Alles über Elfen (German Edition)
des Schönen Volkes untermauern sollen, sind außerdem jene, bei denen die Elfen (zumeist offenkundig feindselig gesinnte) Eindringlinge auf ihr Gebiet aus dem Hinterhalt angreifen oder sie durch ein Ablenkungsmanöver – ein Elf lässt sich kurz sehen und läuft dann davon – in einen Bereich ihres Territoriums locken, wo die Fremden von zuvor gelegten Fallen oder natürlichen Bedrohungen (giftige Dämpfe aus Erdspalten, belebte Dornenranken und ähnliches) unschädlich gemacht werden.
Was die Geschichten angeht, in denen Besucher erst scheinbar freundlich aufgenommen wurden, um dann von irgendeinem Unglück befallen zu werden, ist es wahrscheinlich reichlich unfair, den Elfen böse Absichten zu unterstellen. Hierbei dürfte es sich um nichts anderes handeln als um kulturelle Missverständnisse. Dazu kommt es unter allen Völkern. Die meisten sind harmlos: Wenn Sie in Japan vergessen, in die vor der Toilette bereitgestellten Kloschuhe zu schlüpfen, ehe Sie Ihr Geschäft verrichten, ist das vielleicht ein bisschen peinlich, aber meistens nicht weiter dramatisch. Wir sollten bei derlei Situationen nie vergessen, dass der einen Seite – der gastgebenden – logischerweise die eigenen Verhaltensregeln so vertraut sind, dass sie wie Automatismen ablaufen. Da kann es schon einmal dazu kommen, dass man einen Fremden auf etwas potenziell Überlebenswichtiges hinweist, das es unbedingt zu tun oder zu vermeiden gilt. Klingt Ihnen zu trocken theoretisch? Schön, machen wir es praktischer. Sie wissen, dass man seine Finger nicht in eine Steckdose stecken sollte. Darüber denken Sie für gewöhnlich nicht einmal mehr großartig nach, wenn Sie sich im Umfeld von Steckdosen bewegen. Nehmen wir an, Sie würden einen unerwarteten Gast aus der Ferne bei sich willkommen heißen. Wahrscheinlich würden Sie ihm etwas zu essen und trinken anbieten und/oder einen schönen Platz zum Sitzen. Kämen Sie auf die Idee, ihn ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass er bitte nicht in die Steckdosen fasst? Sehen Sie. Da haben Sie’s. [Plischke: Das elfische Äquivalent dazu wäre natürlich so etwas wie »Warum sollte ich jemandem extra sagen müssen, dass er den Seelenkristall nicht berühren darf?«, »Jeder weiß doch, dass man von Schlummeräpfeln lange schläft«, oder »Es gehört ja wohl zu unserem Waldblütenfest dazu, dass am Ende wer gegen den Leisen Klauentod antreten muss.«]
Bei allen Vorwürfen jener Art, die sich im weitesten Sinne auf kriegerische Auseinandersetzungen beziehen, ist eines sehr auffällig: Sie werden ausschließlich von denjenigen erhoben, die aus einem solchen Gefecht als Verlierer hervorgehen. Hier scheinen mir zwei eherne Gesetze zu greifen, die immer eine Frage der Perspektive darstellen:
1.Wer einen Hinterhalt legt und dadurch den Sieg für seine Seite davonträgt, ist für selbige ein kluger Stratege; für den Gegner ist er ein unehrenhafter Feigling.
2.Gerät man in einen Hinterhalt und schlägt den Feind, ist selbiger natürlich dumm wie Bohnenstroh und die Schlacht konnte gar keinen anderen Ausgang nehmen; kassiert man eine Niederlage, ist der Gegner von bösartiger Verschlagenheit.
In Anbetracht dessen finde ich es grundsätzlich fairer, das Schöne Volk per se nicht heimtückisch zu nennen. Mein Alternativvorschlag:
Elfen sind listenreich.
Elfen sind weinerlich.
Dieser Vorwurf ist allein schon deshalb ein wenig problematisch, weil er sich klar mit dem etwas weiter oben beißt, die Elfen wären emotional schrecklich unterkühlt. Ein bisschen drängt sich hier der Eindruck auf, die Elfen würden von ihren Verächtern in eine Ecke gedrängt, über der ein großes Schild mit der Aufschrift »Wie man’s macht, ist es verkehrt« hängt. Geben sie sich zurückhaltend und reserviert, so heißt es, sie wären von einer erschreckenden Gefühlskälte und scherten sich nicht im Geringsten darum, wie es anderen ergeht. Bringen sie ihre innersten Regungen zum Ausdruck, sind sie Waschlappen und Weicheier.
Ich möchte dabei allerdings nicht verhehlen, dass viele Elfen – insbesondere ab einem bestimmten Alter – eine Schwermut ausstrahlen, die ihre Gegenwart offenkundig nicht immer zu einem Vergnügen macht. Manchen Augenzeugenberichten zufolge sind diese Elfen dazu in der Lage, tage- oder gar wochenlang ihre Zeit folgendermaßen zu verbringen:
Sie blicken stumm ins Leere (vorzugsweise in alten Ruinen, in direkter Nähe eines toten Baums oder am Ufer eines Teichs, dessen Oberfläche glatt und schwarz wie
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