Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
das auch für dich tun.«
Ich stimme ihr zu und nehme mir eine Zeitschrift. Schnell stelle ich fest, dass die Einrichtung das gesamte Budget verschlungen haben muss, denn die Ausgabe in meiner Hand ist zwar teuer, aber uralt. Die Titelgeschichte handelt vom Umzug von Victoria und David Beckham in die USA. Ich werfe einen Blick auf weitere Hochglanzmagazine auf dem Couchtisch. Was Sie über die Regionalwahlen wissen müssen (drei Jahre her). Willem-Alexander und Máxima haben eine dritte Tochter bekommen (zwei Jahre her). Ich stehe auf, um die Broschüren im Regal zu betrachten. Eine informiert über Geburtsvorbereitungskurse einer gewissen Sheila. Eigentlich brauche ich so was nicht, denke ich. Ich habe schon zwei Bücher. Es gibt auch mehrere Broschüren, die von Umstandskleidung schwärmen.
Ich nehme von jeder eine. Ich bin nicht zierlich, nie gewesen, insofern sind die Designer-Umstandskleider eh bereits nichts mehr für mich. Wenn man schon in der ersten Schwangerschaftswoche Kleidergröße 44 hat, tut man sich schwer, Konfektionsware zu finden, in der man nicht aussieht wie eine fette Kuh. Beim Betrachten der Broschüren stelle ich fest, dass mindestens drei Firmen einen Versandservice anbieten, also verstaue ich sie für später in meiner geräumigen Handtasche.
Die große dunkelhaarige Arzthelferin beugt sich über den Empfangstisch.
»Mrs Cowen«
»Miss.«
Sie zieht elegant die Brauen hoch.
»Ich dachte, Sie sind verheiratet.«
»Das bin ich auch, habe aber meinen Namen behalten.«
»Ach so.«
Das spricht Bände, außerdem ermüdet es mich.
»Nennen Sie mich Sam«, biete ich an.
»Nun … Sam …, der Doktor ist noch nicht da. Wir müssen Sie auf halb vier verschieben. Wollen Sie hier warten oder später wiederkommen«
Ausgerechnet während meiner Schwangerschaft wird der Praxisparkplatz umgebaut, und es sind nur noch halb so viele Parkplätze verfügbar wie sonst. Wer das Glück hatte, einen zu ergattern, gibt ihn nicht mehr her. Wem dieses Glück nicht beschieden war, der muss in der Straße hinter der Praxis parken und ein Stück laufen. Normalerweise ist das nicht weiter tragisch, aber bei 34 Grad im Schatten …
»Nein, das macht nichts, wir warten hier.« Nun, das macht schon etwas, aber was ist die Alternative
Außerdem will meine Mutter bleiben. Sie hat in einer der alten Zeitschriften ein noch jungfräuliches Kreuzworträtsel entdeckt. Meine Mutter liebt Kreuzworträtsel – man darf sie nie irgendwo mit einem ungelösten Kreuzworträtsel allein lassen, denn sonst zückt sie ihren Stift schneller, als man »fünf senkrecht« sagen kann. Genau das hat sie auch jetzt getan. Der Stift kratzt schon flink über das Papier wie die Feder eines mittelalterlichen Mönches.
Meine Mutter ist eine sehr elegante Erscheinung. Sie ist schlank, durchtrainiert und braun gebrannt. Sie ist stets vorzeigbar, perfekt geschminkt, und ihre Frisur sitzt immer. Das macht ihren Kreuzworträtselwahn etwas beängstigend.
Denn ein solches Verhalten würde man doch eher von einer Frau erwarten, die mit acht Katzen und dem Shopppingkanal zusammenlebt – nicht von jemandem, der den Frühling in Paris und den Sommer in Madrid verbringt. Ich bin hin und her gerissen zwischen Respekt und peinlicher Berührtheit. Die peinliche Berührtheit trägt den Sieg davon.
»Mama, hör auf damit!«, zische ich sie an.
»Warum«, zischt sie zurück, während ihr Stift weiter über das Blatt flitzt, »die Zeitschrift ist fünf Jahre alt, wen soll das stören«
Wo sie recht hat, hat sie recht.
»Setz dich auf meine andere Seite«, sagt sie und sticht mich mit ihrem Stift.
»Warum«
»Damit mich die Empfangstussi nicht sehen kann.«
»Ich dachte, das stört niemanden«
»Ja, aber sie hat uns fest im Blick.«
Tatsächlich. Ich setze mich um und benutze meinen 80-Kilo-Körper als Schutzschild, um meine Mutter den Blicken der Empfangstussi zu entziehen. Das bereitet mir eine kindliche Freude. Du lässt uns warten, dafür lösen wir dein Kreuzworträtsel. Das ist albern, nichts, was eine gute Mutter tun würde. Ich will schon eine entsprechende Bemerkung zu meiner Mutter machen, überlege es mir jedoch anders. Sie ist über die Zeitschrift gebeugt und murmelt etwas vor sich hin.
»Sei ruhig, jeder kann dich hören.« Ihr ist das egal, sie ist im Kreuzworträtselfieber.
»Ein anderes Wort für Troubadour. Zwölf Buchstaben.«
»Was ist ein Troubadour«
»Entschuldigen Sie, der Doktor hätte jetzt Zeit für Sie.« Die
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