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Alles Sense

Alles Sense

Titel: Alles Sense Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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FLINKWERT.
    Eine Zeitlang blieb es still, abgesehen vom regelmäßigen Klippklapp, das Binkys Hufe verursachten. Dann sagte Frau Flinkwert laut und deutlich:
    »Ich weiß, was los ist. Ich erinnere mich daran, daß die obere Hälfte der Lebensuhr nur noch wenig Sand enthielt. Du hast dir gedacht: ›Sie ist mir sympathisch, und deshalb gönne ich ihr noch einige Stunden Spaß. Und dann, wenn sie überhaupt nicht damit rechnet… Hoch die Sense und Rübe runter.‹ Na, stimmt’s?«
    Tod schwieg.
    »Habe ich recht oder nicht?«
    ICH KANN NICHTS VOR DIR VERBERGEN, FRAU FLINKWERT.
    »Hm, vermutlich sollte ich mich geschmeichelt fühlen, oder? Daß du dir soviel Zeit für mich nimmst… Bestimmt wartet viel Arbeit auf dich.«
    NOCH VIEL MEHR, ALS DU AHNST.
    »Nun, wenn die Sache so ist, solltest du mich wieder Renata nennen.«
    Auf der Wiese hinter dem Gelände fürs Bogenschießen brannte ein großes Feuer, und Tod beobachtete mehrere Gestalten, die sich davor bewegten. Gelegentlich deutete ein Quietschen darauf hin, daß jemand eine Fiedel stimmte.
    »Ich komme immer zum Erntetanz«, sagte Frau Flinkwert im Plauderton. »Natürlich tanze ich nie. Ich kümmere mich um das Essen und so.«
    WARUM?
    »Nun, jemand muß sich ums Essen kümmern.«
    ICH MEINE, WARUM TANZT DU NIE?
    »Weil ich zu alt bin.«
    DU BIST SO ALT, WIE DU GLAUBST.
    »Ach? Tatsächlich? So dumme Bemerkungen hört man immer wieder von den Leuten. Sie sagen: He, du siehst wirklich gut aus. Oder: Es steckt noch Leben in den alten Knochen. Oder: Diese alte Fiedel bringt noch immer gute Musik hervor. Solche Sachen. Was für ein Unsinn! Als sollte man sich freuen, alt zu sein! Als hätte philosophische Gelassenheit in dieser Hinsicht irgendwelche Vorteile. Mein Kopf weiß, wie man jung denkt, aber für die Knie ergeben sich in diesem Zusammenhang einige Probleme. Und für den Rücken. Und auch für die Zähne. Wenn du meinen Knien sagst, sie seien so alt, wie sie glauben… Dadurch werden sie nicht jünger.«
    VIELLEICHT WÄRE ES EINEN VERSUCH WERT.
    Noch mehr Gestalten bewegten sich vor dem Feuer. Tod bemerkte gestreifte Pfähle, an denen bunte Fähnchen hingen.
    »Meistens bringen die Männer mehrere Scheunentore hierher und nageln sie zusammen«, erklärte Frau Flinkwert. »Auf diese Weise entsteht der Tanzboden.«
    ICH VERSTEHE. FOLKLORISTISCHE SITTEN.
    »Wir haben hier gute Sitten«, betonte Frau Flinkwert sicherheitshalber.
    DARAN ZWEIFLE ICH NICHT.
    »He, das ist doch Bill Tür, nicht wahr?« fragte eine der Gestalten.
    »Der gute alte Bill!«
    »He, Bill!«
    Tod musterte offene, arglose Gesichter.
    HALLO, FREUNDE.
    »Wir haben gehört, daß du fortgeritten bist«, sagte Herzog Unten. Er sah zu Frau Flinkwert, als Tod ihr vom Pferd half. Einige Sekunden blieb er still, während er versuchte, die Situation zu analysieren.
    »Heute abend, äh, strahlst und funkelst du regelrecht, Frau Flinkwert«, sagte er schließlich.
    Die Luft roch nach warmem und feuchtem Gras. Unter der Plane traf ein Amateur-Orchester letzte Vorbereitungen.
    Auf langen Tischen stand jene Art von Nahrung, die man getrost »üppig« nennen konnte: Schweinepasteten, die aussahen wie glasierte Festungen; große Töpfe mit teuflisch anmutenden eingelegten Zwiebeln; gebackene Kartoffeln, die in einem Cholesterinozean aus geschmolzener Butter schwammen. Einige der Alten aus dem Ort hatten bereits auf den Sitzbänken Platz genommen, kauten sich zahnlos durchs Menü und schienen entschlossen zu sein, die ganze Nacht auszuharren, wenn es unbedingt sein mußte.
    »Freut mich zu sehen, daß die alten Leute Spaß haben«, sagte Frau Flinkwert.
    Tod beobachtete die Speisenden – viele von ihnen waren jünger als Renata.
    Irgendwo in der aromatisch duftenden Dunkelheit jenseits des Feuers kicherte jemand.
    »Die jungen Leute nicht zu vergessen«, fuhr Frau Flinkwert fort. »Damals hatten wir eine Redensart für diese Zeit des Jahres. Wie hieß sie noch…? ›Das Korn ist reif, die Nüsse sind braun, hoch die Röcke, um drunter zu…‹ und so weiter.« Sie seufzte. »Die Zeit vergeht viel zu schnell, nicht wahr?«
    JA.
    »Weißt du, Bill Tür, vielleicht hattest du recht mit deinem Hinweis auf die Kraft des positiven Denkens. Ich fühle mich schon viel besser.«
    JA?
    Frau Flinkwert sah nachdenklich zum Tanzboden. »Als Mädchen konnte ich gut tanzen. Hatte mehr Ausdauer als alle anderen. Mit meinem Tanz war ich imstande, den Mond unter- und die Sonne aufgehen zu lassen.«
    Sie hob die Hände,

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