Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
länger über mich redet, als wäre ich gar nicht anwesend.
»Ja, als du schwanger warst, hast du auch das Kinderzimmer gestrichen.«
»Ja und«
»Heute heißt es, dass Schwangere nicht mit bleihaltigen Farbdämpfen in Kontakt kommen sollen, weil sie möglicherweise das Ungeborene schädigen.«
Wir starren uns an.
Der Doktor beschließt, dass die Vorstellung vorbei ist, und begleitet uns hinaus.
»Wir sehen uns also in einem Monat«, sagt er.
IN EINEM MONAT
»Wieso erst in einem Monat«, frage ich nervös.
Er wirkt überrascht. »Im nächsten Monat wird nichts Aufregendes passieren, das verspreche ich Ihnen. Das Kleine erledigt die Arbeit ganz allein, Sie brauchen mich erst ganz am Schluss.«
Das heißt also, keine tröstenden Gespräche Keine beruhigenden Worte Keine väterliche Unterstützung
»Sonst noch Fragen«
»Ja, mir ist sehr übel«, sage ich, schließlich stimmt das auch. »Kann ich irgendwelche Medikamente dagegen nehmen, die mein Kind nicht schädigen«
Er setzt sich erneut und stellt mir ein Rezept aus.
»Das hilft gegen das Erbrechen, die Übelkeit wird Sie allerdings noch eine Weile begleiten.«
»Es ist wirklich schlimm. Mir ist mehr oder weniger ständig schlecht.«
Er sieht mich geduldig an. Sein Blick spricht Bände. Ja, Schätzchen, da geht es dir genauso wie allen anderen Schwangeren dieser Welt. Du musst damit leben.
Wir verabschieden uns, und ich bin schon am Ende des Flurs angelangt und will die Rechnung bezahlen, als meine Mutter auf dem Absatz kehrtmacht und in sein Zimmer rennt.
Ich wende mich an die Empfangstussi.
»Das macht dreihundert Rand, bitte«, verkündet sie und überreicht mir eine amtlich aussehende Rechnung.
Dreihundert Rand! Dieses Baby kostet jetzt schon jede Menge Geld, obwohl es noch gar nicht auf der Welt ist. Ich reiche ihr meine Kreditkarte.
Sie blättert in ihrem Kalender. »Schauen wir mal, wann ein neuer Termin frei ist.«
»Er meinte, in einem Monat«, erkläre ich.
Sie rümpft die Nase. »Natürlich, wenn Sie im ersten Schwangerschaftsdrittel sind.«
Blöde Kuh.
Sie trägt mich ein, mit Bleistift, falls der Arzt den Termin verschieben muss.
»Er geht nämlich irgendwann im nächsten Monat Golf spielen, aber ich rufe Sie an und gebe Ihnen noch Bescheid.«
Ja, klar, mein nerviges kleines Wunder soll seinem dritten Loch schließlich nicht im Wege stehen.
Sie zeigt auf eine Glasschale am Ende des Empfangstresens.
»Vergessen Sie nicht, nächstes Mal einen mitzubringen.«
Ich sehe genauer hin. Die Schale enthält lauter kleine Behälter.
Ich nehme einen mit einem grünen Deckel und verstaue ihn so tief wie möglich in meiner Tasche.
Meine Mutter eilt durch den Flur herbei.
»Es war Minnesänger«, ruft sie.
Die Empfangstussi und ich starren sie an.
»Wie bitte«
Sie zückt die Zeitschrift. »Troubadour mit zwölf Buchstaben! Es war Minnesänger.« Sie wendet sich an mich.
»Dein Arzt kann wirklich was.«
Ich lächle sie an, während die Empfangstussi die Zeitschrift mit hochgezogenen Brauen beäugt. Aber meiner Mutter ist das egal.
Sie steckt sie wieder in ihre Handtasche und erklärt brüsk: »Der Doktor hat gesagt, ich darf sie behalten!«
In diesem Moment empfinde ich eine überwältigende Liebe für meine Mutter. Ich hake mich bei ihr ein und lächle die Tussi zuckersüß an.
Wir kehren ihr den Rücken zu und fahren nach Hause. Um dreihundert Rand ärmer, aber um eine Zeitschrift und jede Menge Stolz reicher.
Ein Monat kann sehr lang sein, wenn man auf einen Ultraschall wartet. Der ist nämlich das Spannendste am Kinderkriegen, der Höhepunkt einer ansonsten zweifelhaften Erfahrung mit dem eigenen Körper. Während ich zusehe, wie sich mein Körper verändert, meine Brüste anschwellen und ihre Form verändern, meine Haare schlaff werden, die Pickel sprießen und sich mein Geschmacks- und Geruchssinn radikal verändern, werde ich das Gefühl einfach nicht los, dass mir mein Körper nicht mehr gehört.
Bisher konnte ich mich stets darauf verlassen. Ich kannte durchaus meine Grenzen, wusste aber vor der Schwangerschaft sehr genau, was ich tun und essen konnte und was nicht. Auch, womit ich mir die Haare waschen konnte. Im ersten Schwangerschaftsdrittel ist das anders. Ich bekomme eine völlig neue Einstellung zum Essen, wechsle meine Hautpflegeprodukte, ja sogar meine Shampoos, um den neuen Bedürfnissen meines Körpers gerecht zu werden. Ich versuche mir einzureden, dass ich das eigentlich gar nicht bin und das im Grunde
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