Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
weh und beschleunigt die Wehen.«
Das ist mir egal, und das sage ich ihnen auch.
»Bisher hatte ich kein Wörtchen mitzureden. Man hat in mir herumgestochert, mich vollgekleistert, und jetzt will ich eine PDA.«
Der Frauenarzt ist nicht zufrieden.
»Ich könnte die Membran jetzt zerreißen und Ihnen die PDA in etwa einer Stunde geben …«
»ICH WILL EINE PDA, UND ZWAR SOFORT! SIE STOCHERN MIT KEINEN INSTRUMENTEN IN MIR HERUM, BIS DAS ERLEDIGT IST!«
Ich bekomme meine PDA.
Mit meinen Wehen beginnt eine Phase zwischen Wachen und Träumen, ich kann meine Beine und Hüften nicht mehr spüren.
Ich spüre auch nicht die längste Häkelnadel, die ich je gesehen habe und die zwischen meinen Beinen eingeführt wird. Ich weiß, dass meine Fruchtblase geplatzt ist, weil ich eine warme Pfütze unter mir wahrnehme, aber das ist harmlos. Ich liege wieder zwischen meinen Papierlaken und sehe mir ein Spiel von Südafrika gegen England an. Seit meinem Wutausbruch verläuft alles äußerst friedlich. Ich bin an ein Gerät angeschlossen, das Christophers Herztöne überwacht, sowie an einen Wehenschreiber. Der druckt meine Wehen aus und erinnert an die meteorologischen Apparate, die man in Filmen sieht, bevor ein Zyklon zuschlägt. Ich fühle mich merkwürdig losgelöst von allem. Ich sehe, wie sich mein Bauch ausdehnt und zusammenzieht, kann es aber nicht spüren. Die Wehen kommen alle drei bis fünf Minuten. Eine andere Krankenschwester – Glenda hatte Feierabend – erklärt mir, dass Chris auf dem Weg nach drau ßen sein wird, wenn die Wehen etwa jede Minute kommen. Martin ist vom Friseur zurückgekehrt und schläft in dem Sessel neben meinem Bett. Es ist warm im Zimmer, und auch ich bin müde, werde aber das Gefühl nicht los, dass hier etwas falsch läuft. Normalerweise geht das anders. Wie, weiß ich auch nicht, aber bestimmt nicht so. Im Film hat die Heldin Schmerzen, ihre Fruchtblase platzt, der Held bringt sie ins Krankenhaus/zur netten Hebamme/zu einer Person mitten in der Wildnis ohne jede medizinische Qualifikation, aber was soll’s. Sie hat bereits etlichen strammen Babys auf den Weg geholfen, alle sind gesund und munter. Anschließend bringt sie das Kind vollkommen natürlich mit einem Minimum an Schmerzen und Aufhebens zur Welt. Ich aber liege hier, bin an einem Tropf an der einen und an zwei Maschinen an der anderen Seite angeschlossen, habe Wehen,
die ich nicht spüre, und sehe mir ein Cricket-Match an. Ich habe ein schlechtes Gewissen, als würde ich schummeln. Ich stelle meine Entscheidung immer mehr infrage. Hätte ich durchhalten und warten sollen, bis Chris seinen Auftritt hat Verstoße ich gegen die Natur War die PDA wirklich nötig Müsste ich die Schmerzen nicht ertragen wie »eine richtige Frau« Ich mache mir Sorgen, dass ich etwas manipuliere, das am Ende wie von selbst gegangen wäre. Oder vielleicht doch nicht Hätte mein Kind Probleme bekommen, wenn die Geburt nicht eingeleitet worden wäre Und wäre das nicht schlimmer Ich, die ich über sämtliche Mittel der modernen Medizin verfüge, schlage sie aus Wäre das nicht noch viel arroganter gewesen
Dass mein Selbstvertrauen derart angeschlagen ist, macht mir Angst. Ich habe noch keine Frau für ihre Geburtsmethode verurteilt. Warum verurteile ich mich selbst Warum kann ich mich nicht einfach entspannen und mich den erfahrenen Händen von Schwestern und Ärzten überlassen Tief in meinem Innern fühle ich mich, als ob ich mich gedrückt, mich für den Weg des geringsten Widerstands entschieden hätte. Keine Ahnung, ob einen dieses Gefühl jemals wieder verlässt, egal, wie man sich später als Mutter verhält.
Auf der anderen Straßenseite machen die Arbeiter noch eine Pause. Aber genau genommen, stimmt das nicht. Soweit ich das beurteilen kann, hat einer schon den ganzen Tag Pause. Derjenige, der Zement gemischt hat, sitzt im Schubkarren und isst einen Pie. Zwei seiner Kumpel reden mit ihm, ein dritter scheint ein Nickerchen unter einem Baum zu machen. Alles sieht so normal aus. Ich möchte aufstehen, das Fenster aufreißen und ihnen zurufen: »He, das ist kein gewöhnlicher Freitag! Gegen
Ende des Tages wird das Menschengeschlecht um ein Mitglied bereichert worden sein – um meinen Sohn Christopher! Hier geschieht gerade ein Wunder.« Aber das tue ich natürlich nicht. Erstens dürfte sie das nur peripher interessieren, zweitens bin ich von der Hüfte abwärts gelähmt.
Ich schließe die Augen und versuche mir vorzustellen, wie mein Sohn
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