert; alle waren jedoch sehr seltsam. Unter der einen oder anderen Kruste glänzte allerdings Gold.
»Ähm«, sagte er. »Ich glaube, das genügt…«
Er hörte ein leises Klopfen, das sich immer wiederholte.
Um ihn herum fielen Blütenblätter wie Regentropfen zu Boden.
UND DAS HIER?
»Unsere De-Luxe-Auswahl«, antwortete die Frau im Süßwarenladen. Es handelte sich um einen so vornehmen Laden, daß man dort nicht etwa Bonbons, Schokolade und Pralinen verkaufte, sondern Konfekt. Die in glitzerndes Papier eingewickelten Spezialitäten konnten in einem Bankkonto noch größere Löcher hinterlassen als in Zähnen.
Der hochgewachsene, dunkel gekleidete Kunde griff nach der etwa vierzig Zentimeter langen Schachtel. Der Deckel war wie ein Satinkissen, und die Abbildung darauf zeigte zwei hoffnungslos schielende kleine Katzen, die aus einem Stiefel blickten.
WARUM IST DIE SCHACHTEL GEPOLSTERT? DAMIT MAN SICH AUF SIE SETZEN KANN? UND SCHMECKT DER INHALT VIELLEICHT NACH KATZE? fügte er hinzu. Bei den letzten Worten bekam seine Stimme einen drohenden Klang. Besser gesagt: Bei den letzten Worten klang sie noch drohender als vorher.
»Äh, nein. Das ist eine besondere Auswahl.«
Der Kunde schüttelte den Kopf.
NEIN.
Die Ladeninhaberin sah nach rechts und links, bückte sich und zog eine Schublade auf. Ihre Stimme wurde zu einem verschwörerischen Flüstern. »Nun, für einen ganz speziellen Anlaß…«
Sie holte eine recht kleine Schachtel hervor. Sie war ebenfalls schwarz, abgesehen von winzigen weißen Buchstaben, die auf den Inhalt hinwiesen. Selbst die niedlichsten aller niedlichen Katzen durften nicht einmal bis auf tausend Meter an so eine Schachtel heran. Um eine derartige Pralinenschachtel zu überbringen, sprangen geheimnisvolle Fremde aus einem Sessellift und seilten sich an hohen Gebäuden ab.
Der Kunde starrte auf die Beschriftung.
»DUNKLER ZAUBER«, las er. DAS GEFÄLLT MIR.
»Für ausgesprochen intime Momente«, betonte die Frau.
Der große Fremde dachte einige Sekunden lang über die Bedeutung dieser Worte nach.
JA. DAS ERSCHEINT MIR ANGEMESSEN.
Die Ladeninhaberin strahlte.
»Soll ich die Schachtel einpacken?«
JA. MIT EINER SCHLEIFE.
»Darf es sonst noch etwas sein?«
Der Kunde wirkte erschrocken.
UND SONST? HABE ICH ETWAS VERGESSEN? IST NOCH MEHR ERFORDERLICH? WORAUF KOMMT ES AN?
»Wie bitte, Herr?«
ICH SUCHE EIN GESCHENK. FÜR EINE DAME.
Der plötzliche Themawechsel verwirrte die Ladeninhaberin, und sie suchte Zuflucht bei einem erprobten Klischee.
»Nun, es heißt, Diamanten sind die besten Freunde einer Dame, nicht wahr?« erwiderte sie fröhlich.
DIAMANTEN? OH. DIAMANTEN. TATSÄCHLICH?
Sie glitzerten wie Sternenlichtsplitter an einem samtschwarzen Himmel.
»Dies hier ist ein besonders schöner Stein«, sagte der Mann hinterm Tresen. »Man beachte, wie eindrucksvoll er funkelt…«
WIE FREUNDLICH IST ER?
Der Mann zögerte. Er kannte sich mit Karat und Glanz aus, mit »Wasser« und »Feuer« eines Edelsteins, aber bisher hatte er in diesem Zusammenhang nie den Faktor Umgänglichkeit berücksichtigt.
Er suchte nach geeigneten Worten: »Nun, äh, vielleicht ist er… recht wohlgesinnt?«
NEIN.
Die Finger des Mannes tasteten nach einem weiteren Fragment erstarrten Sternenlichts.
»Nun, dieses Exemplar hier stammt aus der berühmten Kurzbeinmine«, sagte er, und Zuversicht kehrte in seine Stimme zurück. »Er zeichnet sich aus durch eine exquisite…«
Er unterbrach sich und spürte einen stechenden Blick, der ihm bis zur Innenseite des Hinterkopfes drang.
»Äh, ich fürchte allerdings, daß auch dieser Stein nicht für seine Freundlichkeit bekannt ist«, fügte er unsicher hinzu.
Die dunkle Gestalt vor dem Tresen sah sich mißbilligend im Laden um. Hinter dicken Scheiben, die selbst den Fausthieben eines Trolls
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