Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
lauter blauen Adern durchzogen. Außerdem sind sie undicht, wenn man sie zusammendrückt, Sarahs Test beweist es mir. Sie nickt zufrieden.
»Ihre Milch schießt endlich ein«, verkündet sie. »Stillen Sie weiterhin nach Bedarf, dann wird es schon klappen.«
Stillen nach Bedarf Habe ich das richtig verstanden
Sie nickt. »Die La-Leche-Liga unterstützt das«, sagt sie. »Sie ist der Auffassung, dass ein Baby gestillt werden sollte, wann immer es will. Es weiß instinktiv, wann es Hunger hat.«
Die La-Leche-Liga muss es ja wissen, schließlich betreibt diese Organisation Stillberatung in zig Ländern weltweit. Aber ich habe meine Zweifel. Wenn das nämlich wirklich so ist, wird aus Chris noch mal ein ungeheurer Vielfraß. Ich frage mich, ob das meine Schuld ist. Während des Studiums hatte ich auch mal eine Phase, in der ich alles in mich hineingestopft und -geschüttet habe, was nicht niet- und nagelfest war. Hat er das vielleicht jetzt in den Genen
Sarah lacht. Sie kann es sich leisten. Ihre Brüste sehen nicht aus wie Kuheuter.
»In der Regel dauert es ein paar Tage, bis Sie Ihren Stillrhythmus gefunden haben.«
Ein paar Tage In Gedanken überschlage ich, dass ich in den letzten drei Tagen genau zehn Stunden geschlafen habe. So kann das unmöglich weitergehen. Ich beginne erneut zu weinen.
»Ich bin so erschöpft, ich glaube nicht, dass ich das schaffe«, sage ich weinend. »Ich bin so eine schlechte Mutter, dabei wollte ich alles richtig machen.«
Sarah umarmt mich.
»Sie sind KEINE schlechte Mutter, Sie sind normal. Das Mädchen, das zwei Zimmer weiter liegt, hat seit gestern nicht mehr aufgehört zu weinen.«
Aber dieses Mädchen irgendwo nebenan ist mir egal. Nicht sie muss meinen Sohn mit nach Hause nehmen, sondern ich.
Und ich werde das Gefühl aufkommender Panik einfach nicht mehr los.
Später kommt mich Kate besuchen. Kate, die Stillexpertin. Kate ist liebevoll, mütterlich und sehr hübsch. In ihrer Gegenwart geht es mir gleich besser.
»So wie es aussieht, machst du alles richtig«, sagt sie, als Christopher an meiner Brust nuckelt. »Aber zerbrich dir nicht den Kopf darüber, ob etwas richtig oder falsch ist, liebe ihn einfach.«
Das klingt so einfach. Aber nach fünfzehn Minuten an jeder Brust ist Christopher immer noch nicht glücklich. Er fängt an zu kreischen, und sein Gesicht wird puterrot. Ich bin verzweifelt. Was habe ich falsch gemacht Kate nimmt ihn mir ab und versucht ihn zu beruhigen. Ich beginne erneut zu weinen. Wenn Sarah recht hat, habe ich die Hälfte meiner Heulanfälle für heute bereits hinter mir. Aber ich fühle mich so, als wäre das erst der Anfang. Mutter sein müsste instinktiv funktionieren – man tut, was sich richtig anfühlt, alles Weitere ergibt sich von selbst. Nun, für mich fühlt sich gar nichts richtig an. Ich verspüre nichts als Erschöpfung und Widerwillen. Ich betrachte dieses wütende kleine Baby, das einen Krankenhausstrampler mit einer Nummer trägt und aussieht wie ein kleiner Strafgefangener. Ich versuche, so etwas wie Mitleid zu empfinden. Er hat nicht darum gebeten, hier zu sein. Ich habe ihn geplant, empfangen und in mir heranwachsen lassen. Das Ganze ist meine Schuld, mein Fehler, mea culpa. Doch sosehr ich mich auch bemühe, ich wünsche mir nur, dass jemand kommt und ihn mir wegnimmt. Kate beruhigt ihn, streicht ihm über den Rücken und murmelt leise auf ihn ein. Langsam beruhigt er sich, nicht ohne dass sein
schmaler Körper von Schluchzern erschüttert wird. Kate will ihn mir zurückgeben.
»Nein!« Noch bevor ich mir auf die Zunge beißen kann, ist es heraus. Chris fängt erneut an zu weinen. Oh Gott, er kann mich hören, er weiß, dass ich ihn nicht will. Kate wirkt ratlos.
»Bitte, ich will einfach nur schlafen«, schluchze ich, »nur ein, zwei Stündchen, bitte.«
Jetzt weinen wir im Chor.
Kate reagiert sehr freundlich und verständnisvoll. »Natürlich. Ich bringe ihn ins Säuglingszimmer, und du ruhst dich aus.« Ich werde ein »Bitte nicht stören«-Schild an die Tür hängen.
Sie lächelt. »Da müssen wir alle durch, weißt du. Du brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben, die Geburt eines Kindes ist ein Übergangsritus.«
Das kann man wohl sagen!
Ich lasse mich in die Kissen fallen, während sie mit meinem mittlerweile ein wenig zur Ruhe gekommenen Baby das Zimmer verlässt. Das Baby, das ich nicht beruhigen oder trösten kann. Fleisch von meinem Fleisch, das mich hasst, zumindest fühlt es sich so an. Ich kann ihm das
Weitere Kostenlose Bücher