Alles über Elfen (German Edition)
rechtfertigen ließe. Vielmehr erwähnt Tolkien deutlich, dass zumindest die Waldelfen Thranduils häufig auf die Jagd gehen und eine der Verlockungen, über die sich die Wanderer im Nachtwald sehr freuen, als sie auf ein Elfenfest stoßen, ist der Duft von gebratenem Fleisch.
Ich bestreite nicht, dass es gewiss Vegetarier unter den Elfen geben mag, doch ich bezweifle stark, dass sie samt und sonders fleischlos leben (schon gar nicht unter den wilderen Elfenstämmen). Ich gehe davon aus, dass der Verzicht auf Fleisch unter den Elfen eine persönliche Entscheidung und kein durchgängiges Merkmal ist, das auf all ihre Gesellschaften zutreffen würde. Die elfische Weltsicht ist eine faszinierend vielfältige, und es scheint mir ein sehr günstiger Moment, sie etwas näher in Augenschein zu nehmen.
Unentrinnbares Schicksal und immerwährende Wiedergeburt – Von der metaphysischen Weltsicht der Elfen
Man mag zu Marx stehen, wie man möchte, aber sein berühmter Ausspruch vom Sein, das das Bewusstsein bestimmt, lässt sich hervorragend auf Elfen anwenden – insbesondere deshalb, da das Dasein eines jeden Elfen in der Regel viel länger währt als das eines Menschen. Es wird daher auch Zeit, nicht länger um den heißen Brei herumzureden, sondern sich ganz konkret mit diesem Phänomen zu befassen. Wir wissen, dass Elfen sehr alt werden, doch wie alt ist sehr alt? Tolkien unterteilt das Leben eines Elfen in mehrere Abschnitte, ohne diese allerdings mit bestimmten Bezeichnungen zu versehen. Ich hoffe, Sie verzeihen, wenn ich mir erlaube, diese Phasen im Folgenden selbst zu benennen, und zwar als Kindheit, Jugend, Erwachsenenalter und Greisenalter. [Plischke: In manchen Modellen werden Kindheit und Jugend zu einer Phase zusammengefasst, um so zu einem sauberen, in drei Abschnitte gegliederten »Lebensentwurf« zu kommen]
Kindheit
Für die Kindheit der Elfen gilt exakt das Gleiche wie für alle ihrer späteren Lebensphasen: Sie dauert länger als bei uns Menschen. Man darf sich also nicht vorstellen, dass ein Elfenkind mit drei bis vier Jahren die absolut grundlegendsten Fähigkeiten des Laufens und Sprechens gemeistert hat und dann nach grob gesprochen einem weiteren Lebensjahrzehnt in die Pubertät eintritt. Wie gesagt: Alles dauert länger. Besonders freche Schmäher des Schönen Volkes bezeichnen Elfenkinder daher gern als entwicklungsverzögert. Das ist selbstredend Unfug. Mit bereits einem Jahr haben sie sprechen, laufen und tanzen gelernt. Natürlich ist es dennoch so, dass ein Elfenleben aus menschlicher Warte betrachtet quasi in Zeitlupe abläuft. Das bedeutet, dass ein Elf, der bereits 15 Sommer gesehen hat, einem Menschen von seiner körperlichen Erscheinung her trotzdem eher wie ein Fünfjähriger vorkommt. [Plischke: Da ein Elf dieses Alters aber in seiner geistigen Reife schon ein ganzes Stück weiter ist, als man auf den ersten Blick vermuten würde, resultiert das in dem gängigen Vorurteil, Elfenkinder seien furchtbar altklug. Das ist in gewisser Hinsicht durchaus verständlich, da man als Mensch eben selten Fünfjährigen begegnet, die sich mit einem beispielsweise dringend über Themen wie den Schutz der Natur oder die klanglichen Vorteile der Harfe gegenüber der Laute unterhalten wollen – und die dann noch in typischer Teenagermanier sehr, nun sagen wir einmal, feste Ansichten und Standpunkte entwickelt haben, an denen sie im Überschwang der Jugend mit Klauen und Zähnen festhalten, weil man sich von den Alten eben nichts sagen lässt]
Wer einem Elfen Geburtstagsgeschenke machen will, begeht übrigens einen kleinen Fauxpas. Für die Elfen beginnt das Leben bereits mit der Zeugung. Daher ist es auch der Zeugungstag, den sie feierlich begehen, und nicht der Tag ungefähr ein Jahr später, an dem ein Elf zum ersten Mal das Licht der Welt erblickt. [ Christiansen: Muss ich mir das so vorstellen, dass sie nach der Geburt zurückrechnen? Und wenn ja, gibt es da keine Schwankungen? Ich meine, funktioniert dann ausgerechnet elfische Fortpflanzung so präzise wie ein Uhrwerk, wo sie ansonsten doch eher mal die Fünfe gerade sein lassen? Plischke: Möglicherweise hat es eine Elfe aber auch einfach im Gefühl, wenn ein neues Leben in ihr heranreift. Schon mal darüber nachgedacht?]
Elfenkritiker behaupten bisweilen, das Schöne Volk würde einen antiautoritären Erziehungsstil pflegen und seinen Sprösslingen alles durchgehen lassen. Angeblich, so wird kolportiert, würden Elfenkinder keinerlei Grenzen und
Weitere Kostenlose Bücher