Alles über Sally
haben. Wie Sally nur glauben könne, er schere sich nicht um sie, er träume von ihr, in seinem verhunzten Leben sei sie der große Lichtblick.
»Ich möchte dich unbedingt sehen«, sagte er. »Falls du mich ebenfalls sehen willst.«
Er schlug vor, gemeinsam Mittagessen zu gehen. Gleich darauf kam er mit Komplimenten, man unterschlägt es besser – das haute Sally um. Wie konnte er mit diesem Zeug kommen, während er sich von Nadja trennte und Pläne machte, sich mit einer Russin zusammenzutun? Wie war noch mal ihr Name? Lena. Lena, wie der Fluss. Ach ja. Über diese Frau sagte er wenig, nur dass er eine Eingabe bei der Dienststelle gemacht habe wegen seiner Absicht, mit einer Frau fremder Nationalität zu leben. Er habe den Bescheid bekommen, sie müsse ihren Job an der russischen Botschaft kündigen, andernfalls werde Erik auf eine andere Dienststelle versetzt. Er sagte, wenn es nicht anders gehe, nehme er den Wechsel des Postens in Kauf.
Frau, Familie, Status, das alles wollte er eintauschen gegen die andere Frau. Und Sally gleich mit. Sie war erschüttert.
»Das muss Liebe sein«, seufzte sie.
»Das ist es!« verkündete er.
»Du würdest für sie allen Ernstes deinen Job aufgeben?«
Er ließ sich nicht zweimal bitten.
»Ohne mit der Wimper zu zucken.«
Viel mehr war nicht aus ihm herauszuholen, obwohl das Gespräch gut eine Viertelstunde dauerte. Sally erwähnte Alfreds Theorie, dass die Frau erfunden sei, da lachte er nur, Alfred sei ein Phantast.
Sally sagte, sie rufe ihn nochmals an, wenn alle im Bett seien. Er versprach, noch wach zu sein, er wisse, er könne jetzt ohnehin nicht schlafen, nachdem er ihre Stimme gehört habe, auch das heimliche Zusammensein mit Lena in Wien sei hart – Erinnerungen an den Sommer mit Sally – überall. Was für ein Spinner!
Nach Mitternacht meldete sich Sally, wie versprochen, er hörte nicht auf, ihr schönzutun – also – man würde gedacht haben, es gibt keine andere Frau in seinem Leben. Sally schlug vor, am Dienstag vielleicht nicht Mittagessen zu gehen, sondern sich an einem weniger öffentlichen Ort zu treffen. Er willigte sofort ein und sagte, um sechzehn Uhr im Vienna Danube. Als Sally ihn fragte, warum er zunächst den anderen Vorschlag gemacht habe, sagte er, er habe vorgehabt, sie zu verführen.
»Unnötig«, versicherte sie ihm.
Der Dienstag war ein stürmischer und warmer Tag, der nicht unbedingt der Jahreszeit entsprach. Im heftigen Wind fiel das Laub sehr rasch, die Blätter, die noch an den Bäumen hingen, hatten rostige Farben, sie raschelten gegen einen tiefblauen Himmel. Schon in der Früh richtete sich Sally bewusst her, sie wollte sich selber gefallen, um nicht das Gefühl zu haben, auszusehen wie eine verbitterte Frauin den mittleren Jahren. So übel sehe ich nicht aus! Sie trug eine dunkelblaue Jeans, die den Hintern betonte, und ein Leibchen, damit man sehen konnte, wie schlank sie war. Pünktlich um vier fand sie sich beim Hotel ein, zu ihrem Ärger musste sie den Wagen im Halteverbot abstellen, sie fand auf die Schnelle nichts Besseres.
Als sie das Zimmer betrat, redeten sie kaum etwas. Sally erwähnte zwar das Auto, und Erik kündigte an, ihr eine Erlaubnis für den Hotelparkplatz zu besorgen, aber im gleichen Moment schien er die Sache schon wieder vergessen zu haben. Er fiel mit Küssen über sie her. Alles sehr direkt, wie er es am Telefon versprochen hatte. Sally erwiderte die Küsse in einem nochmaligen Aufflackern ihrer barbarischen Gier. Das nächste war, dass sie am Bett kniete, alle Kleider schon weg, und Eriks Schwanz in den Mund nahm. Sie war ganz begeistert von der offensichtlichen Intensität seiner Gefühle, sein Verhalten vis-à-vis der Russin wurde dadurch zwar nicht weniger rätselhaft, aber in diesem Augenblick war es ihr egal. Nur beim Orgasmus, als Erik kam – nach dem Gespräch mit Nadja, also wirklich – jetzt kam es ihr ebenfalls merkwürdig vor, dass Erik in eine Art Geheul ausbrach. Schon ein wenig durchgeknallt! Aber auch hier, nachdem sie einige Augenblicke überlegt hatte: egal. Es hatte ihr bisher immer gefallen, warum sollte sie sich jetzt daran stoßen, wo die Affäre zu Ende ging.
Sie schafften es zum Auto, ehe es einen Strafzettel hatte, und parkten es um. Erik war hungrig, sie aßen etwas, sie redeten, er erzählte, wie entschlossen er sei, mit Lena zu leben. Und dass er Lena bereits in drei Tagen wiedersehen werde, in Prag.
Als Sally darüber ihr Erstaunen zeigte, sagte er, er nehme vor
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