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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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aus in die Innenstadt. Rein zufällig durchwanderte ich, etwa fünfundzwanzig Minuten nachdem ich dem Büro Kittel & Armbruster den Rücken gekehrt hatte, die Hollenbeckerstraße. Leider gönnte mir der Zufall nicht den Augenblick, in dem Laura Brück gerade auf die Straße trat oder auch nur für einen kurzen Moment aus dem Fenster schaute, um wenigstens in Gedanken dem täglichen Einerlei ihrer vier Wände zu entfliehen.

     
    Also musste ich über eine halbe Stunde auf diesen Augenblick warten.

    »Wie lange bist du schon hier unten?«, erkundigte sie sich, als sie mich erblickte.

    »Gerade erst gekommen«, log ich. »War sowieso in der Gegend, wegen eines Klienten.«

    »Du hast also einen neuen Fall?«

    »Noch nicht. Es war sozusagen ein Vorgespräch.«

    Laura sah zerknirscht aus, was mich hoffen ließ. »Wenn du schon mal hier bist«, meinte sie, »hast du vielleicht Zeit für einen Kaffee?«

     
    Dieses Mal wurden wir nicht unterbrochen. Einen Moment überlegte ich, ob ich Laura vom Ableben ihres Weggefährten informieren sollte, entschied mich aber dagegen, weil dies mit Sicherheit dazu geführt hätte, dass der Kerl uns zum zweiten Mal alles vermasselt hätte, selbst posthum. Es war der beste Sex, den ich seit Monaten gehabt hatte, und als wir uns schließlich erschöpft eine Pause gönnten, dachte ich endlich ohne Neid an Kittel und seine Angebetete und fand zu meiner eigenen Überraschung, dass Kim eigentlich gar kein so übler Kerl war.

    »Tut mir leid, was ich gestern gesagt habe«, entschuldigte sich Laura.

    »Warum entschuldigst du dich? Du konntest doch nicht anders angesichts dieser schrecklichen Fotos.«

    »Aber ich hätte wissen müssen, dass du das nicht gewesen bist. Dass du so etwas nicht tun kannst.« Sie blinzelte verschwörerisch. »Was hältst du davon, wenn wir beide eine ganz neue Organisation gründen?«

    Laura sah verführerisch und engelsgleich aus, wie sie nackt neben mir auf dem Bett saß. Allein der Anflug eines feierlichen Gesichtsausdrucks war ein Indiz dafür, dass die Zeit der sinnlichen Vergnügungen zu Ende war. Jetzt ging es wieder darum, die Welt zu retten.

    »Eine Organisation?«, fragte ich.

    »Eine, die sich nur für die Belange der Tiere einsetzt. Die ihnen das Wahlrecht erkämpft und dafür sorgt, dass Tierquäler drakonisch bestraft werden. Das bin ich Schwarzenegger schuldig.«

    »Eine Welt, in der Tiere nicht mehr auf dem Teller landen«, meinte ich. »Das hört sich gut an.«

    »Aber dazu brauchen wir auch Jens. Niemand kann sich so gut in Tiere hineinversetzen wie er. Versprich mir, dass du ihn findest.«

    »Ich muss dich warnen«, wandte ich ein. »Bisher hat keiner meiner Auftraggeber überlebt.«

    »Mach dir deswegen nur keine Sorgen …« Laura schmiegte sich an mich, dass ich nicht anders konnte, als es zu versprechen.

    Ich deutete auf das Bild an der Wand. »Diese Zeichnung stammt von Jens Defries, nicht wahr?«

    »Ein wahres Meisterwerk«, sagte sie überaus stolz. »Es ist eine Schande, dass er nicht so berühmt ist wie Picasso. Aber das wird er schon bald sein. Mein Vater wird dafür sorgen.«

    »Dein Vater?«

    »Ich werde mich wieder mit ihm versöhnen.«

    »Du willst dich mit deinem Vater versöhnen?«, wunderte ich mich, fast empört. »Aber er hat dich doch nie verstanden. Er ist nicht besser als dieser Bölling, der sich nur an dich herangemacht hat, um dich für andere auszuhorchen.«

    »Mich aushorchen?«

    Blitzartig kam mir ein Bild in den Sinn: Ich sah Bölling auf dem Parkplatz in Burgsteinfurt, wie er hastig ein Bündel Geldscheine einsteckte, das ihm Schadewaldt überreicht hatte. Ich Idiot! Wie konnte ich mir den Kopf über die Frage zerbrechen, wer Böllings Auftraggeber war? Ich wusste es doch längst, und die Hauptkommissarin hatte schon wieder richtig geraten.

    »Wie kannst du so etwas behaupten?«, verlangte Laura zu wissen.

    »Ich habe selbst gesehen, wie Schadewaldt ihm im Auftrag deines Vaters das Honorar überreicht hat.«

    Laura schluckte trotzig. »Trotzdem ist es manchmal besser, sich zu versöhnen, anstatt sich weiter im Streit zu entzweien. Sein großes Vorbild hat das einmal gesagt.«

    »Dein Vater hat ein Vorbild außer ihm selbst?«

    »Einen Schriftsteller. Papa verehrt ihn und nannte ihn einen Hohepriester der deutschen Literatur.«

    Das also stand hinter Wallensteins Vorliebe für altertümliche Pfeifen. »Ein Hohepriester? Nannte er sich selbst vielleicht auch gelegentlich so?«

    Das Telefon

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