Alles über Elfen (German Edition)
wieder einschläft, hört er damit auf und erstickt.
In dieser Geschichte spielen viele Motive eine Rolle, wie wir sie auch von den Elfen kennen: verlockende Schönheit, ewige Jugend, der Verlust selbiger durch den intimen Kontakt mit Sterblichen, die Möglichkeit der Fortpflanzung mit uns sowie beeindruckende magische Fähigkeiten. [Plischke: Obwohl die gerne mal einen sehr düsteren Touch haben. So weiß eine Legende beispielsweise auch davon zu berichten, wie der Untergang von Vineta – einer mythischen Stadt, die in grauer Vorzeit in der Ostsee versunken ist – von einer Undine hellseherisch angekündigt wurde.]
Ein Talent der Undinen klammert die obige Schilderung dabei sogar völlig aus: Vielen Geschichten zufolge singen die Undinen so schön, dass sie bei keiner Casting-Show Bedenken haben müssten, nicht in den Recall eingeladen zu werden. Fairerweise ist verlockender Gesang allerdings auch mehr der Zuständigkeitsbereich der Sirenen. Diese Augen- und Ohrenweiden sitzen auf Klippen oder Felsen im Wasser und locken Seeleute durch ihre süßen Melodien ins Verderben – blind vor Sehnsucht, den Schönheiten nahe zu sein, steuern die armen Kerle ihr Schiff ins Verderben. [Christiansen: Man braucht nicht viel Phantasie, um sich zusammenzureimen, wovon diese Damen da wohl singen mögen. Ich tippe mal nicht, dass es sich um keusche Balladen von reiner Liebe handelt … Plischke: Ich finde es ehe ungerecht, dass wir den Begriff Sirenen in der Regel eher mit nervigen Warnapparaturen in Verbindung bringen, die ein unerträgliches Geheul ausstoßen. Das ist doch eine völlig fehlgeleitete Bezeichnung für die Dinger, denn bei solchem Katzenjammer würde man doch vor den echten Sirenen schleunigst das Weite suchen, anstatt unbeirrt und in erregter Vorfreude auf sie zuzuhalten …] Dank der berühmten Geschichte von Odysseus, der seinen Gefährten die Ohren verstopft und sich dann am Mast festbinden lässt, um einmal gefahrlos Sirenengesang lauschen zu können, könnte man meinen, Sirenen wären nur im Mittelmeer zu Hause. Dabei kann der gute alte Vater Rhein mit seiner eigenen Sirene aufwarten: So saß die schöne Loreley lange Zeit auf jenem Felsen, der heute ihren Namen trägt, kämmte ihr güldenes Haar und sang vor sich hin. So brachte sie zahlreiche entsprechend abgelenkte Schiffer dazu, sich auf dem Rhein gewissermaßen grob zu verfahren und für diese Unachtsamkeit mit dem Leben zu bezahlen. Ganz gleich, wo sie auftaucht: Die Sirene versinnbildlicht die für viele Elfen (und Feen) geltende Maxime, dass Schönheit – ein an sich ja eher positiv belegter Wert – tödliche Gefahren bergen kann. [Plischke: Tut mir leid. Ich muss jetzt hier mal kurz eingreifen, und zwar allen Vereinfachungsbestrebungen zum Trotz. Es kann nicht angehen, dass Kollege Wolf an dieser Stelle einfach die Nixen unterschlägt, wo er hier so umfassend über Wassergeister und ihre Nähe zu den Elfen schwadroniert. Christiansen: Sind das die mit den Fischschwänzen? Plischke: Eben nicht! Das sind die Meerjungfrauen. Zumindest, wenn man das alles ansatzweise sauber voneinander trennen will. Christiansen: Tut das not? Plischke: Ich finde schon. Allein deshalb, weil Nixen nämlich auch männliche Pendants haben und das ein ausgezeichnetes Argument dafür ist, sie als funktionierenden Ableger des Schönen Volkes zu betrachten. Vor allem, weil diese Nixen, Necker oder Nöcker – je nachdem, wie man sie nennen will und in welchem Dialektraum man sich gerade aufhält – eben auch ihre überwiegend weiblichen Opfer mit Harfengesängen unter Wasser locken, und zwar gern mal in eine Art Zauberreich. Oder sie bewahren die armen Seelen in großen Töpfen auf. Christiansen: Haben Sie was geraucht? Und überhaupt: Sind solche Wassermänner nicht furchtbar hässlich? Plischke: Kommt drauf an, wo man hinschaut. In Osteuropa tendenziell eher schon, aber ansonsten sind das gerne mal richtige Schlecksteine. Oder würden Sie mit einem glupschäugigen Typen ins Wasser gehen, dem Algen im ungepflegten Bart wachsen?]
Schönheit ist denn auch eine Eigenschaft, die sämtliche Nymphen teilen. Wenn man so will, ist Nymphe in der griechisch-römischen Mythologie in letzter Konsequenz der Oberbegriff für alle Naturgeister, die sich uns Menschen in der Gestalt attraktiver junger Frauen zeigen. Viele von ihnen sind den antiken Überzeugungen nach an eine ganz konkrete Naturerscheinung gebunden – wie etwa an einen bestimmten Felsen, Fluss oder Busch –, doch
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