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Alles Wurst

Alles Wurst

Titel: Alles Wurst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Guesken
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klingelte.

    »Das wird Mirko sein«, meinte sie und machte wieder Anstalten, sich anzuziehen. »Er wollte heute noch vorbeikommen.«

    »Lass es klingeln«, meinte ich. »Er kann es doch gar nicht sein.«

    »Woher willst du das wissen?« Laura stand auf und nahm das Telefon von der Station. »Brück? … Ja, er ist hier. Für dich«, meinte sie.

    Ich nahm ihr den Hörer aus der Hand. »Voss?«

    »Wir sind gerade unterwegs, um Castrops Laden hochzunehmen«, verkündete Kittel. Er hörte sich entspannt an, als würde er aus dem Urlaub anrufen, von irgendwo an der Küste. In der Ferne hörte ich Möwen kreischen.

    »Hochnehmen? Was soll das bedeuten?«

    »Dass die Kripo unterwegs ist, um seine Fleischbestände unter die Lupe zu nehmen. Und dass wir ihm einen kleinen Besuch abstatten werden. Ich dachte, du wolltest vielleicht auch dabei sein.«

    »Tut mir leid, Kittel, aber momentan passt es mir gar nicht.«

    »War ja auch nur ein gut gemeinter Tipp von mir.«

    »Vielen Dank, Kittel. Also dann …«

    »Außerdem haben Kim und ich uns überlegt, wir lassen den ganzen Antiamerikascheiß weg und fangen einfach noch mal neu an. Was denkst du?«

    Anzurufen, wenn es gerade überhaupt nicht passte, war eine von Kittels Spezialitäten. Wochenlang hörte man nichts von ihm, und dann musste er sich aus heiterem Himmel melden, wenn man gerade mitten in einer Observation war oder mit einer Frau im Bett. Keine Ahnung, wie er das hinkriegte. Warum legte ich nicht auf und widmete mich wieder Laura? Stattdessen ließ ich ihn reden und starrte währenddessen gedankenverloren auf die Zeichnung von Jens Defries.

    Der Superman war irgendwie mittelalterlich gekleidet, mit einer steifen, meterbreiten Halskrause und einem dicken, altertümlichen Wams. Er hatte einen dünnen Spitzbart und stechende Augen. Genau wie dieser Kerl, der sein Schwert über dem Kopf der Frau geschwenkt hatte mit den Worten: Ich habe dich gewarnt, du Schlampe …

    »Sag mal, wie ist Jens eigentlich so?«, wandte ich mich an Laura. »Er ist nicht gerade ein schlampiger Mensch, hab ich recht?«

    »Schlampig?«, kam es fast angewidert aus ihrem Mund. »Jens ist der ordentlichste Mann, den ich kenne. Alles ist immer an seinem Platz. Du hättest seinen Schreibtisch im Studentenheim sehen sollen …«

    »Genau das hatte ich mir schon fast gedacht.«

    Mit Schlampe war Frau Nebel gemeint, weil sie es gewagt hatte, Jens Defries zurückzuweisen, einen Mann, der sich für den Messias hielt und sehr empfindlich auf Zurückweisungen reagierte. Sie hatte ihre gerechte Strafe erhalten und so würde es allen gehen, die es wagten, Jens Defries’ kleines Ego zu kränken. Bölling, der der Versuchung nicht widerstanden hatte, Defries in der Allwetterfleisch- Kantine lächerlich zu machen. Der sich wahrscheinlich noch über ihn lustig gemacht hatte, wie er da vor seinem Fleischteller hockte, kreidebleich, und sich übergab. Ich werde euch alle kriegen. Und was war mit Fricke? Er war einer der alten Taufkumpane. Defries konnte ihn als Kind kennengelernt haben. Etwas war damals vorgefallen, dem Defries seine Fleischphobie verdankte. Etwas, in das der Biotop- Chef möglicherweise verwickelt gewesen war. Das war er: der Mörder mit Ordnungssinn und handwerklichem Geschick, der sich exakt so verhalten hatte, wie seine Therapeutin es vorausgesagt hatte: Den eigenen Wagen im Venner Moor zu versenken, war seine spektakuläre Art gewesen, sich unsichtbar zu machen, um für seine Umwelt wieder interessant zu werden …

    »Henk?«, drang Kittels Stimme an mein Ohr. »Henk! Bist du noch dran?«

34

    Widerstrebend verließ ich Lauras verführerisch duftendes Bett, zog mich an und radelte direkt zur Papenburger Straße.

    Malin war aber nicht zu Hause, sondern weilte auf einer Fachtagung in Zürich, dafür öffnete mir Professor Haberland. Ein Geruch nach Keksen und Kaffee schlug mir entgegen.

    »Ach, der Herr Detektiv«, begrüßte mich der Theologe etwas irritiert. »Wollten Sie mich nicht informieren, wenn sich Neues im Fall Jens Defries ergibt?«

    »Genau deswegen bin ich hier. Um Sie zu warnen.«

    Haberland legte den Kopf schief. »Mich zu warnen? Wovor denn?«

    »Malin ist der Ansicht, dass Herr Defries kein Stein des Anstoßes ist, so wie Sie, Herr Professor, glaubten, sondern eher ein gewöhnlicher Kieselstein. Ein Irrtum mit fatalen Folgen.«

    Mein Gegenüber schmunzelte. »Nun ja, Malin hat in einigen Dingen recht drastische Auffassungen …«

    »Drei Menschen sind

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