Alles so schoen rund hier - Mein erstes Schwangerschaftsabenteuer
sind da, die Promotionmanager. Männer. Oh Gott.
Beide sehen mich besorgt an. Das liegt an meinen roten Augen, meiner zugeschwollenen Nase und meinen fettigen Haaren. So haben sie mich noch nie gesehen. Und wenn es nach mir geht, werden sie mich auch nie mehr so sehen.
»Hallo.« Ravi lächelt mich unsicher an. Er hat einen Riesenstrauß Blumen in der Hand. Ich bemerke sie ängstlich. Blumen sind im Krankenhaus verboten, weil es nicht genügend Vasen gibt. Ich nehme mir vor, Martin zu bitten, mir eine von zu Hause mitzubringen.
Dex geht im Zimmer auf und ab. Mir fällt der große Fleck auf, der die Vorderseite meines Nachthemds ziert. Wahrscheinlich Muttermilch. Ich ziehe die Decke bis unters Kinn und hoffe, dass niemand etwas bemerkt hat.
»Wie ich sehe, hast du viele Blumen bekommen«, sagt Dex, um überhaupt etwas zu sagen.
»Ja.« Ich nicke.
»Wie geht es dir«, fragt Ravi.
»Oh, gut. Prima. Fantastisch.«
»Und das Baby Alles in Ordnung
»Ja, alles bestens. Es geht ihm gut. Wirklich.«
Wir lächeln uns an, gelähmt vor Höflichkeit. Ich will, dass sie wieder gehen. Ich sehe, dass sie gehen wollen. Aber man kann keine frischgebackene Mutter besuchen und sofort wieder abhauen. Also bleiben sie.
Ravi räuspert sich. »Du fehlst uns.«
Das sind gute Neuigkeiten. Ich bin also nicht vollkommen nutzlos. Ich schaffe es vielleicht nicht, mein Kind zum Schlafen zu bringen, aber bei einer preisgekrönten Morgenshow im Radio werde ich vermisst. Das steigert mein Selbstbewusstsein ungemein, was auch dringend nötig war.
»Ich werde bald zurück sein, ihr werdet staunen!« Alle lächeln freundlich. Auch wenn es keiner ausspricht – die Botschaft ist klar: Natürlich, Sam. Verarschen können wir uns auch allein. Aber ich gebe nicht so schnell auf.
»Ich habe ein paar tolle Ideen«, sage ich verzweifelt. »Ich könnte …«
»SAM!« Terry schaltet sich ein. »Mach dir keine Gedanken über die Sendung. Genieß einfach dein Baby und deine Zeit zu Hause, danach sehen wir weiter.«
Sie erhebt sich zum Gehen. Die Männer folgen ihr dankbar. Ich lächle. Es kostet mich den letzten Rest Selbstbeherrschung, der mir noch geblieben ist. Ich möchte rufen: »Wartet! Geht
noch nicht! Nehmt mich mit! Ich weiß, wie man eine Radiosendung moderiert, aber das hier kann ich nicht. Bitte, nehmt mich mit, ich bin auch ganz brav!«
Aber ich schweige. Ich bin schließlich Mutter.
»Tschüs dann, Sam.« Alle kommen zu mir und geben mir einen Kuss. Ich fühle mich, als wäre ich ihre Oma, die gerade im Sterben liegt.
»Bis bald.« Terry winkt mir mit ihrem Handy zu und verlässt das Zimmer. »Ruf mich an«, formen ihre Lippen.
»Danke, wird gemacht«, sage ich lächelnd.
Aber ich tue es nicht.
Ich bleibe noch eine Nacht im Krankenhaus. Weil ich viel zu viel Angst davor habe, nach Hause zu gehen. Was, wenn ich verschlafe und nicht mitbekomme, dass er vor Hunger weint Was, wenn meine Milch nie richtig einschießt Was, wenn er auf den Bauch rollt und erstickt Es ist mitten im Winter, was, wenn er erfriert Aber irgendwann muss ich wohl oder übel nach Hause, und so kommt Martin am vierten Tag und holt mich ab. Er findet eine völlig aufgelöste Frau vor.
»Ich passe nicht in meine Kleider!« Ich halte einen schwarzen Pulli mit Polokragen und eine Jeans hoch. Dieselbe Jeans, in die ich bis zum vierten Monat hineinpasste. Damals wog ich 84 Kilo. An dem Tag, als ich ins Krankenhaus ging, um Christopher zur Welt zu bringen, wog ich 102. Keine Ahnung, wie ich auf die Idee kam, ich könnte in vier Tagen 18 Kilo abnehmen. Aber als Schwangere bin ich selbstverständlich davon ausgegangen. Als ich Martin irgendwann sage, welche Kleider er mir für
die Heimfahrt mitbringen soll, flüstert mir irgendeine idiotische Stimme ein: Logisch passt du wieder in die alten Sachen, Sam, kein Problem.
Ich schluchze erneut. Martin kratzt sich den Kopf und macht einen verzweifelten Eindruck. »Soll ich heimfahren und dir andere Sachen holen«, will er wissen.
»NEIN! Ich will nach Hause, und zwar SOFORT!« Ich muss hier raus! Das Krankenhaus erstickt mich. Ich will nach Hause und endlich wieder frei durchatmen.
Martin holt tief Luft.
»Warum fährst du nicht in deiner Schlafanzughose nach Hause Die sieht aus wie eine Jogginghose.«
Seine geniale Idee verblüfft mich so, dass ich zu unserer, aber vor allem zu seiner Erleichterung aufhöre zu weinen.
Ich packe langsam meine Tasche. Aua! Die Kaiserschnittnarbe heilt sehr gut, behauptet mein
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