Alles was du wuenschst - Erzaehlungen
in Besitz nehmen zu können. Nur, dass er sie natürlich ganz und gar nicht ertragen konnte. Er konnte es nicht ertragen, dass er nicht wusste, wer wer war; er konnte die Demütigung nicht ertragen, dass jedes Mal, wenn er den Mund aufmachte, sein Akzent zu hören war: Das passte ihm überhaupt nicht. Denn Séamas Molloy war ein großer Mann, er war der Mann mit dem weißesten Hemd, und schließlich musste ich ihn hinauswerfen, bevor das Baby Schaden nahm.
Ich habe schreckliche Angst, ihn irgendwann auf der Straße zu finden, die schönen Augen blutunterlaufen, irgendwo dahinter die Erinnerung an mich und unsere Küsse. An einen Teil von mir, meine Hände oder meine Fesseln – sie sind noch immer schlank -, irgendein verräterisches Zeichen.
Aber der Suff löscht alles aus, sogar die Seele.
Nur zu, alter Voland, gib mir die Stadt London, kostenlosen Flugunterricht und – was war noch mal das Dritte? Steine in Brot verwandeln. Nennen wir’s: das Frühstück auf dem Tablett serviert bekommen. Er hat nur versucht, Jesus dazu zu bewegen, seine Karten offenzulegen. »Mach schon«, sagte er. »Beweise es. Beweise es!« Aber Jesus bewies es nicht. Er hatte keinen Bock.
Manchmal weiß ich, was er gemeint hat. An einem Sommerabend oben auf dem Dach, die Stadt glitzert,
und man spürt, dass man einfach die Augen schließen und alles wegpusten könnte. Mit einem mächtigen heißen Atemstoß. Und wenn man die Augen wieder aufschlägt, ist alles nur noch Asche. Alle Lichter erloschen. Jedes elende Zimmer, in dem Baby Jimmy und ich geschlafen haben, nachdem sein Vater uns verlassen hatte. Jeder Flur, jedes Büro, jedes Wohnzimmer, in denen ich gefegt, staubgesaugt, gebohnert und gewienert hatte. Schwupp! Weg.
Aber dann schlägt man die Augen auf, und alles ist noch da. Großartig. Vergiss den alten Voland.
Aus religiösen Gründen gehe ich schon lange nicht mehr zur Messe. Nur noch der Gesellschaft wegen. Ich bin abtrünnig geworden, habe Gott aufgegeben, aber dann habe ich mir gesagt, ich werde nicht auch noch jeden Sünder aufgeben, den ich kenne. Sie wissen es natürlich nicht – dass ich kein Wort glaube von dem, was der Priester sagt, dass ich mir ins Fäustchen lache über ihn und seinen Gott -, Sie würden’s ziemlich blasphemisch finden. Aber das ist mir egal. Es gab Jahre, da waren diese Leute alles, was ich hatte.
Außer Jimmy natürlich. Den hatte ich immer.
Mit diesem Kind zu reden – das war meine Erziehung. Sein kleines Gesicht. Wenn Sie wissen wollen, was Sie wirklich denken, reden Sie mit einem Vierjährigen. Gibt es einen Himmel? Wohin kommen wir, wenn wir sterben? Warum schießen Menschen aufeinander? Warum passt Lila nicht zu Grün?
Da steht man nun, lügt das Blaue vom Himmel herunter und versucht zugleich, die Wahrheit zu sagen. Man
zeigt ihnen die Welt, schlimmer als jeder Teufel. Man sagt: »Wenn du groß bist, mein Schatz, kannst du werden, was du willst, du kannst dein eigenes Geld verdienen und dir so viele Spielsachen und Schallplatten kaufen, wie du möchtest, und du kannst bis nach Timbuktu fliegen.« Heulend kommt er aus der Schule gerannt, weil Shane Fox ihn eine Schwuchtel genannt hat oder wie immer das damals hieß, und ich sage: »In zwanzig Jahren scherst du dich nicht drum, was Shane Fox gesagt hat.« Denn man braucht nur einen Blick auf dieses Kind zu werfen, und schon weiß man, was aus ihm werden wird. Und tatsächlich, die Zeit vergeht, Jimmy kriegt sein Geld und seine Spielsachen, und Shane Fox kriegt zehn Jahre wegen schwerer Körperverletzung. Mein erstaunlicher Sohn wechselt den Arbeitsplatz wie andere Männer das Hemd. Er nimmt sich ein Jahr Auszeit, reist durch Asien und Südamerika und findet einen neuen Arbeitsplatz mit noch mehr Geld. Mittlerweile hat er eine Frau, die richtig nett ist, und sie planen keine Kinder, sagt er, obwohl sie sich das leisten könnten und sie schon neununddreißig ist.
Ich weiß nicht.
Jimmy sagt, Lotterie sei Zeitverschwendung. Reiche Leute, sagt er, geben ihr Geld nicht aus, sondern investieren es. Und ich sage, dann sei es genauso gut, von vornherein keins zu haben – aber ich verstehe schon, was er meint, er meint, die einzige Art und Weise, sein Geld zusammenzuhalten, ist so zu tun, als wär’s gar nicht vorhanden. Er sagt, die Reichen lebten billig, sie seien die größten Geizkragen. Sie verbringen ihren Urlaub in
den Sommerhäusern anderer Leute, gehen auf Spesen essen, eine Firma schickt ihnen Karten fürs Ballett oder für die
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