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Alles, was ist: Roman (German Edition)

Alles, was ist: Roman (German Edition)

Titel: Alles, was ist: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Salter
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aber sie wollen es wohl verkaufen.«
    »Wie hast du es gefunden?«
    »Evelyn. Sie weiß alles, was vor sich geht.«
    »Wie viel kostet es?«
    »Nur hundertzwanzigtausend.«
    »Mehr nicht? Ich nehm es«, sagte er gut gelaunt.
    »Nein, aber ich möchte es dir am Wochenende zeigen. Du musst es dir unbedingt ansehen.«
    Den Teich konnte man von der Straße nicht sehen. Er lag weiter unten. Sie fuhren eine lange unbefestigte Einfahrt hinauf, die zwischen zwei alten Bäumen zu enden schien. Es war ein klarer Oktobermorgen. Und plötzlich sahen sie das Haus. Den Moment würde er nie vergessen, dieses vertraute Gefühl, gleich, als er es sah, obwohl er nicht wusste, was ihn erwarten würde. Es war ein schönes, altes Haus, ein bisschen wie auf einer Farm, nur eben allein stehend und an einem Teich gelegen. Man kam über eine schmale Veranda in die Küche. Die Küche selbst war ein großer viereckiger Raum mit offenen Regalen und einem Vorratsraum in einer früheren Kammer. Das Schlafzimmer war unten. Oben gab es noch drei weitere kleine Zimmer. Das Treppengeländer war, wie er bemerkte, aus einfachem unbehandeltem Holz und mit der Zeit ganz glatt geworden. Die Holzdielen waren breit und die Fenster groß.
    »Du hast recht«, sagte er. »Es ist ein schönes Haus.«
    »Es ist wundervoll, nicht wahr?«, sagte sie.
    »Ja. Es ist wirklich etwas Besonderes.«
    Die Wände und Decken waren in einem guten Zustand. Es gab keine Wasserflecken oder Risse. Zwei der kleineren Schlafzimmer würden sich zu einem großen verbinden lassen.
    Der Blick von oben ging über den Teich auf zwei recht große Häuser, die halb versteckt zwischen Bäumen auf der anderen Seite des Wassers lagen.
    »Gibt es eine Heizung?«, sagte er.
    »Ja. Es gibt einen Kessel im Keller.«
    Sie gingen zum Teich hinunter, unweit des Ufers waren die Umrisse eines halb versunkenen Ruderboots zu sehen.
    »Wie viel Land, sagst du, ist mit dabei?«
    »Das alles hier. Das Grundstück geht bis zur Straße. Es ist etwas über ein Morgen Land.«
    »Hundertundzwanzig«, sagte er.
    »Ja. Genau. Das ist ein wirklich guter Preis.«
    »Ich denke, ich werd es wohl kaufen müssen.«
    »Ich bin so glücklich. Ich wusste, du würdest es haben wollen.«
    »Es wird schön sein, hier zu leben. Wir könnten auch heiraten.«
    »Ja, könnten wir.«
    »Heißt das, du nimmst an?«
    »Ich müsste mich erst mal scheiden lassen.«
    »Warum heiraten wir nicht, und du lässt dich später scheiden?«
    »Dann könnten wir im Gefängnis leben«, sagte sie.
    »Das wär schon in Ordnung.«
    Er kaufte das Haus einschließlich ein paar der Möbel für hundertzwanzigtausend Dollar. Er kaufte es in ihrer beider Namen, ein ideales Landhaus, groß genug, um hin und wieder ein oder zwei Gäste zu haben, frei stehend, perfekt gelegen.
    Die Bank in Bridgehampton schätzte seine Vermögenswerte großzügig ein und gewährte ihm ein Darlehen von fünfundsechzigtausend Dollar. Er hatte etwas Schwierigkeiten, den Rest aufzutreiben. Er verkaufte die meisten seiner Wertpapiere und nahm einen zweiten Kredit über achttausend Dollar auf.
    Sie schlossen den Kaufvertrag in der ersten Dezemberwoche und zogen noch am selben Tag mit zwei gepolsterten Sesseln ein, die sie bei einem Antiquitätenhändler in Southampton gekauft hatten. Sie waren sehr glücklich. An dem Abend zündeten sie ein Feuer an und machten sich etwas zu essen. Sie tranken eine Flasche Wein, und während sie Musik hörten, auch voneinander. Eine Nacht, wie man sie sich erträumt, ihre erste in dem Haus. Im Bett zog sie das Nachthemd über den Kopf und ließ es auf den Boden fallen. Sie lag in seinen Armen, es war wie in einer Hochzeitsnacht. Er nahm ihren Arm und presste seine Lippen in einem langen leidenschaftlichen Kuss in ihre glatte Armbeuge.
    Bald danach kam Weihnachten. Anet war nach Athen zu ihrem Vater gefahren. Das Haus war noch immer spärlich möbliert, es gab nur ein Sofa, ein paar Stühle, zwei Tische und ein Bett, an den Fenstern waren weder Jalousien noch Vorhänge, ein wenig zu karg für die Feiertage, selbst mit einem Baum. In der Stadt waren die Straßen voller Leben. Weihnachten in New York, Menschen eilten in der frühen Dunkelheit nach Hause, die Heilsarmee läutete ihre Glocken, St. Patrick’s, die strahlenden Auslagen der großen Geschäfte, Häuser voll Überfluss, wohlhabend aussehende Menschen. Sie spielten Der gute König Wenzel , die Kellner in den Bars trugen Rentiergeweihe – Weihnachten in der westlichen Welt, wie im Berlin

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