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Alles was du wuenschst - Erzaehlungen

Titel: Alles was du wuenschst - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright
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vergessen im Hotelkochtopf schwamm, machte Hazel seinem Geschrei ein Ende. Während er nuckelte, öffnete sie die Druckknöpfe
an seinem Strampelhöschen und schälte ihn Gliedmaß für Gliedmaß heraus. Sie griff ihm zwischen die weichen Beine, um die Druckknöpfe seines Leibchens zu lösen, das hinten nass und braunfleckig war, und rollte es vorsichtig zusammen, damit die Kacke nicht herausrann. Als das Leibchen endlich ausgezogen war, stopfte sie zwei Babyfeuchttücher in die undichte Windel. All dies, während das Baby auf ihrem nackten Schoß saß, ihr in die Augen sah und sie mit der Linken das Fläschchen abstützte.
    Das Baby wirkte riesig. Vielleicht weil es unbekleidet war, aber es kam ihr zweimal so groß vor wie beim letzten Mal, als sie es auf dem Arm gehalten hatte. Hazel hatte das Gefühl, dieses Kind dauernd zu verlieren und ein neues dafür zu bekommen. Wenn er doch nur eine Minute stillhalten würde, könnte ich mich in den Kleinen verlieben, dachte sie, aber er hielt nie still. Manchmal schien ihr, als umschlösse er sie ganz, als gäbe es in ihrer Welt nichts als den Kleinen, doch jedes Mal, wenn sie ihn direkt ansah oder doch versuchte, ihn direkt anzusehen … was immer er war, er war einfach nicht da.
    Jetzt sah sie den Kleinen an.
    Dennoch hing sie an ihm, was immer er war. Sie hoffte noch immer und klammerte sich an ihn. War das genug? War das die rechte Art, ein Baby zu lieben?
    Der Milchfluss hinein in den Sauger brach gluckernd und blubbernd ab, und das Baby begann Luft zu nuckeln. Plopp – Hazel zog die leere Flasche heraus, hob das Baby über ihre Schulter und hielt es jetzt mit den Unterarmen fest, weil sie Angst hatte, Kacke an den Händen zu haben.

    Das Baby war satt, sein Bauch prall. Sie würde abwarten, bis es sein Bäuerchen gemacht hatte, und es dann säubern. Unterdessen überkam Hazel ein undeutliches Wonnegefühl, als sie seine nackte Haut auf ihrer spürte. Sie rieb ihre Wange an seinem feinen Haar, und dann rülpste das Baby fantastisch und sabberte ihr über den Rücken.
    »Ach! Wie gescheit«, sagte sie, setzte es ab und drehte es um. »Ach! Wie gescheit«, sagte sie, setzte es ab und drehte es wieder zurück. Das tat sie ein paarmal, einfach nur, um sein Gewicht und seine Körperhaltung zu spüren, hielt das fette Baby an ihre fette Brust und ließ ihre gekreuzten Hände unter seinem Po baumeln. Absetzen und umdrehen, absetzen und umdrehen. Die Wange des Babys nur einen Millimeter von ihrer Wange entfernt – eine Haaresbreite, so hieß das wohl. Eine Haaresbreite.
    Der Wind draußen hatte zugenommen.
    Schlaf, Kindchen, schlaf , sang sie im Flüsterton. Dein Vater hüt’ die Schaf. Die Mutter schüttelt’s Bäumelein.
    Sie hatte kaum noch Babytücher. Sie hatte auch nicht den Mut, das Baby in die glitschige Wanne zu setzen. Sie würde ein Hotelhandtuch ins Waschbecken tunken und dieses verwenden, ganz gleich, wer es einsammeln oder wer es hinterher benutzen musste. Mein Gott, so ein Baby lässt einen doch ganz schön tief sinken, dachte sie und wandte sich mit einem Lächeln der Tür zu, die sich soeben öffnete.
     
    Als sie zu Hause ankamen, waren sie vollkommen ermattet.
    John fuhr, als könnte die Straße seine Reifen spüren, als könnten die Reifen die Straße spüren. Die ganze Welt kam ihnen so zärtlich vor wie sie selbst. In Monasterevin
streckte er die Hand aus, um ihre Wange zu berühren, und sie drückte sie mit der flachen Hand an sich, während das Baby hinten im Auto weiterschlief.
    Als sie in die Hauseinfahrt einbogen, sah Hazel, dass ihre Tulpenblüten zu Boden geweht worden waren – zumindest diejenigen, die sich als Erste entfaltet hatten. Sie fragte sich, ob es wohl auch hier gestürmt hatte und wie stark der Wind überhaupt gewesen war – war das hier vielleicht normal? Was würde sie hier anpflanzen können? Sie überlegte, welche Nummer sie anrufen, welche Internetseite sie anklicken könnte, doch nirgends ließ sich herausfinden, was sie wissen wollte. Alles drehte sich immer nur um morgen: Man rechnete mit Warmfronten, Kälteeinbrüchen, Regenschauern. Niemand hielt je inne, um das Wetter von gestern zu beschreiben.

Alles, was du wünschst
    Wenn ich drei Wünsche freihätte, würde ich zusehen, drei weitere rauszuhandeln. »Hallo«, sagt der Engel, die Fee, sogar der Teufel. »Was wünschst du? Eins. Zwei. Drei.« Und ich antworte: »Nun, zunächst einmal möchte ich noch drei, bitte.« Und dann hat man fünf, mit denen man herumspielen

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