Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Alles was du wuenschst - Erzaehlungen

Titel: Alles was du wuenschst - Erzaehlungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Enright
Vom Netzwerk:
und hob das Gesicht in die schwache Ostersonne.
    »Wie ist denn das neue Haus?«, erkundigte sich Margaret.
    »Ach, ich weiß nicht«, antwortete Hazel. »Man schafft überhaupt nichts.«
    »Seit fünf Jahren«, fuhr Margaret fort, »seit fünf Jahren bemühe ich mich, einen Teppich für die hinteren Schlafzimmer anzuschaffen.«
    »Ich weiß, was du meinst.«
    »Ich meine, seit fünf Jahren bemühe ich mich, in ein Geschäft zu gehen, mir Teppichproben anzuschauen und
über einen Teppich für die hinteren Schlafzimmer nachzudenken.«
    »Was hattet ihr denn vorher?«, fragte Hazel, merkte dann aber, dass sie diese Frage besser nicht gestellt hätte, schließlich war es das Haus von Johns Eltern, und über den alten Teppich zu reden hieß über seine tote Mutter und Gott weiß was zu reden.
    »Ich meine, hattet ihr Linoleum oder Dielen oder was?«
    »Ich konnte den Anblick nicht ertragen«, sagte Margaret. »Ich hab mich auf alle viere niedergelassen und mir einen, du weißt schon, einen Klauenhammer genommen und sie hochgestemmt.«
    Hazel beobachtete die lachenden Kinder, die hinter dem ebenfalls lachenden John herrannten.
    »Dieser Dreck«, sagte Margaret.
    »John!«, rief Hazel. »Essenszeit, wenn ich bitten darf.« Dann sagte sie zu ihrer Schwägerin: »Ein Freund von mir hat im Internet erstaunliches Zeug gefunden. Vorleger mit Streifen und Bildern drauf und was weiß nicht noch.«
    »Wirklich?«, antwortete Margaret und begann, eine Runde Butterbrote zu schmieren.
     
    Johns Vater wandte sich ihnen zu und schüttelte entweder die Faust oder hob einfach nur die Hand – er zitterte so stark, dass es kaum zu unterscheiden war. Das war auch wieder so etwas, woraus Hazel nicht schlau wurde: Welcher Körperteil war denn nun durch Parkinson beeinträchtigt? Und war es überhaupt Parkinson? Redete er komisch? Um die Wahrheit zu sagen, verstand sie nicht ein Wort von dem, was er von sich gab.

    »Haham se gegram?«
    »Es sind doch Kinder, Daddy«, sagte Margaret, ohne mit der Wimper zu zucken – vielleicht lag es ja doch nur an Hazel selbst. Sie sahen ihm eine Weile zu, wie er mit seinem Stock in einem Blumenbeet herumstocherte.
    »Seine Wicken entlang der Mauer da hat er immer geliebt«, sagte Margaret, als wäre der Mann bereits tot.
    Hazel schwieg.
    »Magst du was essen, lieber Daddy?« Aber er ignorierte sie ebenso wie alle anderen auch.
    Plötzlich bekam Hazel ein schlechtes Gewissen wegen ihres kleinen Gartens in Lucan. Der Rasen hatte zu sprießen begonnen, und die Tulpen standen kurz vor der Blüte. Sie hatte die Zwiebeln noch in derselben Woche gesteckt, in der ihnen die Schlüssel übergeben worden waren: Auf dem Gartenweg kniend, im siebten Monat schwanger, hatte sie mit der kleinen Kohlenschaufel vom Kaminbesteck in der Erde gegraben; vom Gartentor zur Haustür eine gerade Linie praller roter Tulpen von der Sorte, wie man sie in einem Park findet – »ein bisschen kommunal«, wie ihre Mutter gesagt hatte, als sie auf die Packung schielte -, Tulpen, die jetzt an den Spitzen flammrot waren, wie kleine Kelche grünen Feuers.
    »Das gefällt mir so an dem Haus«, sagte sie. »Dieses wunderschöne Stück Garten.«
    »Ja«, antwortete Margaret vorsichtig.
    »John. Ich lasse mich scheiden! Auf der Stelle!«, schrie Hazel, und endlich brachte er die lachenden Kinder zum Tisch.

    Der Kleine weinte nicht, als sie so schrie. Das hatte sie nicht gewusst: dass ihn Geschrei eigentlich nicht störte. Oder vielleicht störte es ihn, nur ihr Geschrei nicht.
    So oder so, es war ein Fortschritt.
    »Wer möchte Schinken?«, fragte Hazel die Kinder, belegte Brotscheiben, half aus.
    »Ich mag keinen Schinken«, quengelte Stephanie, die fast vier war.
    »Nein?«
    »Nein, den mag ich nicht.«
    »Ich mag keinen Schinken.« Jetzt sagten sie es alle, der große und der kleine Bruder. »Ich mag keinen Schinken.« Ein bisschen angestrengt und vorwurfsvoll das Ganze, dachte Hazel.
    »Ich glaube, ihr verwechselt mich mit jemandem, dem das nicht scheißegal ist«, wollte sie sagen, ersetzte den Ausdruck aber natürlich in letzter Sekunde durch »der sich etwas daraus macht, ob ihr Schinken mögt oder nicht«.
    John warf ihr einen kurzen Blick zu. Stephanie musterte sie aus ebenso ausdruckslosen wie weltklugen Augen.
    »Vielleicht ein klein bisschen Schinken?«, fragte Hazel.
    »Ich glaube nicht«, antwortete Stephanie.
    »Dann lass es sein.«
    John nahm einen Apfel von dem Haufen auf dem Tisch.
    »A steht für?«, fragte er und hielt ihn

Weitere Kostenlose Bücher