Alles Wurst
auf sie an, der sich aber in das Mädchen verliebte und die Seiten wechselte. Was ihn das Leben kostete. Meinen Sie es in etwa so?«
Ich ignorierte ihre Häme. »Warum nicht?«
»Weil Besessenheit gewöhnlich nicht zur Wahrheitsfindung beiträgt. Wenn man sie als Detektiv aber auch noch mit dem richtigen Riecher verwechselt, wird die Sache kritisch.« Frau Schweikert schenkte mir einen kalten, aber immerhin mitleidigen Blick. »Ich kann Ihnen nur raten, Herr Voss: Besuchen Sie den Mann und sprechen Sie sich mit ihm aus. Und dann fangen Sie mit dem Fall noch mal ganz von vorn an.«
33
Sie schlug mir außerdem vor, nach der Tatortsicherung noch irgendwo einen Drink zu nehmen. Ich ließ mich überreden, und wir versackten in einer Lifestylekneipe in Domnähe, einem dieser Nichtraucherlokale, in denen man nach Herzenslust quarzen durfte, wenn man spontan einem Nikotinklub beitrat. Die Hauptkommissarin erging sich in Ratschlägen, wie ich meine Fälle am besten und emotionslos aufklären könnte, ich spendierte ihr ein Bier, dann noch eins, und allmählich taute sie ein wenig auf. Erzählte mir von ihrer Kindheit im Sauerland, wie man sie im Dorf gemieden hatte, weil sie angeblich den bösen Blick hatte. Dass das ja wohl der finsterste Aberglaube überhaupt sei, aber andererseits könne man auch nicht von der Hand weisen, dass ihre bisherigen Liebesbeziehungen alle unglücklich verlaufen seien und alle drei Männer, die sie wegen einer anderen verlassen hatten, auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen seien. Dann – ich bestellte gerade unsere vierte Runde − erkundigte sie sich danach, ob wir uns nicht mal verabreden sollten. Warum nicht, antwortete ich ausweichend. Das einzige Problem sei, dass ich nach Feierabend meistens dringend Verwandte besuchen, Sport treiben oder alten Freunden beim Umzug helfen müsste, sodass für Verabredungen kaum Zeit bliebe. Sie nannte mich einen feigen Lügner und fing wieder mit ihren gut gemeinten Ratschlägen an.
Nach dem fünften Bier wurde mir erstens klar, dass Frau Schweikert kein Ende finden würde, und zweitens, dass sie meine Rolle als Zuhörer gar nicht benötigte. Ich zahlte und verdrückte mich.
Am nächsten Morgen weckte mich ein Anruf Kittels. »Wo warst du gestern Abend? Wir haben im Handycap auf dich gewartet.«
»Ich wurde niedergeschlagen und dann hat mich jemand ins Tiefkühlfach gesteckt«, sagte ich. »Aber das ist immer noch besser als das Fernmelderestaurant.«
»Was hältst du davon, wenn wir uns zur Teamsitzung treffen? Schließlich sind wir doch ein Team, oder?«
»Ihr schon, aber ich nicht.«
»Sei nicht so, Henk. Kim hat auch schon einen neuen Klienten an Land gezogen. Pet’s world, ein bekannter Hersteller von Kleintierfutter, soll angeblich krebserregende Stoffe verwendet haben. Wir sollen im Auftrag eines Betroffenen gegen ihn ermitteln.«
»Und dieser Hersteller ist zufällig ein Konkurrent unseres neuen Sponsors, was? Tut mir leid, Kittel, aber Hunde nehme ich grundsätzlich nicht als Klienten«, sagte ich und legte auf.
Was mich anging, so hatte ich nicht die geringste Lust darauf, eine alberne Baseballmütze auf dem Kopf zu tragen, aber ich wollte den beiden auch nicht einfach so das Feld überlassen. Also fand ich mich gegen elf in unserer Luxusdetektei an der Hafenmole ein.
Kittel & Armbruster, private Ermittlungen, stand in Schwarz auf dem silbernen Türschild, hatte ich’s mir doch gedacht. Erst als ich ganz nahe heranging, bemerkte ich zwischen Kittel und & ein hellgraues, sehr schmal geratenes Voss. Das verstanden die beiden also unter einem Team.
Neue Poster mit Hundefutterwerbung pappten an den Stellen, an denen ich die alten vorgestern abgerissen hatte.
Kittel trat mit einem Glas Orangensaft in der Hand aus seinem Büro. Sein leicht verlegenes Grinsen irritierte mich.
»Bist du allein?«, fragte ich. »Wo steckt Rambo?«
In diesem Moment öffnete sich die Tür erneut und Kim Armbruster trat hinter ihren Goldschatz. »Hi, Henki«, begrüßte sie mich. Der oberste Knopf ihrer Bluse stand offen.
»Wäre Rambo, wie du sie nennst, nicht gewesen, dann hätten wir jetzt keine neuen Informationen«, meinte Kittel. »Jedenfalls nicht zu dem vereinbarten Preis.«
»Ein Informant versprach uns brisantes Material«, erklärte Kim. »Aber dann wollte der Kerl plötzlich den Preis verdoppeln. Ich musste ihm ein wenig auf die Pelle rücken.«
»Ein schmieriger Typ namens Mirko Bölling«, steuerte Kittel bei. »Er hat
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