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Alles Umsonst

Titel: Alles Umsonst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kempowski
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Wellington, die Spitfire und die Me 109. Eines nach dem andern segelte zu Boden. Dann öffnete er das Fenster, zündete sie an und ließ sie hinausgleiten in Richtung Baumhaus. Sehr naturgetreu stürzten sie auf den Hof. Seine Eisenbahn schichtete er in Kartons, die Ritterburg wurde in die Ecke geschoben, und das Mikroskop nahm er mit hinüber. In dem Heusud regte sich was, da tillerten Rädertierchen umher. Ob die noch größer wurden? Paßten am Ende nicht mehr auf das Objekttischchen?
     
    Fremd standen die Flüchtlinge mit ihrem Gepäck in der Halle und rührten sich nicht vom Fleck. Donnerwetter, ist das hier aber groß! Das ist ja eine Art Schloß?
    «Und wer macht das alles sauber?» wurde das Tantchen gefragt. – Ewig und drei Tage seien sie schon unterwegs! Und alles zurückgelassen! Der Mann hatte die Steinsammlung des Dorfes zurückgelassen, mit Steinbeilen, Schabern und Klingen! Alles fein numeriert, und die Frau ihren schönen Garten, mit Dahlien jedes Jahr, Levkojen, Malven, Phlox, alles systematisch angelegt, Fruchtfolge sogar und Schattengare.
     
    Der Mann sah beschädigt aus, das lag daran, daß er vor drei Jahren einen Schlaganfall erlitten hatte. Ziemlich sofort sprach er davon, daß er morgens beim Frühstück, als er an nichts Böses dachte, zur Seite gesunken war, den Mund verzerrt!
    «Und ich hab gedacht, er macht Spaß!» sagte die Frau.
    Er trug eine starke Brille und ein Parteiabzeichen und sah aus wie der Großvater seiner beiden Söhne, die auch beide eine Brille trugen.
    Seine Frau hingegen machte einen forschen Eindruck. Weißes Haar, nach hinten gekämmt, von einem Schildpattreif zusammengehalten.
    Sie strich ihm das Haar aus der Stirn – hatte er eine Wimper im Auge? muß immer so blinzeln? –, pinselte ihm die Ohren aus und zog ihm die Krawatte gerade. «Umgesackt bin ich», und er habe zunächst an nichts Böses gedacht, sagte der Mann und nannte das Ereignis einen Schlagfluß. Die Frau habe gemeint, er macht Spaß!
     
    «Schluß mit der Jammerei!» rief sie. Noch ehe sie den Mantel abgelegt hatte, lief sie von Topfblume zu Topfblume, knipste hier was ab und richtete dort was auf. Und – täuschte man sich? – es war so, als ob die Blumen aufatmeten unter dieser Zuwendung. Hatten sie denn so lange auf eine liebende Hand gewartet?
     
    Sie holte ihre Lebensmittelkarten aus der Handtasche und wollte sie Katharina geben, sie würden hier wohl mitessen müssen, zum Kartoffelschälen sei sie ohne weiteres bereit! Einen Kolonialwarenladen gab es weit und breit nicht, man hätte wegen jeder Kleinigkeit extra nach Mitkau tippeln müssen, jeden Tag die eisige Straße entlang ...
    «Nein, die Karten brauchen sie nicht abzugeben», sagte Katharina, «die behalten sie man schön.» – Aber das Tantchen kam gelaufen. «Karten? aber natürlich ... » Sie seien hier ja kein Wohlfahrtsinstitut. Zwei Erwachsene, zwei Kinder? Der Baron hatte immer tüchtig zugelangt, und dann hatte er sich zwischendurch noch gern was aus der Küche geholt. Das wollte man nicht noch einmal erleben. Der hatte die Karten gar nicht erwähnt. Lebensmittelkarten, der wußte gar nicht, was das ist.
    «Na, denn kommen Sie man mal mit nach oben», sagte das Tantchen.
     
    Das Tantchen zeigte ihnen Peters Zimmer: Sie würden sich schon wohl fühlen dort! Vom Boden wurde ein Bettgestell geholt, Matratzen und alles frisch bezogen. «Sie sollen mal sehen, Sie werden sich bei uns wohl fühlen!» sagte das Tantchen. Die beiden Jungen kamen in Elfies Zimmer, wo sie sofort mit dem Kaspertheater zu spielen begannen, die Puppen also gegeneinander schlugen und dauernd den Vorhang auf- und zuzogen, bis die Schnüre rissen. Ob sie die Pantoffeltierchen mal sehen wollten, fragte Peter sie. Nein, das wollten sie nicht. Die interessierten sich für die «Kauernde», und ob sie schon dicke Brillen trugen, sie guckten doch genau hin, und sie machten hä-hä-hä!
     
    Die Frau lief in die Küche und erbat für ihren Mann eine Wärmflasche. «Oh! was für einen wundervollen Herd haben Sie hier!» – Sie hätte direkt Lust, einmal Nockerl zu machen. All die kupfernen Töpfe und Pfannen, der Größe nach geordnet? Alle mal mit Sidol putzen! Das würd’ ihr Spaß machen ... Herrlich! In so einer herrlichen Küche möchte sie auch mal regieren. – Die Mädchen freuten sich über die Begeisterung dieser Frau, und sie waren auch ein bißchen stolz auf die Küche, die sie sich so genau noch gar nicht angesehen hatten, als obihnen das alles

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